Rheinische Post Krefeld Kempen
Taliban nicht diplomatisch aufwerten
Die Taliban sind an der Macht. Und der Westen in Ohnmacht. Drei Wochen nach der Eroberung Kabuls versuchen Deutschland und die USA – in Abstimmung mit anderen Staaten der Region – noch Menschen aus Afghanistan herauszuholen, bei denen sie sich im Wort fühlen. Gut 11.000 Namen von Ortskräften, Aktivisten, Menschenrechtlern und Journalisten stehen allein auf den Listen des Auswärtigen Amtes – plus Mitglieder von deren Kernfamilien. Insgesamt sind es mehr als 40.000 Menschen.
Außenminister Heiko Maas und sein US-Kollege Anthony Blinken, die sich am Mittwoch auf dem USLuftwaffenstützpunkt Ramstein getroffen haben, stehen vor einem Dilemma. Wie umgehen mit den Taliban? Die Taliban wollen ihren Staat mit Afghanistan machen, brauchen dazu aber Geld und Hilfe aus dem Ausland, auch des Westens. Deutschland sollte den Taliban derzeit nicht den Gefallen einer diplomatischen Aufwertung tun. Die jetzt bekannt gewordenen Teile ihrer Regierung sind alles andere als inklusiv, andere Bevölkerungsgruppen nicht eingebunden. Die Bedingungen für eine Zusammenarbeit, die noch lange keine diplomatische Anerkennung ist, müssen klar sein: keine Aufnahme oder Unterstützung potenzieller Terrorgruppen, Achtung von Menschen- und Frauenrechten, Recht auf Zugang zu Bildung für alle Menschen, und eben eine Regierung, die alle Bevölkerungsgruppen repräsentiert. Immerhin jetzt stimmen sich die USA mit ihren Partnern wie Deutschland ab. Hätte die Weltmacht ein fixes Abzugsdatum bei ihren Verhandlungen mit den Taliban vermieden, wäre vielen Menschen viel Leid erspart geblieben. Eine hastige Evakuierung mit all ihren Folgen hätte vermieden werden können. Jetzt muss wieder verhandelt werden. Mit Machthabern, die man nicht an der Macht haben wollte.
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