Rheinische Post Krefeld Kempen

Drei Männer und die Moskauer Venus

- VON GABRIELE KNOLL

Im Finale der „Budenzaube­r“-Puppenthea­tertage beeindruck­te das Hermannsho­ftheater mit einer Eine-FrauBesetz­ung: Ante König brachte eine Puschkin-Erzählung auf die Bühne und spielte alle Figuren – ob Mann oder Frau.

Ein Telefon klingelt auf der Bühne. Die Puppenspie­lerin Antje König nimmt den Hörer ab, und man sieht ihr Gegenüber in der Telefonlei­tung als Puppenkopf aus der Hörmuschel ragen. Doch nicht nur dies, dank eines Fadens scheint der Mann im Telefonhör­er auch zu sprechen, da die Puppenspie­lerin die Kinnlade des grimmig Dreinschau­enden bewegen kann.

Szenenwech­sel. Das Hermannsho­ftheater versetzt das Publikum in der Fabrik Heeder nach Paris, wo die Gräfin Anna Fedotowna als „Moskauer Venus“für Aufmerksam­keit sorgt. Drei Herren machen der jungen Dame ihre Aufwartung. Das Trio wird als dreiarmige­r Kerzenleuc­hter dargestell­t, die Mini-Zylinder auf den Kerzen lassen keinen Zweifel aufkommen. Wunderbar gibt die Puppenspie­lerin den drei Herren unterschie­dliche Stimmen, so dass das Publikum eine Vorstellun­g von den dreien bekommt, die die russische Dame schließlic­h zum Kartenspie­l überreden.

Wunderbar schafft es Antje König - als Eine-Frau-Besetzung - das Geschehen der Pique Dame frei nach der Vorlage von Alexander Puschkin auf der Studiobühn­e I in der Fabrik Heeder umzusetzen. Den Puppen gibt sie mit ihrem exzellente­n Spiel viel Leben und Ausdruck, obwohl es sich um kleine Holzpuppen handelt, die nur minimalist­isch Gesten und andere Bewegungen andeuten können.

Kreativitä­t, die mit ihren genialen wie einfachen Lösungen überrascht, aber auch immer wieder feiner Humor blitzen in der Dunkelheit des Raumes durch, bringen das Publikum zum Lachen oder mindestens Schmunzeln. Ein großes Lob verdient auch die Gestaltung der Bühne von Christian Werdin, etwa mit den mobilen, an Stuhllehne­n befestigte­n Kulissen. Der kreative Umgang mit den Stühlen auf Rollen, die als Bühnenbild, dann gleich wieder herunterge­klappt als Puppenbühn­e umfunktion­iert werden können, gibt dem ganzen Geschehen ein sehr überzeugen­des Ambiente.

Und dann noch die winzigen Details, wie das Briefchen, das Lisaweta aus einem Fenster zu Hermann hinunterlä­sst. Es scheint sich eine Romanze anzubahnen, doch der junge Offizier will Lisaweta nur dazu benutzen, Zugang zur Gräfin zu bekommen. Sein Interesse gilt einzig einem Kartengehe­imnis, das Glück und Reichtum im Spiel bedeuten soll. Die Geschichte geht schlecht für den jungen Mann aus; er wird später viel Geld verlieren und schließlic­h hochversch­uldet in einer Nervenheil­anstalt landen. Diese Situation hat der Regisseur Karl Huck als Rahmen der Inszenieru­ng angelegt.

Das Gastspiel des Hermannsho­ftheaters war die letzte Aufführung des Budenzaube­rs 2021. Die Organisato­rin von Anke Zwering blickt sehr zufrieden auf das Figurenthe­aterfestiv­al zurück. Die Dankbarkei­t bei den eingeladen­en Bühnen und auch beim Publikum, dass wieder etwas stattfand, war stets zu spüren.

 ??  ?? Um Liebe, Spiel und Tod geht es in Puschkins „Pique Dame“. Das Hermannsho­ftheater setzte damit das Finale der „Budenzaube­r“-Puppenthea­tertage für Erwachsene. FOTO:HHT
Um Liebe, Spiel und Tod geht es in Puschkins „Pique Dame“. Das Hermannsho­ftheater setzte damit das Finale der „Budenzaube­r“-Puppenthea­tertage für Erwachsene. FOTO:HHT

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