Rheinische Post Krefeld Kempen

Roses brisante Rückkehr nach Gladbach

- VON JANNIK SORGATZ UND KARSTEN KELLERMANN

Max Eberl plädiert vor dem Spiel gegen Dortmund bei den Fans für Kreativitä­t beim Empfang des Ex-Trainers.

MÖNCHENGLA­DBACH Von der Ankündigun­g am 15. Februar bis zum endgültige­n Abschied von Borussia Mönchengla­dbach am 23. Mai war es am Niederrhei­n eine der am häufigsten gestellten, aber stets unbeantwor­teten Fragen: Wie wäre Marco Rose von den Fans im Borussia-Park empfangen worden, wenn Zuschauer ins Stadion gedurft hätten? Am Samstag (18.30 Uhr/Sky) gibt es die Antwort in der LightVersi­on: Rose kommt am sechsten Spieltag mit Borussia Dortmund, seinem neuen Verein, erstmals wieder vorbei.

„Die Zeit heilt zwar alle Wunden, aber mit Sicherheit sitzt der Stachel der Enttäuschu­ng noch lange Zeit sehr tief bei uns“, sagt Thomas Ludwig, der Vorsitzend­e des FPMG Supporters Club. Die Fans haben sich verraten und benutzt gefühlt, sie waren dem Trugschlus­s verfallen, Rose wolle etwas aufbauen am Niederrhei­n. Doch dann führte der keine anderthalb Jahre nach seinem Antritt schon Gespräche mit dem BVB, der sich auf der Unbeliebth­eits-Skala in Gladbach sukzessive an den 1. FC Köln herangerob­bt hat.

Es werden so einige Kameras eingeschal­tet sein, wenn sich FußballDeu­tschland von der Wundheilun­g der Gladbacher Fanseele überzeugt. Deshalb liegt es Ludwig auch am Herzen, dass sich alle Aktionen in einem erträglich­en Rahmen bewegen: „Der Trainerwec­hsel hat unserer Borussia schon genug geschadet, und nun noch eine saftige Strafe vom DFB zu riskieren, kann ja nicht in unserem Sinne sein. Daher wünsche ich mir kreative Ergüsse, aber keine Gewaltaufr­ufe oder sonstige Auswüchse in die falsche Richtung.“

Natürlich wird jede Äußerung zu dem Thema auf die Waagschale gelegt. Jonas Hofmann hat unter der Woche in einem „Bild“-Interview viele Anhänger irritiert mit einem Plädoyer: „Ich finde, Marco Rose hat keine Pfiffe verdient.“Der 45-Jährige sei „ein super Mensch“, zudem verwies Hofmann aufs Erreichen der K.o.-Runde in der Champions League.

Manager Max Eberl gibt sich dagegen keinen Illusionen hin, dass Gladbachs Fans am Samstag eine Bewerbung für den Friedensno­belpreis abgeben könnten. „Wir vertrauen den Menschen, die versuchen, vielleicht auch kreativ ihre Meinung kundzutun“, betont er. „Ich wünsche mir aber, dass wir uns relativ schnell auf dieses Spiel konzentrie­ren. Denn wir brauchen den

Borussia-Park, wir brauchen unsere Fans, weil es momentan nicht so rund läuft.“Ein bisschen ist es nämlich wie im Zwischenme­nschlichen: Da will auch niemand der Ex oder dem Ex nach der Trennung erstmals wieder mit fettigen Haaren und in Jogginghos­e im Supermarkt begegnen. Doch ähnlich lässt sich Gladbachs sportliche Lage aktuell wohl beschreibe­n.

Rose dagegen hat sich mit dem BVB durch vier Pflichtspi­elsiege in Folge (Torverhält­nis: 13:8, HaalandTor­e: sechs) herausgepu­tzt. Auf der Pressekonf­erenz bemühte er sich, mit den Fragen zu seiner Rückkehr betont gelassen umzugehen. „Die Geschichte­n, die drumherum entstehen oder gemacht werden, versuche ich auszublend­en. Damit fahre ich ganz gut“, sagte der 45-Jährige. „Ich konzentrie­re mich aufs Wesentlich­e, das ist das Spiel. Nebenher freue ich mich auf eine Menge Leute, die sich womöglich auch freuen, mich zu sehen.“

Rose wird sie nicht gemeint haben, aber tatsächlic­h machen selbst jene, die dem Abtrünnige­n keinen entspannte­n Empfang bereiten wollen, durchaus einen vorfreudig­en Eindruck. Am Ende dürfte allen Gladbach-Fans jedoch ein Sieg gegen den BVB und Rose eine größere Genugtuung bereiten als kreative Reime auf Bannern oder geschickt umgedichte­te Lieder. Ohnehin lässt sich die These vertreten, dass die Trainer-Rochade im Sommer dafür gesorgt hat, dass beide Borussias nun den für sie passendere­n Trainer haben.

Dortmund darf davon träumen, mit dem Klopp-Kumpel an KloppZeite­n anzuknüpfe­n. Rose hatte Gladbach bei seinem Amtsantrit­t einst „einen lässigen Verein“genannt. Das war schmeichel­haft, wirkte aber nicht gut informiert. Dem Rose-Nachfolger Adi Hütter hat Manager Eberl „Gelassenhe­it und Seniorität“zugeschrie­ben, das eine tut dem oft fatalistis­chen Umfeld gut, das andere wird in Gladbach sowieso geschätzt. Nicht umsonst erlangte Lucien Favre dort Legendenst­atus, während die Dortmunder zweieinhal­b Jahre lang mit ihm fremdelten.

Ein Sieg gegen den BVB, womöglich mit befreiende­r Wirkung, wäre für Hütter die wirkungsvo­llste Anbiederun­g, Erfolg ist immer authentisc­h. Deshalb kommt Rose trotz der Gegentore, trotz seiner RB-Vergangenh­eit und trotz des umtosten Abschieds aus Gladbach in Dortmund bislang an. Einen zweiten Sieg können Gladbachs Fans am Samstag erringen. Auch der hätte eine befreiende Wirkung.

 ?? FOTO: BERND THISSEN/DPA ?? Gladbach will auf dem Platz verhindern, dass Marco Rose auch bei seiner Rückkehr mit dem BVB in den Borussia-Park jubelt. Die Fans werden ihm wohl keinen freundlich­en Empfang bereiten.
FOTO: BERND THISSEN/DPA Gladbach will auf dem Platz verhindern, dass Marco Rose auch bei seiner Rückkehr mit dem BVB in den Borussia-Park jubelt. Die Fans werden ihm wohl keinen freundlich­en Empfang bereiten.

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