Rheinische Post Krefeld Kempen
Nachfrage nach Immunkarte steigt
Wer das Smartphone nicht immer bei sich tragen will, kann den vollständigen Impfschutz auch über eine Immunkarte nachweisen. Apotheken in Kempen und Willich bieten den Service an. Was die blaue Karte kann.
KEMPEN/WILLICH Nicht jeder hat ein Smartphone, um seinen vollständigen Impfschutz per App nachweisen zu können. Und nicht jeder, der ein Handy hat, will es ständig mit sich herumtragen, etwa beim Schwimmbadbesuch. Mal ist der Akku leer, mal steht man im Funkloch. In solchen Fällen soll eine kleine blaue Karte helfen: die Immunkarte. Sie kann in Apotheken bestellt werden, die sich dazu bereit erklärt haben – etwa in Kempen und Willich.
Entwickelt wurde die blaue Karte von einem jungen Start-up-Unternehmen aus Leipzig. Sie überführt das offizielle Zertifikat des digitalen Impfpasses in ein Scheckkarten-Format. Die Karte zeigt den QR-Code, über den sich der vollständige Impfschutz nachweisen lässt, sowie neuerdings zusätzlich die im QR-Code enthaltenen Daten – den Namen und das Geburtsdatum des Impflings, die Anzahl der Impfungen, das Datum der letzten Impfung. Der QR-Code auf der Karte könne durch alle in der EU verwendeten offiziellen Scan-Apps gelesen werden, heißt es vom Unternehmen „Immunkarte.de“. So lässt sich der QR-Code bei Eingangskontrollen mit der offiziellen Cov-Pass-CheckApp des Robert-Koch-Instituts auslesen, die aufgedruckten Daten kann auch jeder Mitarbeiter am RestaurantEingang ablesen.
Tamim Al-Marie, Gründer des Leipziger Start-up-Unternehmens, ist selbst Apotheker. Im Januar erhielt der 26-Jährige seine Approbation, im Februar ging „Immunkarte. de“an den Start. Zum zehnköpfigen Team gehören überwiegend Apothekenmitarbeiter und Programmierer. Die Nachfrage ist groß: Waren zunächst rund 400 Apotheken beteiligt, nehmen deutschlandweit inzwischen rund 4000 Apotheken teil. Rund 100 neue kommen derzeit pro Tag hinzu, hat Al-Marie festgestellt – am Montag waren es gar 140. „Die meisten melden sich dann, wenn die Kunden danach fragen“, sagt der 26-Jährige. Derzeit arbeite das Start-up an einer kleinen Werbekampagne, um die Immunkarte bekannter zu machen.
Dass die blaue Karte eine Alternative für alle sein kann, die weder ihr
Smartphone noch das Papier-Zertifikat mit sich herumtragen wollen, hat auch Apotheker Olaf Orthen festgestellt. Er führt in Kempen die Thomas-Apotheke, die Bären-Apotheke und die Apotheke im Arnoldhaus, bot schon vor einigen Monaten die Karte an, doch die Nachfrage blieb aus. „Wir haben das auch nicht forciert, wir hatten mit Tests und der Ausstellung von Impfzertifikaten genug zu tun“, sagt Orthen. Deshalb habe er das Projekt Immunkarte zunächst auf Eis gelegt. „Seit ein paar Tagen gibt es aber eine verstärkte Nachfrage“, sagt Orthen. Deshalb will er sich technisch in der Apotheke nun so einrichten, dass er die Bestellung der Immunkarten ab Anfang kommender Woche in der Thomas-Apotheke und der Apotheke im Arnoldhaus anbieten kann.
Die Hubertus-Apotheke in Kempen-St. Hubert berichtet schon jetzt von einer enormen Nachfrage, ebenso die Hirsch-Apotheke in
Willich. Dort biete man die Immunkarte seit etwa zwei Wochen an, bislang seien rund 50 Bestellungen eingegangen, berichtet Apotheker Son Tran-Cong. Das Angebot habe sich rumgesprochen. „Vor allem die ältere Generation findet das Angebot gut, weil man dafür kein Smartphone einschalten, keine App öffnen muss“, sagt Tran-Cong.
Auch die Mühlen-Apotheke in Kempen bietet den Service bereits an. Inhaberin Ann-Kristin Behrend registrierte ihre Apotheke vor 14 Tagen auf der Seite von „Immunkarte. de“, seither wird sie dort als Partnerapotheke auf einer Karte angezeigt. „Wir haben von Kunden gehört, dass es das gibt“, sagt Jamshed Poonawalla von der Mühlen-Apotheke. Noch gebe es vereinzelt Nachfragen, hat der Apotheker festgestellt, „viele Leute wissen noch gar nicht, was es mit dieser Karte auf sich hat.“
Dabei sei die Karte „vom Prinzip her eine gute Idee“, sagt Poonawalla, „gerade Ältere haben schon mal Probleme mit dem Handy“. Die Bestellung sei einfach: In der Apotheke wird das EU-Impfzertifikat des Kunden gescannt, das der Kunde mitbringt oder sich dort erstellen lässt. Der Kunde gibt die Adresse an, an die die Karte geliefert werden soll, muss die Datenschutzerklärung durchgehen und erhält nach etwa sieben Werktagen die Karte per Post.
Das Ganze kostet 9,90 Euro, muss im Unterschied zum kostenfreien Impfzertifikat oder zum Impfnachweis per App also bezahlt werden. Deshalb rate er Kunden zunächst auch, sich zu überlegen, ob sie die Karte bräuchten, sagt Poonawalla, „aber sie ist praktisch, wenn man vielleicht ein Handy nicht bedienen kann oder keinen Empfang hat“.
Sollten die angekündigten Auffrischungsimpfungen für jeden kommen, müsste eine neue Karte produziert werden, sagt Unternehmensgründer Al-Marie. Bislang sind die Drittimpfungen für ältere und pflegebedürftige Menschen vorgesehen, bei denen die zweite Coronaschutzimpfung mindestens sechs Monate zurückliegt.