Rheinische Post Krefeld Kempen
Mehr Länder erwägen 2G-Regeln
Es gibt hitzige Debatten, wie Einschränkungen für Ungeimpfte aussehen könnten.
BERLIN Immer mehr Bundesländer wollen sogenannte 2G-Vorschriften umsetzen, wonach nur noch Geimpfte und Genesene Zugang beispielsweise zu Restaurants und Veranstaltungen erhalten sollen. NRW erwägt einen solchen Schritt, acht andere Bundesländer haben sie bereits eingeführt, darunter Hessen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Hamburg hatte Gastronomen und Veranstaltern die Möglichkeit gegeben, nur noch Geimpfte und Genesene in Innenräume zu lassen, um im Gegenzug auf Tanzverbote und Platzbeschränkungen zu verzichten.
Doch Berlin ist nach massiver Kritik an den Regeln für Familien jetzt zurückgerudert. In der Hauptstadt dürfen nun doch auch Kinder unter zwölf Jahren Zugang zu Restaurants oder Veranstaltungen haben, die sonst nur von Geimpften und Genesenen besucht werden dürfen. Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte dazu aufgerufen, bei der Umsetzung von 2GRegeln Rücksicht auf Familien mit Kindern zu nehmen. Diese dürften nicht noch einmal zusätzlich belastet werden, sagte Lambrecht.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat die Pläne von Bund und Ländern zur Einführung einer 2G-Regelung im öffentlichen Leben scharf kritisiert und allenfalls eine 3G-Regelung empfohlen. „Es darf nicht um Drohkulissen und Strafmaßnahmen für Impfunwillige gehen, sondern allein darum, eine erneute Dauerbelastung unseres Gesundheitswesens zu verhindern“, sagte Reinhardt unserer Redaktion. „Sollten die Corona-Infektionszahlen im Herbst weiter deutlich zunehmen und die Zahl der schweren Verläufe stark ansteigen, kann es gerechtfertigt sein, einige Angebote des öffentlichen Lebens an einen Impfnachweis, ein negatives Testergebnis oder den Nachweis einer überstandene Corona-Infektion zu knüpfen“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer. „Solche Maßnahmen lassen sich aber nur dann rechtfertigen, wenn die Sicherstellung der stationären Versorgung von Covid-19-Erkrankten wie auch von anderen Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen akut gefährdet sein sollte“, erklärte Reinhardt.
Debatten ruft zudem die Frage hervor, ob Ungeimpfte bald keinen Anspruch auf Entschädigung bei Verdienstausfällen wegen angeordneter Quarantäne mehr haben sollen. „Ich halte solche Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt für unangemessen und kontraproduktiv“, so Reinhardt. „Erkrankte Menschen könnten versucht sein, eine Infektion oder einen möglichen Risikokontakt zu verheimlichen, um einen finanziellen Schaden zu vermeiden. Damit würden sie nicht nur sich selbst gefährden, sondern natürlich auch andere“, warnte er. Es müsse noch stärker und gezielter versucht werden, bestehende Zweifel an den Impfungen zu zerstreuen und Fake-News über das Impfen, etwa in sozialen Netzwerken, konsequent zu korrigieren.
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sprach sich unterdessen für eine Auskunftspflicht der Mitarbeiter über eine Corona-Impfung beim Arbeitgeber aus: „Überall dort, wo Betriebe direkten Kundenkontakt haben, brauchen wir – natürlich nur solange die pandemische Lage festgestellt ist – eine Auskunftspflicht über den Corona-Impfstatus.“Er plädierte auch für ein Ende der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für ungeimpte Mitarbeiter: „Ich persönlich kann gut nachvollziehen, dass die Mehrzahl der Bundesländer Ungeimpften die Lohnfortzahlung im Quarantänefall nicht mehr gewähren will, auch um so den Anreiz zum Impfen und damit die Impfquote deutlich zu erhöhen.“