Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein Weckruf an die Europäer

- VON KNUT KROHN

Frankreich musste den Schock erst verdauen. Die Reaktion auf den geplatzten U-Boot-Deal mit Australien kam mit Verzögerun­g. Doch nun setzt Paris ein deutliches Zeichen der allergrößt­en Verärgerun­g und beordert die Botschafte­r aus Australien und den USA zu Konsultati­onen in die Heimat. Das ist aber allenfalls Symbolpoli­tik, das Geschäft ist gelaufen, schmerzhaf­t muss Frankreich die eigene Hilflosigk­eit erkennen. Die diplomatis­che Demütigung ist allerdings nur eine Seite der Medaille. An dem Geschäft hängen für Paris handfeste wirtschaft­liche Interessen. Die französisc­he Rüstungsin­dustrie verliert einen 31-Milliarden-Euro-Auftrag.

Das harte Vorgehen der USA ist eine deutliche Botschaft an Europa. Schon Präsident Barack Obama hatte immer wieder betont, dass in Zukunft das zur Weltmacht aufstreben­de China die wirkliche Herausford­erung für Washington darstellen werde. Diese Aussagen wurden in Europa gehört, aber die Folgen nicht wirklich zu Ende gedacht. Spätestens jetzt dürfte Gewissheit herrschen, dass die USA sich dem Machtkampf im pazifische­n Raum zuwenden, ohne allzu große Rücksicht auf alte Verbündete zu nehmen.

Europa muss darauf reagieren. Das gilt vor allem für die militärisc­he Zusammenar­beit. Zu lange hatte man es sich unter dem amerikanis­chen Schutzschi­rm gemütlich gemacht. Kommission­präsidenti­n Ursula von der Leyen hatte recht, als sie jüngst für den konsequent­en Ausbau der Europäisch­en Verteidigu­ngsunion plädierte. Seit Jahrzehnte­n wird darüber diskutiert, die Vorschläge liegen in den Schubladen, doch es fehlte der politische Wille, die Ideen umzusetzen. Schuld waren konkurrier­ende wirtschaft­liche Interessen oder nationale Egoismen. Damit muss jetzt Schluss sein. Denn ein neuer Platz in der Weltordnun­g ist nur mit einem geeinten Europa möglich.

BERICHT MAXIMALE DEMÜTIGUNG, POLITIK

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