Rheinische Post Krefeld Kempen
Der brandgefährliche Sekundenschlaf
Viel zu häufig muss Fortuna Gegentore aufgrund von Konzentrationsmängeln hinnehmen.
(gic/jol) Die Statistik ist für Fortuna nicht so schmeichelhaft. In den ersten sechs Saisonspielen hat das Team von Christian Preußer bereits zehn Gegentreffer kassiert. Das 1:0 in Aue war erst die zweite Begegnung, in der Florian Kastenmeier keinen Ball aus dem Netz fischen musste. Zuvor gelang das zum Auftakt in Sandhausen (2:0). Drei Gegentore fielen in den ersten 45 Minuten, fünf im zweiten Durchgang, zwei in der Nachspielzeit. Was besonders ins Auge fällt: Viele der Gegentreffer in dieser Saison resultieren aus einer Art Sekundenschlaf. Gern zu exponierten Zeitpunkten wie den Auftaktszenen nach dem Anpfiff oder nach dem Wiederbeginn. Dann scheint es so, als schalte nahezu die komplette Mannschaft die Konzentration ab.
Tatort Arena 1 Im Heimspiel gegen Bremen kam der mentale Aussetzer spät – und folgenschwer. In der Nachspielzeit hatte Khaled Narey zum 2:2 ausgeglichen, doch danach waren die Fortunen zu stark auf die Idee fokussiert, den Siegtreffer zu erzielen. Entsprechend ungeordnet ging es in der Defensive zu, als sie nach einem Einwurf der Bremer so unkonzentriert verteidigten, dass daraus der entscheidende Strafstoß für Werder resultierte.
Tatort Arena 2 Auch in der zweiten Partie vor eigenem Publikum fehlte die Konzentration, und wieder einmal in der Anfangsphase. Blieben in anderen Partien diese Startschwierigkeiten noch ungestraft, so ließ Holstein Kiel Fortuna dafür bitter büßen. Nicht einmal fünf Minuten waren gespielt, als Alexander Mühling davon profitierte, dass die Deckung ein Nickerchen hielt. So mussten die Gastgeber einem frühen Rückstand hinterherlaufen.
Tatort Schalke Fortuna ging mit einem 1:1 in die Kabine – und hatte sich einiges vorgenommen. Die Pläne konnten allerdings schon wenige Sekunden nach dem Wiederanpfiff entsorgt werden. Denn kapitale Schnitzer im Defensivverhalten sorgten dafür, dass die Düsseldorfer in Rückstand gerieten. Am Ende stand es 3:1 für die Königsblauen. Preußer war besonders verärgert über das 2:1 von Simon Terodde, da es spieltaktisch natürlich alles zerhagelt hat, weil in den ersten Sekunden von Hälfte zwei nicht alle sofort auf Sendung waren.
Tatort Aue Exakt 16,53 Sekunden nach Spielbeginn tauchte Nicolas Kühn vor dem Düsseldorfer Tor auf. Vorausgegangen war der Anstoß – von Fortuna. Diese Situation wird immer wieder im Training einstudiert. Bei der praktischen Umsetzung haben sich aber gleich eine Reihe von Akteuren nicht besonders geschickt angestellt. Die Grundidee von Christoph Klarer war gut, den Ball hoch hinter die gegnerische Verteidigungslinie zu spielen, der Versuch
allerdings recht unsauber ausgeführt. Entscheidend allerdings: In der Umschaltbewegung nach hinten war überhaupt keine Zuordnung vorhanden.
Im Training moniert Christian Preußer immer mal wieder, wenn er sieht, dass Spieler nicht sofort die Spannung aufbauen. Dann wird der sonst so verbindlich auftretende Trainer auch einmal laut, weist den einen oder anderen deutlich auf dessen Konzentrationsmangel hin.
In diesem Punkt geht es dem 37-Jährigen nicht anders als einem Lehrer in der Schule – mit dem Unterschied, dass träumende Schüler nur ihr eigenes Ergebnis gefährden, schlafende Profis jedoch das der gesamten Mannschaft.