Rheinische Post Krefeld Kempen

50 Millionen Euro Schaden durch Corona

- VON MARC SCHÜTZ

Einstimmig hat der Willicher Stadtrat den Haushalt 2021 beschlosse­n. Die Folgen der Pandemie engen den Gestaltung­sspielraum ein.

WILLICH Das hat es in Willich lange nicht gegeben: Der Stadtrat hat am Mittwochab­end den Haushalt 2021 beschlosse­n – und zwar einstimmig. In den vergangene­n Jahren hatte es immer wieder Streiterei­en, lange Diskussion­en und am Ende viele Nein-Stimmen gegeben. Doch der Ernst der Corona-Pandemie scheint der Politik bewusst zu sein, und so riss man sich diesmal am Riemen. „Die Fraktionen haben sehr verantwort­lich entschiede­n“, sagte Kämmerer Willy Kerbusch nach der Sitzung, die von der zweiten stellvertr­etenden Bürgermeis­terin Claudia Poetsch (Grüne) geleitet wurde, da sich Bürgermeis­ter Christian Pakusch in Quarantäne befindet und sein erster Stellvertr­eter Guido Görtz (beide CDU) erkrankt war.

Der corona-bedingte Schaden in der Willicher Stadtkasse ist immens: 20,4 Millionen Euro Corona-Minus gab es im vergangene­n Jahr, in den ersten vier Monaten 2021 beläuft sich das Minus bereits auf 2,6 Millionen Euro. „Wir werden voraussich­tlich circa 50 Millionen Euro an Corona-Schäden in den Jahren 2020 bis 2024 auffangen müssen“, schrieb Willichs Kämmerer Willy Kerbusch während der Haushaltsb­eratungen für 2021 an die Ratsmitgli­eder. Es war eine Mahnung an die Politik zu sparen. Für zusätzlich­e Leistungen, die den Haushalt dauerhaft belasten, bestehe „kaum noch Luft, wenn nicht eine Gegenfinan­zierung sichergest­ellt werden kann“, so Kerbusch. Seine Mahnung hatte Erfolg, die Haushaltsa­nträge der Fraktionen hielten sich „in einem überschaub­aren Rahmen“, so Kerbusch im Gespräch mit unserer Redaktion.

Jetzt zahle sich aus, dass in den vergangene­n Jahren eine „stabile Haushaltsg­rundlage“geschaffen worden sei: In der Ausgleichs­rücklage befinden sich knapp 18 Millionen

Euro als finanziell­es Polster. „Doch das ist schnell verspielt. Die wirtschaft­lichen Folgen der Pandemie werden uns noch drei bis fünf Jahre begleiten“, so Kerbusch.

„Wir haben in diesem Jahr im Rahmen der Haushaltsb­eratungen 16 Anträge gestellt, die die gesamte Bandbreite kommunalpo­litischen Handelns umfassen“, sagte der CDU-Fraktionsv­orsitzende Paul Schrömbges. Die Schulen seien gut ausgestatt­et, benötigten aber „einen bedarfsger­echten und systemkonf­ormen Ausbau der Tagesbetre­uung“. Auch die Sportstätt­en seien „top“. Für den Individual­sport und die Trendsport­arten würden aber zusätzlich­e Angebotsst­rukturen benötigt, die variabel nutzbar und nachhaltig konzipiert seien. Wohnen sei in der laufenden Wahlperiod­e „das wichtigste sozialpoli­tische Thema“, sagte Schrömbges. „Die Senioren verdienen weiterhin unsere Aufmerksam­keit: Pflegedien­ste zu Hause, Tagespfleg­e und stationäre Angebote werden wir im Blick halten.“Weitere Themen: Digitalisi­erung, Klimaschut­z und Verkehr.

Christian Winterbach (Grüne) sagte, die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass es in der digitalen Infrastruk­tur Nachholbed­arf gebe. Es dürfe aber nicht nur um die materielle Aufstockun­g gehen, sondern „wir müssen darauf achten, dass in allen Schulen in der Stadt ein profession­eller Umgang mit den digitalen Möglichkei­ten Einzug hält“. Nach der Bewältigun­g der Pandemie gelte es, sich wieder um den „Klimaund Umweltschu­tz mit einer Energieund Verkehrswe­nde und die Schaffung einer gerechten und modernen Gesellscha­ft“zu kümmern. Die Grünen seien gegen eine völlige Abschaffun­g von Kita-Beiträgen in Willich, „die letzlich nur eine Entlastung von Gut- und Spitzenver­dienern bringen würde, statt wirklich den Bedürftige­n zu helfen“, so Winterbach. Stattdesse­n seien die Grünen für ein freies und gesundes Schulessen für alle.

„Der Ergebnisha­ushalt schließt noch im Plus ab“, sagte Lukas Maaßen

(SPD). Möglich sei dies durch ein entspreche­ndes Gesetz, das die finanziell­en Schäden der Pandemie isoliert. „Unsere Ausgleichs­rücklage bleibt unangetast­et. Wir kommen also in diesem Jahr noch mal mit einem blauen Auge davon“, so Maaßen. Insgesamt behalte die Politik trotz der Pandemie den Gestaltung­sanspruch.

Karl-Heinz Koch (FDP) forderte, Sparpotenz­iale zu nutzen und jede Ausgabe auf Nachhaltig­keit und Angemessen­heit zu prüfen. Anderersei­ts sei es wichtig, Geld in die Innenstadt­entwicklun­g von Willich und Anrath zu investiere­n, „um mehr Kaufkraft vor Ort zu binden“.

Detlef Nicola (Für Willich) lobte die „Solidaritä­t im Stadtrat“angesichts der Corona-Krise, mahnte aber auch zu einem fairen Umgang miteinande­r. Nicht selten würden bereits gestellte Anträge von anderen Fraktionen aufgegriff­en und in leicht abgewandel­ter Form erneut gestellt.

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