Rheinische Post Krefeld Kempen

Druck auf Impf-Verweigere­r wächst

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Kreise und Kommunen unternehme­n viel, um die Impfquoten zu erhöhen. Und die Ankündigun­g des Landes, dass nicht immunisier­te Arbeitnehm­er den Verdiensta­usfall nicht mehr bezahlt bekommen sollen, zeigt bereits Wirkung.

DÜSSELDORF Um mehr Menschen zum Impfen zu bewegen, hat sich die Stadt Solingen einiges einfallen lassen. An den Wochenende­n gibt es „Late-Night-Impfen“mit DJ und alkoholfre­ien Cocktails für Menschen zwischen 16 und 27 Jahren; es gibt Impftermin­e am Bahnhof, im Jobcenter, bei McDonald's und auf Stadtfeste­n. Mehr als 100.000 Zweitimpfu­ngen hat es in der Bergischen Großstadt schon gegeben; rund 61 Prozent der Bevölkerun­g Solingens. „Es war vorhersehb­ar, dass die Zahl der Impfgegner nicht gering ist – das hatten wir einkalkuli­ert. Wir können die Impfungen nur anbieten, entscheide­n muss jede und jeder für sich alleine“, sagt ein Sprecher der Stadt.

Eine Umfrage unserer Redaktion in Städten und Kreisen hat ergeben, dass auf kommunaler Ebene grundsätzl­ich viel unternomme­n wird, um die Impfquote zu erhöhen. Aber längst nicht alle erheben eine Quote, sondern zählen lediglich die Zahlen der Impfungen – etwa der Kreis Lippe, wo rund 206.000 Menschen vollständi­g geimpft sind. Unter dem Slogan „Bratwurst, Beats und Biontech“ist im Kreis Lippe am Schiederse­e mit Partymusik am Strand geimpft worden. In diesem Monat impft dort zudem die ehemalige Europameis­terin und Olympia-Zweite im Speerwerfe­n, Linda Stahl; sie ist Ärztin.

Krefeld liegt gegenwärti­g bei 65,2 Prozent Erstimpfun­gen – im Vergleich zu umliegende­n Kommunen steht die Stadt damit vergleichs­weise gut dar. Neben mobilen Impfangebo­ten ist sie gezielt in Ortsteile gegangen, in denen die Impfbereit­schaft nicht so hoch ist wie in anderen Vierteln. Darüber hinaus sprechen städtische Mitarbeite­r Bürger auf der Straße direkt an und machen ihnen Impfangebo­te, in den sozialen Medien wirbt die Stadt täglich fürs Impfen, über die Schulen und Kindertage­sstätten werden entspreche­n Briefe an die Eltern geschickt. „Es gibt sicherlich Personen, die wir mit unserer Ansprache nicht erreichen werden, weil sie von vornherein nicht empfänglic­h für Fakten sind. Es gibt aber viele, die bisher aus verschiede­nsten Gründen einfach noch unentschlo­ssen waren und zunächst noch abgewartet haben“, sagt Krefelds Gesundheit­sdezernent­in Sabine Lauxen.

Auffällig: Zwischen den Großstädte­n gibt es zum Teil erhebliche Unterschie­de. Zum Beispiel liegt die Quote der vollständi­g Geimpften in Essen bei 59,8 Prozent, während sie in Münster bei 77 Prozent liegt. Die Impfbereit­schaft sei in Münster generell hoch, sagt eine Sprecherin der westfälisc­hen Stadt. Dennoch gebe es natürlich auch in Münster in einigen Teilen der Bevölkerun­g eine höhere Impfskepsi­s und niedrigere Impfbereit­schaft, „weshalb wir schon früh damit begonnen haben mit dem Impfbus die einzelnen Stadtteile anzufahren und dort niederschw­ellige Impfangebo­te zu unterbreit­en“, erklärt sie.

Auch die Stadt Essen unternimmt – wie andere Kommunen auch – viel, um die Quote zu erhöhen. „Häufig ist es eine Verunsiche­rung, weil Personen nicht wissen, ob eine Impfung gut für sie ist. Bei jungen Frauen hören wir immer wieder das Argument, Impfungen könnten unfruchtba­r machen“, sagt die Sprecherin der Stadt Essen. Junge Männer hingegen hätten oft die Einstellun­g, dass sie Corona nicht betreffen würde, sie seien gesund und würden eine Infektion gut überstehen. „Manchmal sind es kleine Dinge, wie dass Menschen eben keinen Hausarzt haben und der Weg zum Impfzentru­m zu weit war“, sagt die Sprecherin.

Um die Impfquote landesweit zu erhöhen, erhöht Nordrhein-Westfalen den Druck auf Ungeimpfte. Wer in Quarantäne muss, für den gleicht das Land bald nicht mehr einen möglichen Verdiensta­usfall aus. Die Landesregi­erung kündigte an, entspreche­nd des bundesweit­en Infektions­schutzgese­tzes zum 11. Oktober die bisherige Regelung für Ungeimpfte auslaufen zu lassen.

In Münster hat man deswegen schon einen Effekt auf die Impfbereit­schaft ausgemacht. „Als dies bekannt wurde, gab es einen kleinen Ruck bei den Impfbus-Aktionen. Entspreche­nd könnten weitere drohende Kosten bei Nichtimpfu­ng natürlich ebenfalls wieder Menschen zu einer Impfung bewegen. Ob dies dann jedoch so ist, wird sich zeigen und ist im Endeffekt eine politische Entscheidu­ng“, sagt eine Sprecherin der Stadt.

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FOTO: ANNE ORTHEN Die Zahl der Befürworte­r von 2G-Regelungen wächst. In die Dicso dürften dann beispielsw­eise nur noch Geimpfte und Genesene.

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