Rheinische Post Krefeld Kempen
Freiwilligendienst zur Orientierung
Die Arbeit kann zunächst Abstand vom Schulalltag bieten, aber auch als Lehrzeit für die berufliche Zukunft dienen. Vor allem bei Interesse am sozialen Bereich können FSJ und BFD eine sinnvolle Erfahrung sein.
Zur Berufsorientierung, um Wartezeit für einen Studienplatz zu überbrücken oder um der Gesellschaft durch einen eigenen Beitrag etwas zurückzugeben – die Motivation für einen Freiwilligendienst kann unterschiedlich sein. Rund 100.000 Menschen leisten ihn in Deutschland jedes Jahr ab, in Form eines Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ), eines Freiwilligen Ökologischen Jahrs (FÖJ) oder eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD).
„Offiziell startet der Freiwilligendienst zum 1. September, aber auch ein späterer Einstieg im November oder Dezember ist möglich“, sagt Julia Dietsch von der Internationaler Bund IB West gGmbH für Bildung und soziale Dienste, die jedes Jahr zwischen 250 und 300 junge Menschen am Niederrhein und im Großraum Düsseldorf in Freiwilligendienste vermittelt. Die Regelzeit dauert zwölf Monate, mindestens sechs müssen zur Anerkennung geleistet werden.
Vor allem im sozialen und pädagogischen Bereich ist der Freiwilligendienst nachgefragt. Die Einsatzgebiete reichen von Kindergarten über offene Ganztagsschulen, Jugendzentren, Behindertenwerkstätten bis zu Krankenhäusern und Seniorenwohnheimen, wo allerdings weniger die Pflege als andere Aufgaben in der Betreuung von Patienten und Bewohnern im Vordergrund stehen. „Da vermitteln wir ganz nach den Wünschen der Bewerber“, so Dietsch. Der erste Schritt dorthin ist auch schon eine erste Übung fürs Berufsleben, denn wer sich für einen Freiwilligendienst interessiert, bewirbt sich dafür mit Lebenslauf und Zeugnis. Das kann direkt bei einer Einrichtung sein oder über Organisationen wie der Internationale Bund, der in die Stellen vermitteln und dann auch mit dem Freiwilligen einen Vertrag abschließt. „Wer sich bewirbt, wird zunächst zu einem allgemeinen Info-Gespräch eingeladen, das in der Gruppe stattfindet, ehe im Einzelgespräch dann die Wünsche und Vorstellungen des Teilnehmers besprochen werden“, erklärt Julia Dietsch. Bei den vorgeschlagenen Einrichtungen muss der Bewerber dann noch einmal zu einem Bewerbungsgespräch, und sind beide Seiten zufrieden, kommt der Freiwilligendienst zustande.
Ob FSJ oder BFD, für die Teilnehmer ergibt sich kaum ein Unterschied, an welchem Programm sie teilnehmen. Die Zahl der Urlaubstage ist gleich und auch Taschengeld erhalten sie in beiden Fällen. Ebenso müssen sie mindestens 25 Seminartage besuchen. Bei den BFD'lern ist darin verpflichtend ein fünftägiges Seminar zur politischen Bildung als enthalten, denn ihre Stelle wird über das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) finanziell gefördert.
In der Regel sind es Jugendliche, die nach ihrem Schulabschluss nicht direkt in eine Ausbildung oder Studium starten. „Es sind sowohl diejenigen, die erst noch eine Idee bekommen wollen, in welchem Bereich sie später arbeiten möchten, als auch diejenigen, die testen möchten, ob ihr ausgewählter Beruf auch der richtige für sie ist. Aber auch Studienabbrecher nutzen die Dienstzeit, um sich neu zu orientieren“, sagt Isabella Pasch, pädagogische Mitarbeiterin und Standortkoordinatorin beim Internationalen Bund.
In bestimmten Fällen können sich die Teilnehmer den Freiwilligendienst dann auch als Praktikumszeit anrechnen lassen, „zum Beispiel für die Fachhochschulreife oder für ein Medizinstudium“, so Pasch. Auch wer seinen Freiwilligendienst in einer Kita absolviert und später eine schulische Ausbildung zum Erzieher mit einjährigem Berufspraktikum macht, kann sich gegebenenfalls die Zeit des Freiwilligendienstes anrechnen lassen. „Das entscheidet aber der Ausbilder“, sagt Pasch. Was allerdings häufiger vorkomme, sei, dass die jungen Leute von der Einrichtung ihres Freiwilligendienstes als Auszubildender direkt übernommen werden.