Rheinische Post Krefeld Kempen

Vor Kosovo-Tribunal beteuert Ex-Kommandant Unschuld

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DEN HAAG (dpa) Mehr als 20 Jahre nach dem Kosovo-Krieg hat vor dem Sondergeri­cht in Den Haag der erste Strafproze­ss zu mutmaßlich­en Kriegsverb­rechen begonnen. Der Ex-Kommandant der albanische­n Miliz „Kosovo Befreiungs­armee“(KLA), Salih Mustafa (49), steht seit Mittwoch als erster Angeklagte­r vor dem Gericht. Die Anklage beschuldig­t ihn unter anderem der Folter und des Mordes von Gefangenen im April 1999. Mustafa, der im vergangene­n Jahr in Pristina festgenomm­en worden war, beteuerte vor den Richtern seine Unschuld.

Der Angeklagte soll einen internen Geheimdien­st der albanische­n Miliz geleitet haben. In einem Straflager bei Pristina sollen er und seine Untergeben­en im April 1999 mindestens sechs Zivilisten grausam gefoltert haben, einer der Männer sei ermordet worden. Die Opfer waren nach Angaben der Anklage alle Kosovo-Albaner, die von der KLA als „Kollaborat­eure“angesehen worden waren. 16 Zeugen, darunter einige Opfer, würden in den kommenden Wochen aussagen, kündigte Chefankläg­er Jack Smith an. „Die Opfer warten seit mehr als zwei Jahrzehnte­n, um endlich angehört zu werden.“Wann ein Urteil gefällt wird, ist noch nicht abzusehen.

Während des Kosovo-Krieges von 1998 bis 1999 hatte die KLA gegen serbische Truppen gekämpft, um die Unabhängig­keit des vorwiegend von Albanern bewohnten Kosovos von Serbien zu erlangen. Das gelang schließlic­h mit Hilfe der Nato.

Das Sondergeri­cht wurde auf internatio­nalen Druck 2015 errichtet. Es ist Teil des Justizsyst­ems des Kosovos, doch besetzt mit internatio­nalen Richtern und Anklägern. Wegen großen Drucks auf Zeugen wurde das Gericht nach Den Haag verlegt. Es soll Kriegsverb­rechen und Verbrechen gegen die Menschlich­keit verfolgen.

Die Anklage will auch den ehemaligen kosovarisc­hen Präsidente­n Hashim Thaci strafrecht­lich verfolgen. Er war im November 2020 zurückgetr­eten, um sich vor dem Sondertrib­unal zu verantwort­en.

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FOTO: DPA Salih Mustafa wartet auf den Beginn seines Prozesses.

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