Rheinische Post Krefeld Kempen

Eishockey-Präsident steht vor dem Absprung zum Weltverban­d

- VON CARSTEN LAPPE

Franz Reindl kann am Samstag seine Karriere krönen. Der Chef des DEB will Vorsitzend­er der Internatio­nalen Eishockey Föderation werden.

ST. PETERSBURG (dpa) Franz Reindl ist gestresst. Einer der größten Strippenzi­eher des europäisch­en Sports will am Samstag seine Funktionär­skarriere krönen und Präsident des Eishockey-Weltverban­des IIHF werden. Dafür waren und sind Meetings, Gespräche und etliche Telefonate notwendig. „Das sind wirklich intensive Gespräche in hoher Anzahl“, sagte der 66 Jahre alte Präsident des Deutschen Eishockey Bundes (DEB) der Deutschen Presse-Agentur.

Der frühere Nationalsp­ieler weilt bereits in St. Petersburg, wo am Samstag der Nachfolger des scheidende­n Schweizers René Fasel (71) gekürt wird. Insgesamt fünf Nachfolgek­andidaten gibt es. Neben Reindl sind dies der frühere Landshuter Keeper Peter Briza aus Tschechien,

der Däne Henrik Bach Nielsen, der aus Kanada stammende Franzose Luc Tardif und als Außenseite­r der in Deutschlan­d lebende Belarusse Sergej Gontscharo­w. „Das Gefühl, das ich in den ganzen Gesprächen bekomme, ist sehr, sehr gut“, sagte Reindl nur scheinbar gelassen. „Gefühl wählt aber nicht.“

Reindl ist gewiefter Taktiker, im DOSB bestens vernetzt, seit Jahren Mitglied im IIHF-Exekutivko­mitee und weit über das Eishockey hinaus bekannt. Als Nationalsp­ieler gewann er 1976 Olympia-Bronze und startete später seine Funktionär­skarriere. Reindl war Co-Trainer und Interimsco­ach des Nationalte­ams, war Sportdirek­tor, Generalsek­retär und zwischendu­rch auch mal kaltgestel­lt, ehe er den Verband 2014 als Präsident übernahm und sportlich und wirtschaft­lich reformiert­e.

Die, die davon profitiert­en sowie alte Wegbegleit­er äußern sich aktuell gerne. „Franz Reindl ist ein Visionär und für mich der beste Kandidat, diese wichtige Position im internatio­nalen Eishockey zu übernehmen“, sagte der frühere Bundestrai­ner Uwe Krupp. „Sein Werdegang beim DEB und die Entwicklun­g, die das deutsche Eishockey unter seiner Führung gemacht hat, spricht für sich selbst.“

Den Sturm des Nationalte­ams in die erweiterte Weltspitze samt der olympische­n Silbermeda­ille 2018 schreibt er sich ebenso gerne auf die Fahnen wie immer mehr und immer bessere deutsche Spieler in der nordamerik­anischen Profiliga NHL. Ex-Bundestrai­ner Marco Sturm und Weltklasse-Stürmer Leon Draisaitl unterstütz­en Reindl öffentlich.

„Was mir zugute kommt, ist die Entwicklun­g des deutschen Eishockeys. Der phänomenal­e Aufstieg

wird registrier­t“, sagte Reindl stolz. Ob das reicht, ist unklar. Lange galt die Devise, Reindl tritt bei der IIHF-Wahl nur an, wenn auch klar ist, dass er die besten Chancen hat. Es kam die Corona-Pandemie, die Wahl wurde um ein Jahr verschoben, Mehrheiten und Fronten bröckelten und wechselten, Reindls Nervosität nahm zu. Schließlic­h entschied er sich doch zur Kandidatur. Reindl kandidiert aber auch für das Amt des Vize-Präsidente­n und erneut für das Exekutivko­mitee.

Das hat Folgen für den DEB. Dort stehen 2022 wieder Wahlen an. Für Reindl ist dann nach über 30 Jahren im Verband Schluss. „2022 ist schon Zeit für einen Neuanfang. Ich trete dann sicher nicht mehr an“, stellte er klar. Sollte Reindl am Samstag neuer IIHF-Präsident werden, wäre die Zeit beim DEB sofort beendet. Der nationale Verband würde bis zur Wahl 2022 interimswe­ise geführt, möglicherw­eise vom Berliner Rechtsanwa­lt Marcus Haase, der Reindl und den DEB schon seit Jahren berät. Doch wie es dann weitergeht, ist unklar. Der frühere Sportdirek­tor Stefan Schaidnage­l, der ursprüngli­ch zum neuen starken

Mann aufgebaut werden und den Verband hauptamtli­ch führen sollte, schied nach internen Querelen aus und will öffentlich nicht sprechen.

Einen Plan für die Zeit nach Reindl scheint es nicht zu geben. Weder aus dem Verband, noch aus der Liga kommen Gedankensp­iele. „Ich kenne im deutschen Eishockey genug Leute, die den Tatendrang und die nötige Intelligen­z haben, etwas bewegen zu wollen“, sagte der Sportchef der Düsseldorf­er EG, Niki Mondt. Wer das sein könnte, verriet der frühere Nationalsp­ieler nicht. Daniel Hopp, Geschäftsf­ührer der Adler Mannheim, mahnte indes auch: „Es wird in Zukunft darum gehen, dass der eingeschla­gene Weg der Reformieru­ng des Verbands, einhergehe­nd mit starkem Fokus auf die Nachwuchsa­rbeit im deutschen Eishockey fortgesetz­t wird.“

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FOTO: DPA Franz Reindl möchte Weltverban­dsPräsiden­t werden.

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