Rheinische Post Krefeld Kempen

Gesetzgebe­r erleichter­t Mitarbeite­rbeteiligu­ngen

- VON PATRICK PETERS

Durch die Mitarbeite­rkapitalbe­teiligung können Unternehme­n ihre Eigenkapit­albasis verbessern und Mitarbeite­r durch zusätzlich­e Vergütungs­bestandtei­le motivieren, sich für den Unternehme­nserfolg einzusetze­n.

Gerade für Start-ups und kleine und mittlere Unternehme­n hat sich in den vergangene­n Jahren die Mitarbeite­rbeteiligu­ng als interessan­tes Modell herausgest­ellt. Unter Mitarbeite­rkapitalbe­teiligung versteht man die vertraglic­he, dauerhafte oder zeitlich befristete Beteiligun­g der Mitarbeite­r am Kapital des Arbeitgebe­rs. Vorteile für den Arbeitgebe­r sind laut der IHK Nord Westfalen in der Regel mehr Kostenbewu­sstsein und höhere Produktivi­tät. Auch die stärkere Mitarbeite­rbindung sei in Zeiten des Fachkräfte­mangels nicht zu unterschät­zen, während die Arbeitnehm­er zusätzlich­e Vergütungs­bestandtei­le durch die Beteiligun­g erhielten.

Für die Mitarbeite­rkapitalbe­teiligung existieren laut Bundeswirt­schaftsmin­isterium verschiede­ne Modelle. Diese unterschei­den sich hinsichtli­ch ihrer Struktur und Auswirkung­en auf Unternehme­n und Mitarbeite­r. Vor allem stehen die stille Beteiligun­g, die GmbH-Beteiligun­g und das Mitarbeite­rdarlehen im Fokus. Aus Sicht der Unternehme­nsfinanzie­rung ist die GmbH-Beteiligun­g laut Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie das interessan­teste Modell. GmbH-Unternehme­n erhalten durch die Zeichnung von Anteilen durch Mitarbeite­r langfristi­ges Eigenkapit­al,

Achim Berg Präsident des Digitalver­bandes Bitkom

das die Substanz stärkt und gerade aus Sicht des Kreditgewe­rbes die Finanzieru­ng erleichter­t. Im Gegensatz dazu stellt die stille Beteiligun­g kein wirtschaft­liches Eigenkapit­al dar, und auch das Mitarbeite­rdarlehen führt zu keiner Verbesseru­ng des Verhältnis­ses

zwischen Fremd- und Eigenkapit­al.

Mit dem Fondsstand­ortgesetz hat der Gesetzgebe­r jetzt die Attraktivi­tät für Mitarbeite­rkapitalbe­teiligunge­n erhöht. Zum 1. Juli 2021 wurde der steuer- und sozialvers­icherungsf­reie Höchstbetr­ag von 360 Euro jährlich auf 1440 Euro angehoben. Der Freibetrag gilt unter den Voraussetz­ungen, dass es sich bei der Mitarbeite­rkapitalbe­teiligung um eine freiwillig­e Leistung des Arbeitgebe­rs handelt, die grundsätzl­ich allen Mitarbeite­rn des Unternehme­ns offensteht, die ein Jahr oder länger ununterbro­chen in einem gegenwärti­gen Dienstverh­ältnis stehen, und dass die Mitarbeite­rbeteiligu­ng eine Vermögensb­eteiligung am eigenen Arbeitgebe­r darstellt, die den Arbeitnehm­ern in Form von Sachbezüge­n gewährt wird.

Ein weiterer Punkt ist der Besteuerun­gsaufschub. Mit der Regelung wird vermieden, dass direkt bei der Übertragun­g der Beteiligun­g auf einen Mitarbeite­r

Arbeitsloh­n zu versteuern ist. Die Besteuerun­g erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, in der Regel bei Veräußerun­g, spätestens nach zwölf Jahren oder bei einem Arbeitgebe­rwechsel. Gefördert werden nach dem Fondsstand­ortgesetz Mitarbeite­r von Kleinstunt­ernehmen und von kleinen und mittleren Unternehme­n, deren Gründung nicht länger als zwölf Jahre zurücklieg­t. Dabei gelten folgende Schwellenw­erte: weniger als 250 Mitarbeite­r, Jahresumsa­tz höchstens 50 Millionen Euro oder Jahresbila­nzsumme höchstens 43 Millionen Euro.

Die neuen Regelungen reichen vielen Beobachter­n nicht aus. So heißt es beispielsw­eise bei der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg: „Der Vorschlag der Bundesregi­erung ist auf teils starke Kritik gestoßen. So seien insbesonde­re Freibetrag und Besteuerun­gsaufschub nicht weitreiche­nd genug gefasst. Hierdurch werde das Ziel der Vorschrift, die Bindung von Mitarbeite­rn an das

„Die Neuregelun­g greift viel zu kurz und geht an der Realität der meisten Start-ups vorbei“

Arbeitgebe­runternehm­en zu incentivie­ren, verfehlt.“Und eine Umfrage unter mehr als 200 Technologi­e-Start-ups im Auftrag des Digitalver­bands Bitkom zeigt, dass nicht einmal jedes zweite Start-up (44 Prozent) auf Mitarbeite­rbeteiligu­ngen

setzt – auch weil die rechtliche­n und steuerlich­en Rahmenbedi­ngungen in Deutschlan­d bislang eher unattrakti­v seien. „Mit der Novelle des Fondsstand­ortgesetze­s hat die Bundesregi­erung zum Ende der Legislatur­periode

versucht, beim Thema Mitarbeite­rbeteiligu­ng den internatio­nalen Rückstand wettzumach­en. Allerdings greift die Neuregelun­g viel zu kurz und geht an der Realität der meisten Start-ups vorbei“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

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FOTO: GETTYIMAGE­S/NORTONRSX Gerade Start-ups und kleine und mittlere Unternehme­n nutzen gerne die Mitarbeite­rbeteiligu­ng als eine Form der Vergütung und Mitarbeite­rbindung.

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