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Eon erwirbt Mehrheit an Aachener Digital-Start-up
ESSEN Um bei der viel zu langsamen Digitalisierung der deutschen Stromnetze voranzukommen, erwirbt der Essener Energieriese Eon die Mehrheit am Start-up Grid X. Damit soll vorrangig der Einstieg in das Geschäft mit dem Aufladen von E-Autos vorangetrieben werden.
Der Essener Stromkonzern und die Aachener Firma arbeiten bereits seit 2018 zusammen. Grid X hat ein smartes Softwaresystem entwickelt, damit Elektroautos beispielsweise in Parkhäusern so aufgeladen werden, dass es zwar möglichst schnell geht, das örtliche Stromnetz aber trotzdem nicht überlastet wird. So ein System wurde bereits in der Konzernzentrale von Eon installiert: Die Energie wird dort, flexibel und digital gesteuert, zwischen den Ladepunkten aufgeteilt und beim Lastmanagement berücksichtigt. Sinkt der Verbrauch im Gebäude, laden mehr E-Autos gleichzeitig oder mit höherer Ladeleistung: „So werden die einzelnen Ladevorgänge optimiert und die volle verfügbare Stromkapazität am Standort effizient genutzt – in nahezu Echtzeit“, erklärte Eon am Freitag.
Der Zukauf ist Teil der Strategie, bei der Digitalisierung bisher in Deutschland bestehende Rückstände aufzuholen. Das grundsätzliche Ziel ist, dass regenerative Energien wie Solar- oder Windstrom deutlich effizienter genutzt werden können, indem mehr Zwischenspeicher
bereitgestellt werden und der Stromverbrauch intelligent gesteuert wird. Millionen von Haushalten sollen laut Eon zu „Prosumern“werden, indem sie nicht nur Energie verbrauchen, sondern über eigene Photovoltaik-Anlagen in die Verteilnetze von Eon einspeisen. Andersherum können E-Autos dann Strom zwischenspeichern, um ihn etwa nachts ins Netz zurückzuspeisen, wenn kein Solarstrom verfügbar ist.
Wie langsam Deutschland bei der Digitalisierung der Stromnetze vorankommt, beklagte noch auf der Eon-Hauptversammlung im Mai der neue Vorstandschef Leonhard Birnbaum. In anderen Ländern wie Schweden sei es problemlos möglich, „Smart Meter“für eine digitale Verbrauchskontrolle und Steuerung von Privathaushalten zu installieren; in Deutschland würde die komplizierte Regulierung ihre Markteinführung bremsen. Infolgedessen gibt es bis heute fast keinen Privathaushalt, bei dem die Waschmaschine immer genau dann angeht, wenn viel preisgünstiger Solaroder Windstrom im Netz angeboten wird.
Birnbaum hatte bereits damals das Genehmigungsverfahren für Smart Meter kritisiert, bei dem jedes Update des Betriebssystems eine neue Genehmigung benötige. „Würden solche Anforderungen für Ihr Smartphone gelten, wäre die Software quasi immer veraltet. Und bei Smart Metern ist das nicht anders“, erklärte der Eon-Chef.
„Würden solche Anforderungen für Ihr Smartphone gelten, wäre die Software quasi immer veraltet“
Leonhard Birnbaum Eon-Chef zu den Smart-Meter-Vorgaben