Rheinische Post Krefeld Kempen
Noch mehr Rätsel um Radierungen
Die Urheber sind nicht ermittelt, doch es gibt Hinweise – und Verwirrung. Was hat der Leuchtturm von Amrum mit dem Weberbrunnen zu tun?
VIERSEN Die in Viersen geborene Tina Kühn aus Dormagen fand beim Aufräumen drei Radierungen mit Viersener Motiven ungeklärter Urheberschaft – wir baten die Leser um Mithilfe. Leserin Janet Winz fühlte sich angeregt, zu forschen. „Da gucke ich einfach mal, was ich finden kann“, dachte sie sich und teilte unserer Redaktion anschließend ihre Rechercheergebnisse mit.
In einem alten Koffer ihrer Mutter hatte Kühn die Radierungen entdeckt. Es geht dabei um Abbildungen Viersener Brunnen: zwei zeigen den Remigiusbrunnen in Viersen, eine zeigt den Weberbrunnen in Süchteln. Die Grafiken der Brunnen sind zwar signiert, aber die Unterschrift ist so unleserlich, dass bislang noch niemand den Namen entziffern konnte. Es sind sowohl Auflagenarbeiten als auch Erstandrucke.
Leserin Janet Winz macht nun aufmerksam auf den Künstler CarlHeinz Stricker. Der 1926 in Neuss geborene Stricker starb 2002 in Nettetal. Er gehört mit Josef Meger und Maria Franken zu den regionalen Künstlern, die sich der Brunnendenkmale angenommen und einige Radierungen davon angefertigt haben. Maria Franken wurde 1928 in Viersen geboren und besuchte die spätere Werkkunstschule in Krefeld. Ihr Bruder Josef Meger war ebenfalls als Grafikkünstler tätig. Zwei weitere Namen wirft Janet Winz in die Lostrommel: Jemanden mit dem Namen G. Block und einen Herbert Grunwaldt.
Und nun wird es ebenso unübersichtlich wie unterhaltsam.
Denn folgende Frage stellt sich: Was hat der Leuchtturm von Amrum mit dem Weberbrunnen zu tun? Natürlich gar nichts. Außer, dass eine Radierung mit dem Titel „Der Leuchtturm von Amrum“bei Ebay-Kleinanzeigen angeboten wurde, die sehr eindeutig nicht das charakteristische rot-weiße Lichtzeiten der kleinen nordfriesischen
Insel zeigt, sondern den Süchtelner Weberbrunnen. Vermutlich eine reine Namensverwechslung, denn den Leuchtturm hat der Grafiker ebenfalls gestochen. Der Hamburger Herbert Grunwaldt lebte von 1928 bis 2014 und war spezialisiert auf nordische Landschaften und surreale Bildwelten. Mit viel Wohlwollen könnte man sagen, dass Grunwaldts
Signatur eine ganz entfernte Ähnlichkeit mit der auf den Kühn'schen Radierungen hat, doch bleiben starke Zweifel, ob Grunwaldt der Urheber des Weberbrunnens ist.
Aber nun wird es vollends verwirrend. Die gleiche kolorierte Radierung, die unter dem Namen Grunwaldt bei Ebay angeboten wird, taucht auch auf, wenn man den zweiten von Janet Winz vorgeschlagenen Namen im Internet aufruft: M. (wahlweise auch G. oder H.) Block. Ebenso wie eine Radierung mit dem Titel „Viersen“. Einer der Verkäufer – meist findet man die Radierungen auf Verkaufsoder Versteigerungsplattformen, erklärt, dass es sich bei Block um das Pseudonym von Carl Heinz Stricker handelt. Vielleicht ist es weder der Buchstabe M, noch G oder H, sondern eine Verbindung von C und H (Carl Heinz). Stilistisch allerdings unterscheiden sich bekannte Radierungen Strickers von denen aus dem Fundus von Tina Kühn. Damit wären wir wieder beim Anfang. Es bleibt spannend. Und verwirrend.