Rheinische Post Krefeld Kempen
Wirbel um Verwarnung für Blumenkübel
Die Einzelhändlerin Esther Stelkes ist verwarnt worden, weil sie Blumenkübel vor ihrem Geschäft an der Rheinstraße aufgestellt hat. Sie ist empört und sagt: Die Prioritäten in dieser Stadt stimmen nicht.
Es ist für sich genommen nicht weltbewegend, aber symbolschwer in einer Phase, in der die Innenstadt mit grassierender Bettelei und anderen Phänomenen - überhaupt: um ihren Ruf als attraktive Einkaufsstadt - zu kämpfen hat: Die Einzelhändlerin Esther Stelkes ist von der Stadt (bei Androhung eines Bußgeldes) verwarnt worden, weil sie – wie sie es schon seit Jahren tut – rund um einen Baum vor ihrem Strumpfgeschäft an der Rheinstraße Blumenkübel aufgestellt hat. Stelkes räumt ein, dass die Verwarnung ja rechtens sein könne, und doch ist sie empört und frustriert und fragt, ob diese Stadt nicht andere Probleme habe, als Einzelhändler zu sanktionieren, die das Straßenbild verschönern wollten. „Die Prioritäten stimmen nicht“, beklagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Stadt verweist auf die Gestaltungssatzung für die Innenstadt.
Stelkes berichtet, dass am Mittwoch ein Mann in ihrem Geschäft aufgetaucht sei, sich als Mitarbeiter der Stadt ausgewiesen und ihr ein Bußgeld wegen der Blumenkübel vor ihrem Geschäft angedroht habe. Sie müsse eine Genehmigung vorweisen, die gegen eine Gebühr von 20 Euro im Grünflächenamt der Stadt einzuholen sei. Ohne Genehmigung liege eine Ordnungswidrigkeit vor, die geahndet würde. Sie wurde mithin verwarnt.
Auf die Frage, wo denn das Problem mit den Kübeln liege, lautete die Antwort, es sei ein Sicherheitsrisiko, die Kübel könnten umfallen. „Das ist absurd“, kommentiert Stelkes diese Begründung, „ich stelle die Kübel seit drei Jahren täglich raus, und noch nie ist einer umgefallen.“Die Kübel stehen dicht um einen Baum herum, der mit einem Bodengitter und einem niedrigen Geländer geschützt ist. Am Gitter befestigt Stelkes
mitunter auch Hängeblumentöpfe. „Eigentlich müsste die Stadt mir Geld bezahlen, dass ich etwas zur Verschönerung des Straßenbildes beitrage“, sagt sie erregt. Den Mitarbeiter der Stadt habe sie gefragt: „Glauben Sie nicht, dass wir im Moment andere Probleme in Krefeld haben?“
Warum hat sie nicht eine Genehmigung eingeholt? Stelkes berichtet von entnervenden Erfahrungen mit dem Grünflächenamt. Eine Wurzel des Baums vor ihrem Geschäft hatte das Pflaster hochgedrückt, „mehrere Passanten sind darüber gestolpert und gestürzt, eine Kundin von mir hat sich dabei mehrere Brüche an der Schulter zugezogen.“Es habe fünf Monate gedauert, bis das Grünflächenamt reagierte und die Stelle verkehrssicher herrichtete. Nach diesen Erfahrungen hatte sie genug und wollte sich nicht noch einmal auf den Verwaltungsweg mit dem Grünflächenamt begeben. Beide Informationen des städtischen Mitarbeiters waren übrigens falsch. Zur Zeit wird keine Gebühr für Sondernutzungen erhoben, und Genehmigungen gibt es im Amt für Stadtund Verkehrsplanung.
Es gehe ihr nicht ums Geld, betont Stelkes, weder um die Gebühr für eine Genehmigung noch um das nun drohende Bußgeld. Sie räumt ein, dass es vermutlich sogar zu Recht verhängt worden sei. Sie werde aber weiterhin ihre Blumen rausstellen. Sie zeigte sich fassungslos über die Prioritäten. „Ich diskutiere mit diesem Mann über Blumenkübel, während wir ganz andere Sorgen haben.“Sie berichtet vom Auftritt einer Drogenabhängigen ein paar Tage zuvor, die sich einige Schritte weiter auf eine Bank gesetzt habe, mit blankem Po, und schreiend und obszön Passanten beschimpfte. „Die Leute haben sich erschreckt, hatten Angst, einige haben sich regelrecht zu Lechner und Hayn ins Geschäft geflüchtet.“Stelkes versuchte, den Kommunalen Ordnungsdienst zu erreichen, doch da sei ewig besetzt gewesen; dann habe sie die Polizei gerufen; die sei dann nach 15 Minuten gekommen. Stelkes möchte nicht falsch verstanden werden: Menschen wie jene Drogenabhängige brauchten Hilfe, betont sie, sie seien krank, nur müssen man ihnen dann auch helfen.
Die Debatte um die Blumenkübel ist für Stelkes symptomatisch: „Die Stadt schafft es sehr schnell, sich über Blumenkübel aufzuregen, aber die wahren Probleme der Stadt werden nicht angepackt.“Bei Facebook schreibt sie: „Liebe Stadt Krefeld, bei allen Problemen, die diese Stadt hat, kommt ihr nach drei Jahren Blumenkübeln mit sowas? Unsere Stadt schöner machen? Ohne mich, ich rede nichts mehr schön.“Nach ihrem Facebook-Post habe sie viel Zuspruch erhalten, berichtet sie. Es seien sogar Leute in ihr Geschäft gekommen, um ihr Geld zu geben – damit sie noch mehr Blumenkübel aufstellt.
Die Stadt sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Die Verwarnung sei mit Blick auf die Gestaltungssatzung für die Innenstadt ausgesprochen worden. Die Satzung war 2015 auf den Weg gebracht worden – mit dem Ziel, das Gesicht der Innenstadt zu verschönern und einen einheitlichen Stilwillen erkennen zu lassen. Kernelement damals:
Die sogenannten Kundenstopper (dreieckige Ständer mit Werbung) sollen untersagt und Warenständer beseitigt oder zurückgedrängt werden. Bei Händlern und Eigentümern sollte dafür geworben werden, die Fassadengestaltung und die Reklametafeln zurückgenommener zu gestalten.
Will ein Händler Gestaltungselemente wie Blumenkübel aufstellen, muss er demnach einen Antrag auf „Sondernutzung“im Amt für Stadtund Verkehrsplanung stellen. Dort werde geprüft, ob die Händler-Idee zur Gestaltung der City passe oder nicht, erläuterte ein Stadtsprecher.