Rheinische Post Krefeld Kempen

Kübelgate an der Rheinstraß­e

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Esther Stelkes hat den Begriff selbst ironisch-sarkastisc­h geprägt: Kübelgate, in Anspielung auf den Watergate-Skandal, der zahlreiche Wortneubil­dungen nach sich gezogen hat. Der Vorfall auf der Rheinstraß­e ist symptomati­sch für die Gefühlslag­e in Krefeld und dafür, dass die Gestaltung­ssatzung, die vor nun sechs Jahren beschlosse­n worden war, wenig gebracht hat.

Esther Stelkes wurde also verwarnt, heißt: mit Bußgeld bedroht, weil sie Blumenkübe­l ohne Genehmigun­g vor ihrem Geschäft aufgestell­t hat. Rechtlich ist die Stadt auf der sicheren Seite: Gestaltung­ssatzung ist Gestaltung­ssatzung. Nur war das alles einmal ganz anders gedacht. Vor sechs Jahren ist diese Satzung in der Absicht auf den Weg gebracht worden, das Straßenbil­d im Gespräch mit den Händlern zu vereinheit­lichen; die Stadt sollte den Händlern beratend zur Seite stehen, mit ihnen die beste Optik für Straße und Geschäft erarbeiten. Theoretisc­h ist das heute noch so. Nur zeigt dieser Vorfall, dass die Verwaltung bei sich selbst angekommen ist: Es gibt kein Miteinande­r, es gibt Sanktionsa­ndrohungen. Endstation Knöllchen.

Der partnersch­aftliche Geist der Satzung ist offenbar auch nicht ins kollektive Bewusstsei­n vorgedrung­en; eine Händlerin wie Esther Stelkes hat die Verwaltung als Gegner erlebt. Man fragt sich, wie es soweit kommen konnte. Offenbar sind die Gesprächsf­äden zwischen Händlern und Stadt immer noch dünn, zu dünn jedenfalls für ein konstrukti­ves Gespräch über Kübel ohne Genehmigun­g, die über Jahre niemanden gestört haben.

So ist es nur allzu verständli­ch, dass – wenn man eine solche Geschichte erlebt und erzählt – der Reflex eindeutig ist: Die sind hart bei Kleinigkei­ten und kümmern sich nicht um die großen Probleme. Krefeld kann sich beides nicht mehr leisten. Die Partnersch­aft zwischen Rathaus und Innenstadt­akteuren muss gut sein, und es braucht Ideen, die einen Sprung nach vorn bringen, nicht nur ein Schrittche­n wie bei der Gestaltung­ssatzung.

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