Rheinische Post Krefeld Kempen
Impfkampagne in der Südsee
Trotz logistischer Herausforderungen läuft die Immunisierung gegen das Coronavirus in den kleinen Inselstaaten im Pazifik meist vorbildlich.
TOKELAU Zwischen dem Äquator und Samoa gelegen, ist Tokelau einer der abgelegensten Orte der Welt. 3500 Kilometer sind es von hier bis ins neuseeländische Auckland. Die Inselgruppe ist schwer zu erreichen. Es gibt keine Landebahn, und aufgrund der seichten Küstengewässer können auch keine großen Schiffe bei den Atollen anlegen. Die vier Ortschaften, auf die sich die rund 1500 Insulaner verteilen, sind nur mit Schlauchbooten, Kanus oder kleinen Flößen zu erreichen.
Um Tokelau, die letzte Kolonie Neuseelands, mit Covid-19-Impfstoff zu versorgen, brauchte es deswegen eine militärische Operation. Dank des Marineschiffs „HMNZS Wellington“, das über eine Kühlkettenlagerung an Bord verfügt, kam der Impfstoff von Biontech/ Pfizer Ende Juli aber heil auf den Atollen an. Seit der Lieferung hat die Inselgruppe nun eine gut organisierte Impfkampagne auf die Beine gestellt. Die drei Ärzte – auf jedem Atoll einer – und 36 Krankenschwestern, die vorab über Zoom geschult worden waren, hatten bereits zwei Tage nach der Lieferung 60 Prozent der ersten Dosen verimpft.
Auch die meisten anderen Pazifikländer – vor allem die Inselstaaten, die freie Assoziierungsverträge mit den USA haben – haben die Pandemie außerordentlich gut gemeistert. Palau, die Marshallinseln und Mikronesien haben frühzeitig ihre Grenzen geschlossen und haben so das Virus aus ihren Ländern ferngehalten. Auch die Impfkampagnen laufen nun wie im Akkord: Die Inselstaaten, die von den USA hauptsächlich mit dem Vakzin von Moderna versorgt wurden, haben ihre Bevölkerungen unbürokratisch und schnell geimpft. Palau konnte schon wieder erste Touristen aus Taiwan begrüßen.
Auch das im Westpazifik gelegene US-Außenterritorium Guam empfängt bereits wieder Urlauber, obwohl es durchaus noch Covid-Fälle verzeichnet. Doch nachdem die Insel den Großteil der eigenen Bevölkerung erfolgreich geimpft hat, wirbt sie seit Ende Juni mit „Vaccination and Vacation“, was so viel bedeutet wie „Impfung und Urlaub“. Reisende müssen dafür vorab geschnürte Reisepakete buchen, die sowohl den Hotelaufenthalt als auch den Transport zum und vom Flughafen und eine Covid-19-Impfung am zweiten Urlaubstag umfassen. Je nach gewähltem Impfstoff kann ein Reisender dann zwischen drei und 32 Tagen oder auch länger auf Guam bleiben.
Einen Impferfolg meldet auch Jack Niedenthal, Gesundheitssekretär der Marshallinseln. Ende Juli waren die Menschen im Majuro-Atoll und auf Ebeye im Kwajalein-Atoll, wo zwei Drittel der Bevölkerung leben, bereits zu 80 Prozent geimpft. Auch die äußeren Inseln des Archipels will Niedenthal bis Anfang September durchgeimpft haben.
Mit deutlich härteren Bandagen kämpft dagegen Fidschis Premierminister Frank Bainimarama. Nachdem die Delta-Variante auf seiner Inselgruppe ausgebrochen ist, hat er eine Covid-Impfung für alle Arbeitenden zur Pflicht gemacht – für Regierungsangestellte wie auch für Angestellte in der Privatwirtschaft. Wer sich weigert, sich impfen zu lassen, dem droht eine Geldstrafe, oder er wird zur Kündigung gezwungen. „Beamte, die ihre erste Dosis des Impfstoffs nicht erhalten haben, müssen ab Montag nächster Woche beurlaubt werden“, sagte Bainimarama. Diese Mitarbeiter können erst dann wieder arbeiten, wenn sie mindestens ihre erste Dosis des Astrazeneca-Impfstoffs erhalten haben.
Bei den drakonischen Maßnahmen spielt mit, dass die Behörden in Fidschi nicht nur gegen das Virus kämpfen, sondern auch gegen verworrene Verschwörungstheorien, die in der Bevölkerung Fuß gefasst haben. „Impfgegner streuen geradezu Angst vor Gott“, berichtete der UN-Vertreter im Land, Sanaka Samarasinha. „Sie verbreiten verrückte Geschichten.“Wer Lügen verbreitet, muss sich inzwischen sogar vor Gericht verantworten. So ist ein Pastor angeklagt worden, nachdem er Anti-Impf-Kommentare auf sozialen Medien veröffentlicht hatte.
Neben Fidschi kämpft auch Papua-Neuguinea gegen einen Corona-Ausbruch und ähnlich wie Fidschi gegen Missinformation und Angstkampagnen. Obwohl sich der Premierminister des Landes, James Marape, Mitte März als Erster impfen ließ, um zu zeigen, dass der Impfstoff sicher ist, haben nur wenige bisher ein Impfangebot angenommen. Rund 88.000 Menschen haben eine erste Dosis Astrazeneca erhalten. Weniger als 10.000 Menschen sind vollständig geimpft.
Papua-Neuguinea ist wie auch die Salomonen, Fidschi oder Osttimor bei der Impfstoffbeschaffung auf die Hilfe des Auslands angewiesen. Während der Astrazeneca-Impfstoff aus Australien kommt, schickt China seine Impfstoffe kostenlos in die Region. Papua-Neuguinea hat 200.000 Dosen des chinesischen Sinopharm-Impfstoffs erhalten. Einige lokale Beobachter sprechen deswegen bereits von einer Art Wettrennen um die Impfstofflieferung in der strategisch wichtigen Pazifikregion, die China seit Jahren genauso umgarnt wie die USA und ihr Verbündeter Australien. Immerhin sind die kleinen Inselstaaten derzeit die Nutznießer dieses Engagements der Weltmächte. Denn den Kauf der Impfdosen könnten sich die meisten gar nicht leisten.
Guam wirbt mit dem Reisepaket „Impfung und Urlaub“