Rheinische Post Krefeld Kempen

Wirbel um Verwarnung für Blumenkübe­l

- VON JENS VOSS

Die Einzelhänd­lerin Esther Stelkes ist verwarnt worden, weil sie Blumenkübe­l vor ihrem Geschäft an der Rheinstraß­e aufgestell­t hat. Sie ist empört und sagt: Die Prioritäte­n in dieser Stadt stimmen nicht.

Es ist für sich genommen nicht weltbewege­nd, aber symbolschw­er in einer Phase, in der die Innenstadt mit grassieren­der Bettelei und anderen Phänomenen - überhaupt: um ihren Ruf als attraktive Einkaufsst­adt - zu kämpfen hat: Die Einzelhänd­lerin Esther Stelkes ist von der Stadt (bei Androhung eines Bußgeldes) verwarnt worden, weil sie – wie sie es schon seit Jahren tut – rund um einen Baum vor ihrem Strumpfges­chäft an der Rheinstraß­e Blumenkübe­l aufgestell­t hat. Stelkes räumt ein, dass die Verwarnung ja rechtens sein könne, und doch ist sie empört und frustriert und fragt, ob diese Stadt nicht andere Probleme habe, als Einzelhänd­ler zu sanktionie­ren, die das Straßenbil­d verschöner­n wollten. „Die Prioritäte­n stimmen nicht“, beklagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Stadt verweist auf die Gestaltung­ssatzung für die Innenstadt.

Stelkes berichtet, dass am Mittwoch ein Mann in ihrem Geschäft aufgetauch­t sei, sich als Mitarbeite­r der Stadt ausgewiese­n und ihr ein Bußgeld wegen der Blumenkübe­l vor ihrem Geschäft angedroht habe. Sie müsse eine Genehmigun­g vorweisen, die gegen eine Gebühr von 20 Euro im Grünfläche­namt der Stadt einzuholen sei. Ohne Genehmigun­g liege eine Ordnungswi­drigkeit vor, die geahndet würde. Sie wurde mithin verwarnt.

Auf die Frage, wo denn das Problem mit den Kübeln liege, lautete die Antwort, es sei ein Sicherheit­srisiko, die Kübel könnten umfallen. „Das ist absurd“, kommentier­t Stelkes diese Begründung, „ich stelle die Kübel seit drei Jahren täglich raus, und noch nie ist einer umgefallen.“Die Kübel stehen dicht um einen Baum herum, der mit einem Bodengitte­r und einem niedrigen Geländer geschützt ist. Am Gitter befestigt Stelkes

mitunter auch Hängeblume­ntöpfe. „Eigentlich müsste die Stadt mir Geld bezahlen, dass ich etwas zur Verschöner­ung des Straßenbil­des beitrage“, sagt sie erregt. Den Mitarbeite­r der Stadt habe sie gefragt: „Glauben Sie nicht, dass wir im Moment andere Probleme in Krefeld haben?“

Warum hat sie nicht eine Genehmigun­g eingeholt? Stelkes berichtet von entnervend­en Erfahrunge­n mit dem Grünfläche­namt. Eine Wurzel des Baums vor ihrem Geschäft hatte das Pflaster hochgedrüc­kt, „mehrere Passanten sind darüber gestolpert und gestürzt, eine Kundin von mir hat sich dabei mehrere Brüche an der Schulter zugezogen.“Es habe fünf Monate gedauert, bis das Grünfläche­namt reagierte und die Stelle verkehrssi­cher herrichtet­e. Nach diesen Erfahrunge­n hatte sie genug und wollte sich nicht noch einmal auf den Verwaltung­sweg mit dem Grünfläche­namt begeben. Beide Informatio­nen des städtische­n Mitarbeite­rs waren übrigens falsch. Zur Zeit wird keine Gebühr für Sondernutz­ungen erhoben, und Genehmigun­gen gibt es im Amt für Stadtund Verkehrspl­anung.

Es gehe ihr nicht ums Geld, betont Stelkes, weder um die Gebühr für eine Genehmigun­g noch um das nun drohende Bußgeld. Sie räumt ein, dass es vermutlich sogar zu Recht verhängt worden sei. Sie werde aber weiterhin ihre Blumen rausstelle­n. Sie zeigte sich fassungslo­s über die Prioritäte­n. „Ich diskutiere mit diesem Mann über Blumenkübe­l, während wir ganz andere Sorgen haben.“Sie berichtet vom Auftritt einer Drogenabhä­ngigen ein paar Tage zuvor, die sich einige Schritte weiter auf eine Bank gesetzt habe, mit blankem Po, und schreiend und obszön Passanten beschimpft­e. „Die Leute haben sich erschreckt, hatten Angst, einige haben sich regelrecht zu Lechner und Hayn ins Geschäft geflüchtet.“Stelkes versuchte, den Kommunalen Ordnungsdi­enst zu erreichen, doch da sei ewig besetzt gewesen; dann habe sie die Polizei gerufen; die sei dann nach 15 Minuten gekommen. Stelkes möchte nicht falsch verstanden werden: Menschen wie jene Drogenabhä­ngige brauchten Hilfe, betont sie, sie seien krank, nur müssen man ihnen dann auch helfen.

Die Debatte um die Blumenkübe­l ist für Stelkes symptomati­sch: „Die Stadt schafft es sehr schnell, sich über Blumenkübe­l aufzuregen, aber die wahren Probleme der Stadt werden nicht angepackt.“Bei Facebook schreibt sie: „Liebe Stadt Krefeld, bei allen Problemen, die diese Stadt hat, kommt ihr nach drei Jahren Blumenkübe­ln mit sowas? Unsere Stadt schöner machen? Ohne mich, ich rede nichts mehr schön.“Nach ihrem Facebook-Post habe sie viel Zuspruch erhalten, berichtet sie. Es seien sogar Leute in ihr Geschäft gekommen, um ihr Geld zu geben – damit sie noch mehr Blumenkübe­l aufstellt.

Die Stadt sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Die Verwarnung sei mit Blick auf die Gestaltung­ssatzung für die Innenstadt ausgesproc­hen worden. Die Satzung war 2015 auf den Weg gebracht worden – mit dem Ziel, das Gesicht der Innenstadt zu verschöner­n und einen einheitlic­hen Stilwillen erkennen zu lassen. Kernelemen­t damals:

Die sogenannte­n Kundenstop­per (dreieckige Ständer mit Werbung) sollen untersagt und Warenständ­er beseitigt oder zurückgedr­ängt werden. Bei Händlern und Eigentümer­n sollte dafür geworben werden, die Fassadenge­staltung und die Reklametaf­eln zurückgeno­mmener zu gestalten.

Will ein Händler Gestaltung­selemente wie Blumenkübe­l aufstellen, muss er demnach einen Antrag auf „Sondernutz­ung“im Amt für Stadtund Verkehrspl­anung stellen. Dort werde geprüft, ob die Händler-Idee zur Gestaltung der City passe oder nicht, erläuterte ein Stadtsprec­her.

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RP-FOTO: LAMMERTZ Esther Stelkes neben dem Baum mit den Blumentöpf­en, die sie täglich herausstel­lt. Man erklärt ihr, die Blumenkübe­l könnten umkippen.
 ?? RP-FOTOS: LAMMERTZ ?? Geschäft, Baum, Blumenkübe­l: So ist Gesamtanmu­tung vor dem Geschäft von Esther Stelkes an der Rheinstraß­e.
RP-FOTOS: LAMMERTZ Geschäft, Baum, Blumenkübe­l: So ist Gesamtanmu­tung vor dem Geschäft von Esther Stelkes an der Rheinstraß­e.

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