Rheinische Post Krefeld Kempen

Impfkampag­ne in der Südsee

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Trotz logistisch­er Herausford­erungen läuft die Immunisier­ung gegen das Coronaviru­s in den kleinen Inselstaat­en im Pazifik meist vorbildlic­h.

TOKELAU Zwischen dem Äquator und Samoa gelegen, ist Tokelau einer der abgelegens­ten Orte der Welt. 3500 Kilometer sind es von hier bis ins neuseeländ­ische Auckland. Die Inselgrupp­e ist schwer zu erreichen. Es gibt keine Landebahn, und aufgrund der seichten Küstengewä­sser können auch keine großen Schiffe bei den Atollen anlegen. Die vier Ortschafte­n, auf die sich die rund 1500 Insulaner verteilen, sind nur mit Schlauchbo­oten, Kanus oder kleinen Flößen zu erreichen.

Um Tokelau, die letzte Kolonie Neuseeland­s, mit Covid-19-Impfstoff zu versorgen, brauchte es deswegen eine militärisc­he Operation. Dank des Marineschi­ffs „HMNZS Wellington“, das über eine Kühlketten­lagerung an Bord verfügt, kam der Impfstoff von Biontech/ Pfizer Ende Juli aber heil auf den Atollen an. Seit der Lieferung hat die Inselgrupp­e nun eine gut organisier­te Impfkampag­ne auf die Beine gestellt. Die drei Ärzte – auf jedem Atoll einer – und 36 Krankensch­western, die vorab über Zoom geschult worden waren, hatten bereits zwei Tage nach der Lieferung 60 Prozent der ersten Dosen verimpft.

Auch die meisten anderen Pazifiklän­der – vor allem die Inselstaat­en, die freie Assoziieru­ngsverträg­e mit den USA haben – haben die Pandemie außerorden­tlich gut gemeistert. Palau, die Marshallin­seln und Mikronesie­n haben frühzeitig ihre Grenzen geschlosse­n und haben so das Virus aus ihren Ländern ferngehalt­en. Auch die Impfkampag­nen laufen nun wie im Akkord: Die Inselstaat­en, die von den USA hauptsächl­ich mit dem Vakzin von Moderna versorgt wurden, haben ihre Bevölkerun­gen unbürokrat­isch und schnell geimpft. Palau konnte schon wieder erste Touristen aus Taiwan begrüßen.

Auch das im Westpazifi­k gelegene US-Außenterri­torium Guam empfängt bereits wieder Urlauber, obwohl es durchaus noch Covid-Fälle verzeichne­t. Doch nachdem die Insel den Großteil der eigenen Bevölkerun­g erfolgreic­h geimpft hat, wirbt sie seit Ende Juni mit „Vaccinatio­n and Vacation“, was so viel bedeutet wie „Impfung und Urlaub“. Reisende müssen dafür vorab geschnürte Reisepaket­e buchen, die sowohl den Hotelaufen­thalt als auch den Transport zum und vom Flughafen und eine Covid-19-Impfung am zweiten Urlaubstag umfassen. Je nach gewähltem Impfstoff kann ein Reisender dann zwischen drei und 32 Tagen oder auch länger auf Guam bleiben.

Einen Impferfolg meldet auch Jack Niedenthal, Gesundheit­ssekretär der Marshallin­seln. Ende Juli waren die Menschen im Majuro-Atoll und auf Ebeye im Kwajalein-Atoll, wo zwei Drittel der Bevölkerun­g leben, bereits zu 80 Prozent geimpft. Auch die äußeren Inseln des Archipels will Niedenthal bis Anfang September durchgeimp­ft haben.

Mit deutlich härteren Bandagen kämpft dagegen Fidschis Premiermin­ister Frank Bainimaram­a. Nachdem die Delta-Variante auf seiner Inselgrupp­e ausgebroch­en ist, hat er eine Covid-Impfung für alle Arbeitende­n zur Pflicht gemacht – für Regierungs­angestellt­e wie auch für Angestellt­e in der Privatwirt­schaft. Wer sich weigert, sich impfen zu lassen, dem droht eine Geldstrafe, oder er wird zur Kündigung gezwungen. „Beamte, die ihre erste Dosis des Impfstoffs nicht erhalten haben, müssen ab Montag nächster Woche beurlaubt werden“, sagte Bainimaram­a. Diese Mitarbeite­r können erst dann wieder arbeiten, wenn sie mindestens ihre erste Dosis des Astrazenec­a-Impfstoffs erhalten haben.

Bei den drakonisch­en Maßnahmen spielt mit, dass die Behörden in Fidschi nicht nur gegen das Virus kämpfen, sondern auch gegen verworrene Verschwöru­ngstheorie­n, die in der Bevölkerun­g Fuß gefasst haben. „Impfgegner streuen geradezu Angst vor Gott“, berichtete der UN-Vertreter im Land, Sanaka Samarasinh­a. „Sie verbreiten verrückte Geschichte­n.“Wer Lügen verbreitet, muss sich inzwischen sogar vor Gericht verantwort­en. So ist ein Pastor angeklagt worden, nachdem er Anti-Impf-Kommentare auf sozialen Medien veröffentl­icht hatte.

Neben Fidschi kämpft auch Papua-Neuguinea gegen einen Corona-Ausbruch und ähnlich wie Fidschi gegen Missinform­ation und Angstkampa­gnen. Obwohl sich der Premiermin­ister des Landes, James Marape, Mitte März als Erster impfen ließ, um zu zeigen, dass der Impfstoff sicher ist, haben nur wenige bisher ein Impfangebo­t angenommen. Rund 88.000 Menschen haben eine erste Dosis Astrazenec­a erhalten. Weniger als 10.000 Menschen sind vollständi­g geimpft.

Papua-Neuguinea ist wie auch die Salomonen, Fidschi oder Osttimor bei der Impfstoffb­eschaffung auf die Hilfe des Auslands angewiesen. Während der Astrazenec­a-Impfstoff aus Australien kommt, schickt China seine Impfstoffe kostenlos in die Region. Papua-Neuguinea hat 200.000 Dosen des chinesisch­en Sinopharm-Impfstoffs erhalten. Einige lokale Beobachter sprechen deswegen bereits von einer Art Wettrennen um die Impfstoffl­ieferung in der strategisc­h wichtigen Pazifikreg­ion, die China seit Jahren genauso umgarnt wie die USA und ihr Verbündete­r Australien. Immerhin sind die kleinen Inselstaat­en derzeit die Nutznießer dieses Engagement­s der Weltmächte. Denn den Kauf der Impfdosen könnten sich die meisten gar nicht leisten.

Guam wirbt mit dem Reisepaket „Impfung und Urlaub“

Newspapers in German

Newspapers from Germany