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So interaktiv wird Fußballgucken in Zukunft
Sport will die Kunden begeistern, ob live im Stadion oder am TV. Damit das auch weiterhin gelingt, setzt die Branche auf neue Formate.
DÜSSELDORF Wie schnell läuft der Lieblingsspieler gerade? Wohin bewegt er sich? Auf welcher Position steht er tatsächlich auf dem Spielfeld? Die Informationen, die sich Fußballfans während eines Spiels live anzeigen lassen können, werden immer mehr. Und Fußballspiele sollen auf noch vielfältigere Weise erlebbar werden, wenn es nach Deutscher Fußball-Liga (DFL) und den Medienanbietern geht.
Denn das Stadionerlebnis ist für viele Fußballfans zwar unersetzlich – die Gemeinschaft mit den anderen Fans, die unmittelbaren Emotionen, die sich im Stadion übertragen. Seit Jahrzehnten hat sich dieses Erlebnis kaum verändert. Doch die Erwartungen und Ansprüche der Zuschauer haben sich mit Blick auf die technischen Entwicklungen und die sozialen Medien verändert – das zeigen die Erfahrungen der Vereine und Verbände wie auch Studien. Und sie werden sich in den kommenden Jahren noch stärker verändern, da sind sich die Experten bei Europas größtem Sportbuisness-Event Spobis einig.
Und so widmet sich der Spobis in Düsseldorf unter anderem dem Thema, mit welchen Formaten und Produkten ein neues Sporterlebnis geschaffen werden soll, wie die Zuschauer mehr am Geschehen beteiligt werden – im Stadion und bei der Übertragung in TV oder Stream. Dabei
rückt insbesondere die Fußballbundesliga in den Fokus. Die DFL kooperiert seit Anfang 2020 mit Amazon Web Services. Das ermögliche es, mehr als 3,6 Millionen Datenpunkte pro Spiel in Echtzeit zu verarbeiten, sagt Christian Holzer, Geschäftsführer von Sportec Solutions, einer Tochterfirma der DFLGruppe. Heißt: Daten – die die Liga ohnehin erhebt und speichert – wie die Geschwindigkeit der Spieler, Laufwege, Pässe oder auch die tatsächliche Position der Spieler können an die Zuschauer übermittelt werden. „So lässt sich zum Beispiel zeigen, wie eine Mannschaft das Spiel taktisch gestaltet und verändert“, sagt Holzer.
Das verändert auch die Übertragung von Spielen und gibt den Anbietern neue Möglichkeiten. Der Pay-TV-Sender Sky nutzt das Angebot von Amazon Web Solutions beispielsweise für seinen Taktik-Feed, der parallel zu der eigentlichen Partie
auf einem weiteren Kanal Statistiken und Taktikanalysen bietet. „Wenn man gute Daten hat und mehr Daten hat, kann man besser und vielfältiger Geschichten erzählen und sie auch visualisieren“, sagt Alessandro Reitano von Sky. Der Zuschauer bekomme so einen deutlich differenzierteren Blick auf den Sport und mehr Hintergründe, mit denen er dann auch über das Spiel weiter diskutieren könne, sagt Reitano.
Da der Medienkonsum der Menschen immer vielfältiger werde, müsse auch die Bundesliga immer vielfältiger und attrakiver werden, sagt Steffen Merkel, Mitglied der DFL-Geschäftsleitung. Die Zuschauer wollten eingebunden werden bei der Übertragung, nicht nur das Spiel linear verfolgen. Das soll mit dem „Interactiv Feed“möglich werden. Getestet wurde dieser beim Supercup zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München. Die Zuschauer konnten sich Live-Spieldaten oder Highlight-Szenen einspielen lassen. Auch ohne zweiten Bildschirm, was für Tobias Fröhlich ein wichtiger Punkt ist. Mit dem Unternehmen Teravolt setzt er den Interactiv Feed für die DFL um. Der Zuschauer kann sich die Daten nach Bedarf auf dem gleichen Bildschirm einspielen lassen, auf dem auch das Live-Spiel läuft.
Und die Partie soll in 3D erfahrbar werden. Der Supercup war daher auch ein Test in Sachen Augmented Reality (erweiterter Realitätserfahrung).
Einige Testpersonen haben sich das Spiel mit einer ARBrille angeschaut. Über diese ließen sich unter anderem die Realpositionen der Spieler oder Spielergrafiken in 3D zeigen. In einem nächsten Schritt müsse in den Interactive Feed noch eingefügt werden, dass die Leute über das Format auch miteinander in Kontakt treten können, sagt Fröhlich. Denn es sei auch ein Kampf um die Zeit der Menschen, die sich möglichst lange mit dem Produkt beschäftige sollen.
Die DFL will mit ihrem neuen Angebot, das im kommenden Jahr detaillierter vorgestellt werden soll, die Fans stärker an den Sport binden. Das ist auch das Anliegen der 5GInnitiative von Vodafone. Der neue Mobilfunkstandard soll im Stadion neue Angebote möglich machen. Von Catering am Platz und Informationen zu Warteschlangen oder Verkehr, bis zu einer App, mit der man das Spiel filmen und sich Live-Informationen zu den einzelnen Spielern anzeigen lassen kann. Beim VfL Wolfsburg wurde diese App getestet. Noch fehlt es aber in den meisten Arenen an der nötigen Technik. Es müsse sich auch noch zeigen, welche Elemente für die Zuschauer am Ende tatsächlich spannend seien, sagt Michael Meeske, Geschäftsführer beim VfL Wolfsburg. Er ist sich aber sicher, dass die Funktion eine stärkere Nähe zu den Spielern schaffe.
5G könne es auch ermöglichen, den Zuschauern neue Perspektiven zu bieten. Zum Beispiel den konkreten Blick auf den Sportler oder aus einer anderen Richtung, sagt Lars Wismer von D.Live, Veranstaltungstochter der Stadt Düsseldorf. Auch in der Arena in Düsseldorf soll 5G eingerichtet und so neue Serviceangebote möglich gemacht werden.