Rheinische Post Krefeld Kempen
Drei Männer und die Moskauer Venus
Im Finale der „Budenzauber“-Puppentheatertage beeindruckte das Hermannshoftheater mit einer Eine-FrauBesetzung: Ante König brachte eine Puschkin-Erzählung auf die Bühne und spielte alle Figuren – ob Mann oder Frau.
Ein Telefon klingelt auf der Bühne. Die Puppenspielerin Antje König nimmt den Hörer ab, und man sieht ihr Gegenüber in der Telefonleitung als Puppenkopf aus der Hörmuschel ragen. Doch nicht nur dies, dank eines Fadens scheint der Mann im Telefonhörer auch zu sprechen, da die Puppenspielerin die Kinnlade des grimmig Dreinschauenden bewegen kann.
Szenenwechsel. Das Hermannshoftheater versetzt das Publikum in der Fabrik Heeder nach Paris, wo die Gräfin Anna Fedotowna als „Moskauer Venus“für Aufmerksamkeit sorgt. Drei Herren machen der jungen Dame ihre Aufwartung. Das Trio wird als dreiarmiger Kerzenleuchter dargestellt, die Mini-Zylinder auf den Kerzen lassen keinen Zweifel aufkommen. Wunderbar gibt die Puppenspielerin den drei Herren unterschiedliche Stimmen, so dass das Publikum eine Vorstellung von den dreien bekommt, die die russische Dame schließlich zum Kartenspiel überreden.
Wunderbar schafft es Antje König - als Eine-Frau-Besetzung - das Geschehen der Pique Dame frei nach der Vorlage von Alexander Puschkin auf der Studiobühne I in der Fabrik Heeder umzusetzen. Den Puppen gibt sie mit ihrem exzellenten Spiel viel Leben und Ausdruck, obwohl es sich um kleine Holzpuppen handelt, die nur minimalistisch Gesten und andere Bewegungen andeuten können.
Kreativität, die mit ihren genialen wie einfachen Lösungen überrascht, aber auch immer wieder feiner Humor blitzen in der Dunkelheit des Raumes durch, bringen das Publikum zum Lachen oder mindestens Schmunzeln. Ein großes Lob verdient auch die Gestaltung der Bühne von Christian Werdin, etwa mit den mobilen, an Stuhllehnen befestigten Kulissen. Der kreative Umgang mit den Stühlen auf Rollen, die als Bühnenbild, dann gleich wieder heruntergeklappt als Puppenbühne umfunktioniert werden können, gibt dem ganzen Geschehen ein sehr überzeugendes Ambiente.
Und dann noch die winzigen Details, wie das Briefchen, das Lisaweta aus einem Fenster zu Hermann hinunterlässt. Es scheint sich eine Romanze anzubahnen, doch der junge Offizier will Lisaweta nur dazu benutzen, Zugang zur Gräfin zu bekommen. Sein Interesse gilt einzig einem Kartengeheimnis, das Glück und Reichtum im Spiel bedeuten soll. Die Geschichte geht schlecht für den jungen Mann aus; er wird später viel Geld verlieren und schließlich hochverschuldet in einer Nervenheilanstalt landen. Diese Situation hat der Regisseur Karl Huck als Rahmen der Inszenierung angelegt.
Das Gastspiel des Hermannshoftheaters war die letzte Aufführung des Budenzaubers 2021. Die Organisatorin von Anke Zwering blickt sehr zufrieden auf das Figurentheaterfestival zurück. Die Dankbarkeit bei den eingeladenen Bühnen und auch beim Publikum, dass wieder etwas stattfand, war stets zu spüren.