Rheinische Post Krefeld Kempen

Politik stoppt Schwimmbad-Sanierung

- VON EMILY SENF

Überraschu­ng in Tönisvorst: Obwohl die Fördermitt­el bewilligt sind, setzen SPD, Grüne, GUT und UWT-2020 die Sanierung des „H2Oh!“aus.

TÖNISVORST Für die Erneuerung der Rutsche und der Belüftungs­anlage im Hallenbad „H2Oh!“in St. Tönis ist alles vorbereite­t: Die Planungen stehen, es gibt eine Fördergeld­zusage in Höhe von rund 900.000 Euro, und zuletzt hieß es von der Stadtverwa­ltung, dass jetzt die Ausschreib­ungen vorbereite­t würden. Nun aber sollen die Sanierungs­maßnahmen ruhen. SPD, Grüne, GUT und UWT-2020 haben mit ihrer Mehrheit in der jüngsten Ratssitzun­g im Haushaltse­ntwurf für das Jahr 2021 einen Sperrverme­rk erreicht. Der Grund: Das Schwimmbad sei „aufgrund seiner Größe und Eigenschaf­ten für den kostendeck­enden Betrieb als sogenannte­s Spaßbad oder Wellnessba­d nicht geeignet“.

Von dem Sperrverme­rk „bis auf Weiteres“ist die Erneuerung der Wasserruts­che in Höhe von 395.000 Euro im Jahr 2021 und in Höhe von 550.000 Euro im Jahr 2022 betroffen. Die Fraktionen stellen laut Antrag die Erneuerung des Rutschen-Turms in Frage, „da dieser für den wesentlich­en Betrieb, das heißt Schwimmkur­se und sonstige Sportkurse, besonders für Kinder und Senioren, nicht erforderli­ch“sei.

Die Fraktionen beantragte­n zudem, dass der Saunabetri­eb, der dem Schwimmbad angeschlos­sen ist, auf seine Wirtschaft­lichkeit hin überprüft und gegebenenf­alls eingestell­t wird. Er sei ebenfalls „für die wesentlich­en Funktionen des Schwimmbad­es nicht von Bedeutung“.

Die Fehler, die bei Planung und Konzeption des Schwimmbad­s vor mehr als 20 Jahren gemacht wurden, sollten nicht endlos fortgesetz­t werden, schreiben die Fraktionen.

Die Christdemo­kraten halten dagegen: „Kein öffentlich­es Bad arbeitet kostendeck­end“, sagte der CDU-Fraktionsv­orsitzende Andreas Hamacher in seiner Haushaltsr­ede. Er unterstell­t SPD, Grünen, GUT und UWT-2020, dem Bad mit der Sperrung der Mittel „den Garaus machen“zu wollen. Denn die zugesagten Fördermitt­el haben eine Frist, nach der das Vorhaben bis Ende 2023 abgeschlos­sen sein muss.

Das Hallenbad wurde 1995 gebaut. Die 60 Meter lange Röhrenruts­che, die in das 210 Quadratmet­er große Freizeitbe­cken führt, ist ebenso wie die Belüftungs­anlage aufgrund des Alters sanierungs­bedürftig. Das Gebäude, das sich seit 2009 in Trägerscha­ft des Gladbacher Versorgung­sunternehm­ens NEW befindet, hat seit Langem einen hohen Investitio­ns- und Sanierungs­bedarf; zuletzt wurde am Dach einiges gemacht.

Insgesamt sind für die Maßnahmen Kosten in Höhe von etwa 2,1 Millionen Euro veranschla­gt: Zunächst waren es rund 945.000 Euro für die Wasserruts­che sowie knapp 1,1 Millionen Euro für die Erneuerung der lufttechni­schen Anlage.

Inzwischen haben sich zwar Änderungen innerhalb der Kalkulatio­n ergeben, die Gesamtkost­en seien davon aber unberührt, sagte der zuständige Fachbereic­hsleiter Jörg Friedenber­g im März.

Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 blieb das „H2Oh!“bis Mitte August geschlosse­n. Um den nötigen Abstand zu gewährleis­ten,

könnten nur wenige Personen gleichzeit­ig das Bad nutzen, darum sei eine Öffnung nicht wirtschaft­lich, sagte damals ein NEW-Sprecher. Doch weil das Unternehme­n zu dem Zeitpunkt andere seiner Bäder wieder geöffnet hatte, befürchtet­e die GUT als wahren Grund, dass der Betrieb in St. Tönis grundsätzl­ich wenig profitabel sei. „Grundsätzl­ich sind Schwimmbäd­er dieser Art, die eine Grundverso­rgung vor Ort gewährleis­ten, immer ein Verlustges­chäft“, sagte der NEW-Sprecher. Das negative Jahreserge­bnis werde mit rund 1,3 Millionen Euro wesentlich durch die Stadt getragen.

Ganz ohne Schwimmbad soll Tönisvorst aber nicht sein, schreiben SPD, Grüne, GUT und UWT-2020. Demnach befürworte­n die Fraktionen das Schwimmenl­ernen für Bürger aller Altersklas­sen und kündigen an, dazu einen entspreche­nden Antrag stellen zu wollen.

 ?? ARCHIVFOTO: NORBERT PRÜMEN ?? Das Hallenbad wurde 1995 gebaut. Die 60 Meter lange Röhrenruts­che, die aus dem Bad hinaus und in das 210 Quadratmet­er große Freizeitbe­cken wieder hinein führt, ist ebenso wie die Belüftungs­anlage aufgrund des Alters sanierungs­bedürftig.
ARCHIVFOTO: NORBERT PRÜMEN Das Hallenbad wurde 1995 gebaut. Die 60 Meter lange Röhrenruts­che, die aus dem Bad hinaus und in das 210 Quadratmet­er große Freizeitbe­cken wieder hinein führt, ist ebenso wie die Belüftungs­anlage aufgrund des Alters sanierungs­bedürftig.

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