Rheinische Post Krefeld Kempen
Abellio läuft die Zeit davon
Gebe es mit den Verkehrsverbünden keine Einigung, stehe der Betrieb des wichtigen RRX infrage, sagt der Sachwalter.
BERLIN/DÜSSELDORF Während am Montag ein neuer Streik bei der Bahn begonnen hat, wird die Lage beim Wettbewerber Abellio immer schwieriger. Seit vielen Monaten verhandelt die Tochterfirma der niederländischen Staatsbahn mit den Verkehrsverbünden wie dem VRR über höhere Zahlungen. Auch NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) dringt auf eine Entscheidung: „Wir müssen zeitnah eine Lösung finden“, sagte er am vergangenen Donnerstag. Das Land sei zwar nicht bereit, den Betreibern der Regionalzüge und S-Bahnen pauschal mehr Geld zu geben, aber unverschuldete Kostensteigerungen könnten ausgeglichen werden.
Aufs Tempo drückt nun Rainer Eckert, vom Amtsgericht Berlin Charlottenburg bestellter Sachwalter für das Unternehmen, nachdem Abellio sich Anfang Juli zum Sanierungsfall erklärt hatte. Abellio wird in Eigenregie in einem Schutzschirmverfahren weitergeführt.
Eckert sagt, Abellio habe zwar gute Aussichten, mit Baden-Württemberg, Niedersachsen und in Mitteldeutschland Vereinbarungen zum Fortbetrieb regionaler Strecken zu finden, aber in Nordrhein-Westfalen komme man nur schwer voran: „Der Betrieb ab dem 1. Oktober kann nur gesichert werden, wenn es eine Einigung darüber gibt, wie er wirtschaftlich gestaltet werden kann.“
Er ergänzt: „Die Verkehrsverbünde in Nordrhein-Westfalen müssen unterstützt vom Land auf Abellio zugehen, es ist sehr unbefriedigend, dass die Gespräche über höhere Zuschüsse für den Betrieb wichtiger Strecken sich nun schon seit rund einem Jahr hinziehen.“
Es hake besonders bei den Verträgen für den sehr wichtigen RheinRuhr-Express zwischen Aachen, Köln, Düsseldorf und Hamm sowie für die S-Bahn Rhein-Ruhr. „Ich glaube, es gibt ein hohes Interesse daran, dass nicht nur DB Regio in NRW solche Strecken betreibt“, sagt Eckert. Außerdem macht er darauf aufmerksam, dass es auch nicht billiger würde, falls Abellio aufgäbe: „Soweit die Strecken an andere Unternehmen übergeben würden, müssten auch die Neubetreiber auf kostendeckende Verträge bestehen.“Eckert verlangt schnelles Handeln: „Das Unternehmen braucht Klarheit, um gute Leute zu halten und um Verträge für die Zukunft abschließen zu können. Aktuell erhalten die Mitarbeiter als Lohn das Insolvenzgeld der Bundesagentur
für Arbeit, aber jeder will wissen, wie es nach dem 1. Oktober weitergeht.“Eckert, der sich um Abellio erst seit dem Beginn des Schutzschirmverfahrens kümmert, unterstreicht, dass die gestiegenen Kosten ein Problem der gesamten Branche sind. Außerdem betont er, dass ein Großteil der Betriebsverluste mit Themen zusammenhänge, für die Abellio nichts könne: „Es müssen Strafen für Verspätungen gezahlt werden, die in Wahrheit mit Baustellen auf dem Netz zusammenhängen, das Abellio aber gar nicht betreibt. Es gibt da viele Details an den Verträgen, die bei fairer Betrachtung der Dinge berücksichtigt werden sollten.“Er selbst sei kein Sachwalter des Abellio-Mutterkonzerns, sagt Eckert, sondern unabhängig: „Das Gericht hat mich als vorläufigen Sachwalter bestellt. Ziel ist, das Unternehmen im Interesse aller Gläubigen wie auch der Mitarbeiter, der Lieferanten oder auch der Verkehrsverbünde, die ja zuverlässigen Betrieb wollen, auf eine dauerhaft stabile Grundlage zu stellen.“
Ronald Lünser, VRR-Vorstandssprecher, erklärt, dass die Gespräche mit Abellio und anderen Verkehrsunternehmen „sehr komplex“seien. Man habe aber das Ziel, die Firma zu halten. Für den Fall, dass Abellio oder eine andere Firma aufgeben würde, seien „die Aufgabenträger und insbesondere auch der VRR darauf vorbereitet, dass der Bahnbetrieb weiter fortgeführt“werde.