Rheinische Post Krefeld Kempen
50 Millionen Euro Schaden durch Corona
Einstimmig hat der Willicher Stadtrat den Haushalt 2021 beschlossen. Die Folgen der Pandemie engen den Gestaltungsspielraum ein.
WILLICH Das hat es in Willich lange nicht gegeben: Der Stadtrat hat am Mittwochabend den Haushalt 2021 beschlossen – und zwar einstimmig. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Streitereien, lange Diskussionen und am Ende viele Nein-Stimmen gegeben. Doch der Ernst der Corona-Pandemie scheint der Politik bewusst zu sein, und so riss man sich diesmal am Riemen. „Die Fraktionen haben sehr verantwortlich entschieden“, sagte Kämmerer Willy Kerbusch nach der Sitzung, die von der zweiten stellvertretenden Bürgermeisterin Claudia Poetsch (Grüne) geleitet wurde, da sich Bürgermeister Christian Pakusch in Quarantäne befindet und sein erster Stellvertreter Guido Görtz (beide CDU) erkrankt war.
Der corona-bedingte Schaden in der Willicher Stadtkasse ist immens: 20,4 Millionen Euro Corona-Minus gab es im vergangenen Jahr, in den ersten vier Monaten 2021 beläuft sich das Minus bereits auf 2,6 Millionen Euro. „Wir werden voraussichtlich circa 50 Millionen Euro an Corona-Schäden in den Jahren 2020 bis 2024 auffangen müssen“, schrieb Willichs Kämmerer Willy Kerbusch während der Haushaltsberatungen für 2021 an die Ratsmitglieder. Es war eine Mahnung an die Politik zu sparen. Für zusätzliche Leistungen, die den Haushalt dauerhaft belasten, bestehe „kaum noch Luft, wenn nicht eine Gegenfinanzierung sichergestellt werden kann“, so Kerbusch. Seine Mahnung hatte Erfolg, die Haushaltsanträge der Fraktionen hielten sich „in einem überschaubaren Rahmen“, so Kerbusch im Gespräch mit unserer Redaktion.
Jetzt zahle sich aus, dass in den vergangenen Jahren eine „stabile Haushaltsgrundlage“geschaffen worden sei: In der Ausgleichsrücklage befinden sich knapp 18 Millionen
Euro als finanzielles Polster. „Doch das ist schnell verspielt. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden uns noch drei bis fünf Jahre begleiten“, so Kerbusch.
„Wir haben in diesem Jahr im Rahmen der Haushaltsberatungen 16 Anträge gestellt, die die gesamte Bandbreite kommunalpolitischen Handelns umfassen“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Schrömbges. Die Schulen seien gut ausgestattet, benötigten aber „einen bedarfsgerechten und systemkonformen Ausbau der Tagesbetreuung“. Auch die Sportstätten seien „top“. Für den Individualsport und die Trendsportarten würden aber zusätzliche Angebotsstrukturen benötigt, die variabel nutzbar und nachhaltig konzipiert seien. Wohnen sei in der laufenden Wahlperiode „das wichtigste sozialpolitische Thema“, sagte Schrömbges. „Die Senioren verdienen weiterhin unsere Aufmerksamkeit: Pflegedienste zu Hause, Tagespflege und stationäre Angebote werden wir im Blick halten.“Weitere Themen: Digitalisierung, Klimaschutz und Verkehr.
Christian Winterbach (Grüne) sagte, die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass es in der digitalen Infrastruktur Nachholbedarf gebe. Es dürfe aber nicht nur um die materielle Aufstockung gehen, sondern „wir müssen darauf achten, dass in allen Schulen in der Stadt ein professioneller Umgang mit den digitalen Möglichkeiten Einzug hält“. Nach der Bewältigung der Pandemie gelte es, sich wieder um den „Klimaund Umweltschutz mit einer Energieund Verkehrswende und die Schaffung einer gerechten und modernen Gesellschaft“zu kümmern. Die Grünen seien gegen eine völlige Abschaffung von Kita-Beiträgen in Willich, „die letzlich nur eine Entlastung von Gut- und Spitzenverdienern bringen würde, statt wirklich den Bedürftigen zu helfen“, so Winterbach. Stattdessen seien die Grünen für ein freies und gesundes Schulessen für alle.
„Der Ergebnishaushalt schließt noch im Plus ab“, sagte Lukas Maaßen
(SPD). Möglich sei dies durch ein entsprechendes Gesetz, das die finanziellen Schäden der Pandemie isoliert. „Unsere Ausgleichsrücklage bleibt unangetastet. Wir kommen also in diesem Jahr noch mal mit einem blauen Auge davon“, so Maaßen. Insgesamt behalte die Politik trotz der Pandemie den Gestaltungsanspruch.
Karl-Heinz Koch (FDP) forderte, Sparpotenziale zu nutzen und jede Ausgabe auf Nachhaltigkeit und Angemessenheit zu prüfen. Andererseits sei es wichtig, Geld in die Innenstadtentwicklung von Willich und Anrath zu investieren, „um mehr Kaufkraft vor Ort zu binden“.
Detlef Nicola (Für Willich) lobte die „Solidarität im Stadtrat“angesichts der Corona-Krise, mahnte aber auch zu einem fairen Umgang miteinander. Nicht selten würden bereits gestellte Anträge von anderen Fraktionen aufgegriffen und in leicht abgewandelter Form erneut gestellt.