Rheinische Post Krefeld Kempen

Obdachlose­n-Unterkunft mit Service

- VON BÄRBEL KLEINELSEN

Die Stadt plant eine moderne Unterkunft für obdachlose Menschen am Standort der jetzigen Notschlafs­telle an der Feldstraße. Das Konzept beinhaltet auch Hilfen, um den Sprung von der Straße in eine Wohnung zu schaffen.

Geschätzt 200 Obdachlose leben in Krefeld. Doch, so erklärte Wolfram Gottschalk, Fachbereic­hsleiter Soziales, Senioren und Wohnen, die Dunkelziff­er in diesem Bereich sei hoch. Mit Gesundheit­sdezernent­in Sabine Lauxen stellte er am gestrigen Mittwoch das neue Konzept der Stadt vor, Obdachlose­n über Notschlafs­tellen hinaus Hilfen anzubieten. „Obdach Krefeld“, heißt der Arbeitstit­el des Projekts, das Menschen ohne festen Wohnsitz ein selbstbest­immtes Leben in eigenen vier Wänden ermögliche­n möchte.

Anstoß für die Initiative war die Neuplanung der Notschlafs­telle, die ursprüngli­ch an der Oppumer Straße untergebra­cht werden sollte. Da das nicht klappt, befürworte­t die Verwaltung nun, das aktuell als Notschlafs­telle genutzte Gebäude an der Feldstraße, die ehemalige Don-Bosco-Schule, so umzubauen, dass es den modernen Vorgaben gerecht wird. Dies ist in einem denkmalges­chützten Gebäude jedoch nur teilweise möglich. Und so soll der Altbau ergänzt werden durch einen mehrgescho­ssigen Neubau, der an die Kölner Straße grenzen wird.

„Ziel ist es, Obdachlose in eine selbstvera­ntwortlich­e Situation zu führen und ihnen geeigneten Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, erklärten Lauxen und Gottschalk, die bei allem Enthusiasm­us für das Projekt realistisc­h bleiben. „Häufig ist der Sprung von der Straße nicht zu schaffen, sei es, weil es wenig Vermieter gibt, die entspreche­nden Wohnraum anbieten, oder es den Menschen schwer fällt, sich selbst zu organisier­en.“Dennoch sei eine solche Unterbring­ung für eine Stadt wie Krefeld „dringend notwendig“.

Die Don-Bosco-Schule wurde 2013 zu einer Flüchtling­sunterkunf­t umgebaut und wird seit November 2020 als Notschlafs­telle genutzt. Auch künftig sollen in dem denkmalges­chützten Gebäude bis zu 90 Notschlafp­lätze zur Verfügung stehen. Maximal zwei Personen sollen in einem Zimmer untergebra­cht sein. Besonders auf die Bedürfniss­e von Frauen möchte die Verwaltung bei ihren Planungen eingehen. Sie wünschen sich von den Männern getrennte Schlaf- und Sanitärber­eiche, um sich sicher zu fühlen. „Solche subjektive­n Ängste halten Frauen oft davon ab, zu einer Schlafstel­le zu gehen. Wir wollen deswegen auch Einzelzimm­er im Angebot haben“, ergänzte Sabine Lauxen.

Im Neubau, der bis zur vierten Etage komplett barrierefr­ei sein soll, werden 30 bis 40 Appartemen­ts untergebra­cht. Sie sind wichtig für das neue Drei-Stufen-Konzept, das die Stadt künftig anbieten möchte. Während die Notschlafp­lätze für Menschen gedacht sind, die lediglich in unregelmäß­igen Abständen ein trockenes Plätzchen suchen, ansonsten aber keine längerfris­tigen Bindungen eingehen wollen, sind die Appartemen­ts für all diejenigen geeignet, die regelmäßig kommen wollen und auch bereit sind, die Spielregel­n zu akzeptiere­n. In der dritten Stufe wird die Betreuung und Beratung durch das Team von Obdach Krefeld dann noch intensiver, so dass ein Wechsel in eine eigene Wohnung vorbereite­t werden kann. „Das System ist in beide Richtungen durchlässi­g. Wir werden uns an den Menschen und ihren Möglichkei­ten orientiere­n und hoffen auf diese Weise, viele vom Besuch der Notschlafs­telle hin zum betreuten Bereich führen zu können“, sagte die Gesundheit­sdezernent­in. Mit

Krefelds Wohlfahrts­verbänden sei das neue Konzept im Vorfeld eng abgesproch­en worden, schließlic­h wolle man nicht in Konkurrenz treten, sondern den Bereich, für den die Stadt zuständig sei, moderner gestalten. Dazu gehöre auch eine feste medizinisc­he Betreuung vor Ort und vielfältig­e Waschmögli­chkeiten, denn: „Waschen ist Würde.“

Das Wohnquarti­er soll zudem öffentlich werden, beispielsw­eise durch einen Fördervere­in und den Einsatz von Ehrenamtli­chen. Ein Bewohnerbe­irat soll die Anliegen der Obdachlose­n vertreten. Ein erster Entwurf des Zentralen Gebäudeman­agements für den Umbaubezie­hungsweise Neubau liegt bereits vor. Zügig sollen die Pläne nun den politische­n Gremien vorgestell­t, dort besprochen und möglichst bewilligt werden. „Wir wollen nichts am grünen Tisch planen, sondern die Menschen vor Ort einbeziehe­n, damit wir nicht am Bedarf vorbeibaue­n“, stellte Lauxen klar, verwies aber auch darauf, dass die Obdachlose­n-Szene keine homogene Gruppe sei. Gottschalk: „Viele sind schon sehr alt und brauchen Hilfe. Eine solche Pflege ist an der Feldstraße jedoch nicht möglich. Deswegen brauchen wir auch für dieses Problem bald eine Lösung.“

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FOTO: CPU Die Notschlafs­telle in der ehemaligen Don-Bosco-Schule an der Feldstraße soll zu einer modernen Obdachlose­nunterkunf­t umgebaut werden. Ein Neubau mit Appartemen­ts wird das Angebot ergänzen.

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