Rheinische Post Krefeld Kempen
Krefeld erhält eine Sportklinik
Das Helios-St. Josefshospital in Uerdingen baut eine Sportklinik auf, in der die Ärzte selber Leistungssportler waren oder solche betreuen und als sportbegeisterte Mediziner für die Situation der Patienten sensibel sind.
Das Helios St. Josefshospital Uerdingen hat begonnen, eine moderne Sportklinik als Kompetenzzentrum von Sportlern für Sportler aufzubauen. „Ein Sportler ist ein Mensch, der seine körperlichen Fähigkeiten bis zum Rand hin ausreizt“, erklärt Philipp Ehrenstein. Dem müsse die Sportmedizin ganzheitlich begegnen.
Der Ärztliche Leiter der neuen Sportklinik muss es wissen, denn als Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie, Sportmedizin und Manuelle Medizin ist er seit 2015 als Mannschaftsarzt des Bundesliga-Fußballclubs Bayer 04 Leverkusen tätig. Zuvor war er dies bei Fortuna Düsseldorf und der Düsseldorfer EG. Ein perfekter Tag startet für Ehrenstein mit einer Runde Joggen. Zu seinen Hobbys gehören daneben noch Basketball, Fußball und Tennis.
Der Klinik-Chef verweist auf den sportmedizinischen Fortschritt der letzten Jahre; dieser sei deutlich erkennbar. Die Funktionsanalyse, die die Sportmedizin heute im Leistungssport einsetzt, um die Effizienz und Kraftentwicklung des Körpers zu steigern. Muskelaktivitäten können heute mittels OberflächenElektromygraphie (EMG) abgeleitet und in der Sportphysiotherapie oder im Training gezielt aufgebaut werden. Die Sportmediziner können heute ihre optimale Dynamik und Statik beurteilen und dadurch spezifische Zielmuskeln viel individueller ansteuern, eine große Hilfe bei der Leistungsoptimierung, aber auch bei der Verletzungsprävention und der Verkürzung von Regenerationszeiten.
Verletzungen und Schmerzen gehören zum Sport ebenso dazu wie das Verarbeiten von Sieg und Niederlage. Sportverletzungen bedeuten für Spitzensportler wie für Breitensportlern eine erhebliche Unterbrechung des gewohnten Lebensrhythmus. Der Grat ist schmal zwischen sportlichen Erfolgen, ehrgeizigen Zielen und langgehegten
Träumen, wenn sie im Falle einer Verletzung zu platzen drohen. Der Zeitdruck für Sportler wachse weiter an, stellt Martin Wazinski fest. Der Chefarzt für Anästhesie, Intensivund Sportmedizin, der Triathleten, Langstreckenläufer, Leichtathleten, Radsportler, Mannschafts- und Wassersportler der Vereine Bayer 04, Bayer 08 und der Krefeld Pinguine langjährig betreute, sagt, wie man eine Zitrone nicht dreimal auspressen könne, brauche auch ein Muskel,
den man geübt trainiert und equilibriert habe, eine gewisse Regeneration. Für das richtige Maß an Be- und Entlastung und das punktgenaue Zurückführen in den Sport nach einer Verletzung brauche es sehr viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Es mache einen Unterschied für den behandelnden Arzt, ob es sich um einen Spitzensportler handele, der unter hohem Genesungsdruck stehe oder um einen sportlich ambitionierten Breitensportler, der sein Geld nicht als Profifußballer in einer limitierten Zeitspanne verdient.
Ein Leistungssportler stehe in einer druckvollen Situation und sei dadurch risikobereiter als ein Breitensportler, der vielleicht noch 35 Berufsjahre vor sich habe. Wenn ein Fußballprofi überlege, mit einem gebrochenen Fuß ein DFB-Pokalfinale oder ein halbes Jahr nach einem Kreuzbandriss in eine Weltmeisterschaftsqualifikation gehen zu wollen, dann sei sein ganzer Fokus und vielleicht seine Karriere darauf gerichtet, dieses Turnier zu spielen. Ein solches Risiko müsse der Sportmediziner sehr sorgfältig bewerten und genau abwägen.
Jonathan Tah, dem Nationalspieler und Innenverteidiger von Bayer 04 Leverkusen, sind derartige Konflikte nicht fremd. Er betont das Vertrauensverhältnis, das ein Spieler zu seinem betreuenden Sportarzt haben muss. Dieser müsse nicht unbedingt der Mannschaftsarzt sein.
Wichtig sei das Vertrauen zu der ärztlichen Entscheidung. Diese Meinung unterstreicht auch Richard Schmidt, einer der erfolgreichsten deutschen Ruderer, der mit dem Deutschland-Achter Olympiasieger und zweifacher Vizeolympiasieger und mehrfacher Weltmeister geworden war. Schmidt wird von dem Leitenden Oberarzt der neuen Klinik und Orthopäden Jochen Urban betreut, der den Deutschland-Achter als Sportarzt betreut und zweimal an den Olympischen Spielen im Rudern teilgenommen hat.
Urban verweist auf das Dilemma der Sportmedizin: Bei einem Spitzensportler muss das maximal beste Ergebnis in der maximal kürzesten Zeit erreicht werden. Damit gelange man immer an die Grenzen der medizinischen Möglichkeiten. Bei Spitzensportlern bewege man sich eher am oberen Limit der medizinischen Empfehlung, wobei der Bogen nicht überspannt werden dürfe. Anders bei Breitensportlern: Hier gelte es, den unteren sicheren Weg zu wählen.
Chefarzt Martin Wazinski stellt die Vorteile regelmäßiger sportlicher Betätigung heraus: Menschen, die regelmäßig Sport treiben, erweiterten ihre Lebensqualität und ihre Gesundheit in einer Weise wie es Medikamente nicht vermögen. Die meisten Krankheiten würden sich durch Sport bessern. Die Sportmedizin würde den Menschen ganzheitlich betrachten, der aktiv, diszipliniert sei und Freude an der körperlichen Betätigung hat. Die wichtigsten Bausteine hierzu seien Ernährung, Belastungssteuerung und Regeneration – egal ob Spitzenoder Breitensportler.
Dies sind auch die Ziele der Sportklinik Uerdingen, die beide Sportlergruppen ansprechen möchte und sich dabei auf eine hochqualifizierte Physiotherapie stützen kann. Da die Uerdinger Helios-Sportärzte als aktive Sportler in verschiedenen Vereinen der Sportstadt Krefeld tätig sind, werden sie ihr Konzept zunächst dort vorstellen.