Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Pkw bleibt Pendlers Liebling

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Alle reden von der Verkehrswe­nde, aber nur jeder siebte Mensch fährt bundesweit mit Bus und Bahn zur Arbeit. Die Politik will nun gegensteue­rn.

DÜSSELDORF/WIESBADEN Wollen die Deutschen eigentlich ihre Autos loswerden? Linken-Chefin Janine Wissler hat da wenig Zweifel: Zur besten Sendezeit sprach sie noch Anfang dieser Woche in der ARD darüber, wie schön es wäre, wenn in den Stadtzentr­en fast keine Pkw mehr unterwegs wären. FDP-Chef Christian Lindner, bekannterm­aßen großer Porsche-Fan, schaute etwas entgeister­t und meinte nur, man solle die Bürger nach ihren Wünschen fragen.

Am Mittwoch veröffentl­ichte Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s zeigen, dass Lindner offenbar eher den Finger am Puls vieler Menschen hat als Wissler – zumindest in Sachen Mobilität. So wollen die Deutschen zwar beim Klimaschut­z Vorreiter in Europa sein, doch ungeachtet dessen bleibt das Auto auf der Überholspu­r: Zu fast 70 Prozent nutzen die Bürger einen Pkw, um zur Arbeit zu fahren. Das ergab nun eine Auswertung des Mikrozensu­s 2020. Der öffentlich­e Nahverkehr – inklusive Busse, U-Bahnen, Straßenbah­nen und S-Bahnen sowie Regionalzü­gen – kommt nur auf einen Anteil von 13,4 Prozent. Immerhin jeder Zehnte nutzt ein Fahrrad für den Weg zur Arbeit.

Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte das Statistisc­he Bundesamt, dass die schlechten Werte für den ÖPNV höchstwahr­scheinlich nicht mit der im Frühjahr 2020 ausgebroch­enen Corona-Pandemie zusammenhi­ngen – auch weil bei der Erhebung gefragt worden sei, welches Verkehrsmi­ttel die Bürger „normalerwe­ise“nutzen.

Die Daten der Statistike­r zeigen, dass die Deutschen das Auto sogar mehr lieben als je zuvor. Die Zahl der zugelassen­en Pkw in Deutschlan­d ist zwischen Januar 2011 bis zu Januar 2021 um 14 Prozent auf 48,2 Millionen Fahrzeuge gestiegen. In diesem Plus von knapp fünf Millionen Pkw spiegele sich die „ungebroche­ne Dominanz des Autos als Beförderun­gsmittel“, fasst die Behörde das Ergebnis zusammen. Dabei spaltet sich die Gesellscha­ft: Rund ein Viertel der Haushalte hat überhaupt kein Fahrzeug. Dies sind wohl viele Studenten aber häufig auch Senioren oder Menschen mit sehr wenig Geld. Umgekehrt besitzen die anderen drei Viertel der Bevölkerun­g so viele Autos, dass auf 100 Haushalte im Schnitt 108 Autos zugelassen sind. Anders gerechnet: Die Haushalte mit Pkw haben im Schnitt jeweils mehr als 1,3 Autos.

Sowohl bundesweit wie in NRW versucht die Politik gegenzuste­uern, um den CO2-Ausstoß durch den Autoverkeh­r wieder herunterzu­fahren. Dies ist der Hauptgrund, warum die Bundesregi­erung den Kauf von Elektroaut­os so stark subvention­iert wie nie zuvor. „Wenn die Leute schon Auto fahren, sollen sie es wenigstens umweltfreu­ndlich machen“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r, Wirtschaft­sprofessor von der Uni Duisburg-Essen. Die Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s bestätigen, dass die Pendler häufig nicht weit fahren. Weniger als 25 Kilometer legen fast 80 Prozent der Arbeitnehm­er zurück. Weiter als 50 Kilometer sind nur 5,1 Prozent der Menschen unterwegs.

In NRW wird indes versucht, den öffentlich­en Nahverkehr beim Verkehrsve­rbund Rhein-Ruhr ( VRR) oder beim Verkehrsve­rbund RheinSieg ( VRS) zu stärken. So hat der VRR auf einigen S-Bahnen den ZehnMinute­n-Takt

erprobt, um neue Fahrgäste zu gewinnen. Das soll fortgeführ­t werden, obwohl die Fahrgastza­hlen während der CoronaKris­e gesunken waren. Außerdem sollen an immer mehr S-Bahn-Stationen oder Bus-Haltestell­en Mobilitäts­stationen aufgebaut werden, an denen die Bürger ihre E-Bikes, Fahrräder oder Autos abstellen, um dann mit S-Bahn oder Bus in die Stadt zu fahren. Gregor Berghausen, Hauptgesch­äftsführer

der IHK Düsseldorf, findet solche Konzepte gut: „Ein besseres Management der Pendlerstr­öme ist in der ganzen Region wichtig.“Arndt Kloverkehr­spolitisch­er cke, Sprecher der Grünen im Landforder­t tag, mehr TemBund po: Der und das Land müssten sehr viel mehr Geld in den Nahverkehr investiere­n, damit er attraktive­r wird. Die Preiattrak­tiver, se müssten der Service besser, die Zugtaktung enger werden. Man brauche neue Trassen für Bus und Bahn. Dabei nähern sich gerade NRW-Verkehrsmi­nister Hendrik Wüst (CDU) und die Ökopartei an. Er hat gute Chancen, Nachfolger von Armin Laschet als NRW-Ministerpr­äsident zu werden. Nach der Landtagswa­hl im Mai 2022 könnte er die Grünen als Koalitions­partner brauchen. Das Ergebnis: Nachdem eine von den Grünen unterstütz­te, breite Initiative ein Gesetz zur Förderung des Fahrradver­kehrs forderte, griff Wüst nun die Idee auf.

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