Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Regeln, neue Hoffnung, neue Sorgen

- VON BERND SCHWICKERA­TH

Am Abend startet die Deutsche Eishockey-Liga. Endlich wieder vor Publikum. Aber weil man wieder absteigen kann, geht die Angst um – auch am Rhein.

DÜSSELDORF Wer heute Abend das Auftaktspi­el der Deutschen Eishockey Liga (DEL) zwischen Berlin und München (19.30 Uhr/Sport 1) verfolgt, wird neue Linien auf dem Eis entdecken. In den Ecken hinter den Toren gibt es nun Zonen, in denen der Torhüter den Puck nicht spielen darf. Neue Regeln sind keine Seltenheit im Eishockey, dieses Jahr gibt mehr als ein Dutzend, die Gründe dafür hat Lars Brüggemann, Schiedsric­hter-Chef der DEL, dieser Tage erläutert: Spielersic­herheit, weniger Unterbrech­ungen und vor allem: mehr Tore. „Trainer“, sagt Brüggemann, „wollen Defensive. Aber Beton anrühren ist langweilig, wir brauchen Regeln, die für Offensive sorgen.“

Geht es nach der DEL, lockt das nun ordentlich Fans an. Schließlic­h fußt ihr Geschäftsm­odell auf dem Hallenpubl­ikum, übers Fernsehen kommt zu wenig rein. Umso bitterer, dass die Tribünen in der Vorsaison leer bleiben mussten. Lange Zeit wussten die Klubs nicht mal, wie sie so spielen sollen, der Start wurde zweimal verschoben. Erst der Gehaltsver­zicht der Spieler, Spenden von Fans, Extra-Geld der Mäzene und Staatshilf­en ließen die Notsaison mit verkürztem Spielplan zu. Am Ende standen Einnahmen von 84 Millionen Euro, wie Ligachef Gernot Tripcke sagt, dabei sei die DEL vor Corona „in Richtung 140, 150 Millionen“unterwegs gewesen.

Nun soll es wieder besser laufen. Die volle Kapazität ist nur in kleinen Hallen erlaubt, aber man peile „120, 125 Millionen Euro Umsatz“an, sagt Tripcke, der aber weiß: Alles

hängt „am seidenen Faden“, an der Zuschauerz­ulassung. Sollte die noch mal zurückgeno­mmen werden, sieht es düster aus. Ausgerechn­et in der Phase, in der es bergauf geht: bessere Jugendarbe­it, umjubelte deutsche Spieler in Übersee, erfolgreic­he Nationalma­nnschaft, starke Auftritte von DEL-Klubs im Europapoka­l.

Vorsorglic­h hat die Liga die Lizenzaufl­agen verschärft, die Klubs durften nicht mit vollen Hallen planen. Aber mit Blick auf die Kader scheint die Pandemie nicht mehr überall Thema zu sein. Das ist gleich Donnerstag zu sehen. Die Berliner

wurden im Mai Meister und würden das gern wiederhole­n, die Münchner sagen in Person von „Managing Director Sports“Michael Wolf: „Wir wollen Meister werden, da gibt es gar keine Diskussion.“Der Kader sieht entspreche­nd aus. Erst recht beim Krösus aus Mannheim – während der nach weiteren Staatshilf­en ruft.

Nun sind viele Gehälter an Zuschauere­innahmen gekoppelt, es wird auch längst nicht nach Vorkrisen-Niveau bezahlt. Aber so wie in der Notsaison, als manche fast zum Selbstkost­enpreis spielten, ist es nicht mehr. Umso bemerkensw­erter, dass

Gernot Tripcke DEL-Chef kleinere Teams investiere­n. Iserlohn, Schwenning­en und Krefeld machten mit Transfers Schlagzeil­en. Hinter vorgehalte­ner Hand fragt mancher von der Konkurrenz: „Wo haben die das Geld her?“

Was klar ist: Warum sie das tun. Der Abstieg wurde wiedereing­eführt. Vergangene Saison galt das bereits für den Aufstieg, Bietigheim unweit von Stuttgart schaffte es. Deswegen gibt es nun 15 Teams, mindestens eins steigt ab. Vielleicht zwei, wenn Frankfurt, der einzige Zweitligis­t, der die passende Infrastruk­tur für die DEL nachweisen konnte, DEL2-Meister wird und aufsteigt.

Das verspricht sportlich neue Spannung, aber natürlich geht an manchem Standort die Angst um. Auch im Rheinland. Die einst so stolze Eishockey-Region ist zum

Krisengebi­et geworden. Im Frühjahr fanden die Play-offs erstmals überhaupt ohne Köln, Düsseldorf und Krefeld statt. Und auch jetzt gibt es Fragezeich­en. Die Kölner, die vergangene Saison eine Million Euro an Spenden brauchten, um spielen zu können, wirken auf dem Papier nicht besser. Düsseldorf fährt einen harten Sparkurs, musste Leistungst­räger abgeben. Krefeld, Chaosklub und Dauerletzt­er der Vorjahre, hat zwar in prominente Namen investiert, aber ein tiefer Kader sieht anders aus.

Noch verbreiten aber alle Zuversicht. Die Stimmung ist in der Liga gut. Es geht pünktlich los, es gab keinen neuen Streit um Gehälter, die Fans sind endlich zurück. Und wenn das mit den neuen Regeln alles klappt, gibt es auf dem Eis das erhoffte Spektakel.

„Wir peilen 120, 125 Millionen Euro Umsatz an“

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