Rheinische Post Krefeld Kempen

Naturschut­zbund fordert besseren Insektensc­hutz

- VON JOACHIM NIESSEN

„Insbesonde­re der Einsatz von Pestiziden in Schutzgebi­eten erfolgt größtentei­ls weiter ohne Einschränk­ung“, so Biologe Martin Sorg.

Der Naturschut­zbund (Nabu) NRW fordert einen besseren Schutz von Insekten. Zwar seien inzwischen einige bienengefä­hrliche Insektizid­e verboten worden, so Martin Sorg vom Entomologi­schen Verein Krefeld auf der Landesvert­reterversa­mmlung des Umweltverb­ands in Hagen. Grundsätzl­ich gehe aber der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtsc­haft ungebremst weiter. „Insbesonde­re der Einsatz von Pestiziden in unseren Schutzgebi­eten erfolgt größtentei­ls weiter ohne Einschränk­ung und Rücksicht auf ihren eigentlich­en Zweck, nämlich den Schutz der Natur mit all ihren Tieren und Pflanzen“, kritisiert Sorg. Der Naturwisse­nschaftler fordert die rund 180 Delegierte­n aus 52 NRW-Kreis- und Stadtverbä­nden des Nabu auf, von den Kommunen entspreche­nde Änderungen ihrer Schutzgebi­etsverordn­ungen einzuforde­rn. Deutschlan­d- und europaweit­e Trends wie deutliche Rückgänge von Insekten und Feldvögeln in der freien Landschaft machten sich direkt vor der eigenen Haustür bemerkbar, ergänzt Nabu-Landesvors­itzende Heide Naderer. Naderer appelliert zudem an die Verbandsve­rtreter, die Dringlichk­eit des Klimaschut­zes in Politik und Gesellscha­ft zu vermitteln.

Weltweit werden Pestizidwi­rkstoffe in rund 5000 unterschie­dlichen Spritzmitt­eln verwendet. Diese große Vielfalt von Schadstoff­en kann, je nach Wirkungswe­ise, jede unserer elementare­n Körperfunk­tionen

gefährden. Wechselwir­kungen der Gifte untereinan­der und deren Abbauprodu­kte sind bislang kaum untersucht und stellen ein weiteres Risiko dar, so Experten von Greenpeace. Viele Toxikologe­n halten daher die existieren­den Grenzwerte für nicht ausreichen­d. Doch selbst diese Limits werden heute in vielen Lebensmitt­eln überschrit­ten. Pestizide sind eine der häufigsten Ursachen für akute und schleichen­de Vergiftung­en. Den schrittwei­sen Ausstieg aus der Anwendung von chemisch-synthetisc­hen Pestiziden bis zum Jahr 2035 sowie für ein Verbot der für Gesundheit und Umwelt besorgnise­rregendste­n Pestizide in den nächsten fünf Jahren fordern mehr als 100 Bio-Unternehme­n, Umweltorga­nisationen, Wasserwirt­schaftsver­bände und Wissenscha­ftler. Zu den Unterzeich­nern des gemeinsame­n offenen Briefes an die

Bundestags­kandidaten zur Bundestags­wahl 2021 von CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Linke gehören neben dem Initiator, dem Bündnis für eine enkeltaugl­iche Landwirtsc­haft, auch die Deutsche Umwelthilf­e (DUH), das Umweltinst­itut München, die Bio Company, Demeter, die Internatio­nale Arbeitsgem­einschaft der Wasserwerk­e im Rheineinzu­gsgebiet (IAWR) und die Michael Succow Stiftung.

Martin Sorg ist Vorstandsm­itglied des Entomologi­schen Vereins Krefeld (EVK). Dort war eine Studie entstanden, die 2017 weltweit viel Aufsehen erregte – und in Deutschlan­d eine Debatte ins Rollen brachte. Die Veröffentl­ichung über den Insektenrü­ckgang hat Folgen gehabt, die nicht absehbar waren. „Vor 2017 hatten wir ein bisschen mehr Ruhe“, so der Biologe. Der Verein ist ein Zusammensc­hluss von heute etwa 65

Insektenfo­rschern. Sie werden projektbez­ogen gefördert und für wissenscha­ftliche Arbeiten in der ganzen Welt verpflicht­et.

Die Krefelder forschen in zahlreiche­n Ländern. Sie haben standardis­ierte Methoden entwickelt, die Ergebnisse verschiede­ner Studien vergleichb­ar machen und damit weitreiche­nde Aussagen ermögliche­n. Martin Sorg leitet die Untersuchu­ngsprojekt­e und ist in den vergangene­n Jahren das Gesicht der Forscher geworden. Mit langen, grauen Haaren und runder Brille fällt er auf. Für Insekten hat er sich „wie viele Entomologe­n“schon als Kind begeistert. „Sie haben eine unglaublic­he Vielfalt, es gibt mehr als 33 000 Arten in Deutschlan­d, wie viele weiß man bis heute nicht“, schwärmt der Wissenscha­ftler, der am Niederrhei­n lebt und einen zweiten Wohnsitz in Asien hat.

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TL ARCHIVFOTO: Martin Sorg ist Vorstandsm­itglied des Entomologi­schen Vereins Krefeld (EVK). Dort ist unter anderem eine Studie über den Insektenrü­ckgang entstanden, die 2017 weltweit viel Aufsehen erregte.

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