Rheinische Post Krefeld Kempen
Als Adenauers Dank nach Kempen ging
1946 wird zum großen Gründungsjahr der CDU im Kreis Kempen-Krefeld. Überall schießen Ortsvereine aus dem Boden. Ihre Mitglieder machen sich an die Bewältigung der Probleme der Nachkriegszeit.
KEMPEN Am 1. Dezember 1945 ist in der Kempener Knabenvolksschule die CDU-Kreispartei für den damaligen Landkreis Kempen-Krefeld gegründet worden; nun können in den einzelnen Kommunen Ortsverbände aufgebaut werden. Den Auftakt macht die Kreisstadt Kempen. Am 19. Januar 1946 vollzieht sich in der Aula des alten Lyzeums, Vorster Straße 8, feierlich die Gründung der Kempener CDU.
Ihr Vorsitzender wird Peter Kother, der von 1920 bis 1933 Mitglied der Zentrums-Fraktion im Kempener Stadtrat war. Am 20. Dezember 1945 haben die Engländer ihn zum ersten Nachkriegs-Bürgermeister ernannt. Als Organisator von Volksfesten, als führendes Mitglied des St.-Martins-Komitees und nicht zuletzt als Vorkriegs-Beigeordneter der Stadt Kempen und Kreistagsmitglied genießt Kother höchstes Ansehen. Mit ihm startet die CDU in der Kreisstadt eine Jahrzehnte anhaltende Erfolgsgeschichte. 1948 ernennt Kempen ihn zum Ehrenbürger; 1954 erhält Peter Kother das Bundesverdienstkreuz.
Da sind die CDU-Frauen der ersten Stunde. Wie die resolute Josefine Herfeldt, die am Montag, 3. Juni 1946, im Kempener Kolpinghaus die erste Volksküche eröffnet, um die zahlreichen hungrigen Mägen der Stadt mit einer warmen Mahlzeit für 30 Pfennige satt zu machen. Für ihre tatkräftige christliche Nächstenliebe wird ihr der päpstliche Orden „Pro ecclesia et Pontifice“verliehen. Ebenso aktiv ist das CDU-Vorstandsmitglied Marthe Hartke, die Frau von Hermann Hartke, des 1950 verstorbenen evangelischen Pfarrers in Kempen. Sie kümmert sich vor allem um die zahlreichen Vertriebenen, die zu 70 Prozent evangelisch sind. Anfang Februar 1946 trifft der erste Transport in Kempen ein – 60 verelendete Frauen und Kinder aus Ostpreußen.
Für diese Menschen, die nur noch besitzen, was sie auf dem Leib tragen, setzt sich vor allem Bürgermeister Kother ein. Mit seinem Schmalbroicher CDU-Amtskollegen Heinrich Steves ruft er am 28. Oktober
1946 zu einer Sammlung auf: „Es ist für uns alle das höchste Gebot der Stunde, diesen Ärmsten der Armen zu helfen.“In großen Mengen kommen Kleider, Wäsche und Hausrat auf die Tische des katholischen und evangelischen Frauenkreises, werden ausgebessert und zur Verteilung hergerichtet.
Gründungsmotor der CDU in St. Hubert ist damals der wortkarge, knorrige Kaufmann Josef Steeger. Spross einer alten Bauernfamilie, ist er von 1924 bis 1949 Geschäftsführer der bäuerlichen Spar- und Darlehenskasse St. Hubert. 1944 wird er verhaftet, da die Gestapo ihn verdächtigt, dem Widerstandskreis um den einstigen Leipziger Oberbürgermeister
Carl Friedrich Goerdeler anzugehören. Am 23. Februar 1946 findet unter seiner Leitung die Gründungsversammlung der St. Huberter CDU statt; mit 127 Teilnehmern. Auf Initiative Konrad Adenauers, der ihn persönlich kennt, wird er am 2. Oktober 1946 in den Düsseldorfer Landtag berufen und gehört ihm bis 1958 an. Erster CDU-Vorsitzender in Tönisberg wird der markante Heinrich op de Hipt, einziger Polizeibeamter im Ort von 1919 bis Ende 1947. Als Vertreter des Mittelstandes am 12. November 1948 zum Bürgermeister gewählt, fördert er das Vereinswesen und bemüht sich um die Wiederherstellung der im Krieg schwer beschädigten Bockwindmühle.
Die Stadt Kempen hat dem Platz im Zentrum des Ortes seinen Namen gegeben.
Erster CDU-Bundestagsabgeordneter für den Kreis Kempen-Krefeld wird bei der Wahl am 14. August 1949 der Rechtsanwalt Matthias Hoogen, Kempener Bürgermeister seit 1948. Hoogens Ziele: Lastenausgleich für alle Kriegsopfer; Wohnungsbau, Steuersenkung, Behördenabbau. Sein unermüdlicher Wahleinsatz lohnt sich: Die CDU gewinnt 43,4 Prozent der Stimmen vor der SPD mit 25,6 Prozent. In Kempen ist er so beliebt, dass er dort Bürgermeister bleibt. Erst im November 1956 wird er von Heinrich Tebartz (CDU) abgelöst. In der zweiten Legislaturperiode
wird der Jurist Hoogen Vorsitzender des Rechtsausschusses des Bundestags, wirkt maßgeblich mit bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze. Kanzler Konrad Adenauer dankt ihm 1956 schriftlich für seine „hingebungsvolle, kluge und geschickte Arbeit“auf dem Wege der Grundgesetzänderung zur Aufstellung der Bundeswehr. Im Dezember 1964 wird Matthias Hoogen zum Wehrbeauftragten des Bundestages gewählt und übt das Amt aus, bis er 1970 in den Ruhestand geht. Bei seinem Begräbnis am 17. Juli 1985 würdigt der amtierende Wehrbeauftragte Willi Weiskirch ihn als „tolerant, gewissenhaft und von großer Wärme“.