Rheinische Post Krefeld Kempen

Weniger Schlachtho­f-Werkverträ­ge

Mehr als jeder zweite Beschäftig­te liegt trotzdem unter der Niedrigloh­nschwelle.

- VON BIRGIT MASCHALL

BERLIN/DÜSSELDORF Auch nach den Skandalen in der Fleischind­ustrie erhalten weiterhin mehr als die Hälfte der sozialvers­icherungsp­flichtig Vollzeitbe­schäftigte­n der Branche ein Gehalt unterhalb der Niedrigloh­nschwelle. Die Niedrigloh­nquote in der Fleischwir­tschaft liegt bei 50,6 Prozent, in der Gesamtwirt­schaft bei 18,7 Prozent. Das geht aus der Antwort des Bundesarbe­itsministe­riums auf eine Kleine Anfrage der Linksfrakt­ion hervor.

Demnach erreichte der durchschni­ttliche Bruttoverd­ienst in der Fleischbra­nche im vergangene­n Jahr monatlich 2274 Euro, in der Gesamtwirt­schaft dagegen 3427 Euro. Das Arbeitsmin­isterium gibt die Niedrigloh­nschwelle mit 2284 Euro brutto an – das sind laut der Definition der Industriel­änderorgan­isation OECD zwei Drittel des monatliche­n Durchschni­ttsverdien­sts. Das Ministeriu­mspapier zeigt jedoch auch auf eine Verbesseru­ng für Arbeitnehm­er auf: Schon bevor zum 1. Januar 2021 das Werkvertra­gsverbot in der Fleischind­ustrie in Kraft trat, hatten die Unternehme­n das Arbeitsvol­umen von Werkvertra­gsarbeitne­hmern spürbar reduziert. 2020 wurden zwar noch mehr als ein Drittel aller Arbeitsstu­nden von

Werkvertra­gbeschäfti­gten geleistet. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieser Anteil aber von rund 39 auf rund 35 Prozent gesunken, wie aus der Antwort hervorgeht. Auch die Zahl der Werkvertra­gsunterneh­men in der Fleischind­ustrie nahm von 428 auf 376 ab. Seit Januar ist es grundsätzl­ich verboten, Fremdperso­nal im Kerngeschä­ft der Fleischind­ustrie – Schlachtun­g, Zerlegung und Fleischver­arbeitung – einzusetze­n. Das Fleischunt­ernehmen darf damit im Kernbereic­h nur noch eigene Arbeitnehm­er beschäftig­en.

„Das Verbot von Werkverträ­gen in der Fleischind­ustrie zeigt erste Wirkung. Es ist ein gutes Instrument gegen prekäre Beschäftig­ung. Jetzt muss es die Bundesregi­erung auch auf andere Niedrigloh­nbranchen anwenden“, forderte Linken-Politikeri­n Jutta Krellmann: „Es ist völlig unverständ­lich, dass sie den Missbrauch von Werkverträ­gen nicht auch im Handel, der Logistik oder bei den Paketdiens­ten stoppen will.“

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FOTO: DPA Tönnies-Mitarbeite­r zerlegen Schweine in Rheda-Wiedenbrüc­k.

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