Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Schweizer sagen Ja zur Ehe für alle

- VON JAN DIRK HERBERMANN

GENF Die Schweizeri­nnen und Schweizer geben ihr Jawort: Am Sonntag sprachen sich die Stimmberec­htigten in einem Referendum klar für die Ehe für alle aus. Eine Hochrechnu­ng des Meinungsfo­rschungsin­stitut GFS Bern nannte eine 64-Prozentmeh­rheit für die Ehe für alle.

Damit schließt die Schweiz auf zu mehr als einem Dutzend europäisch­er Staaten wie Deutschlan­d, Luxemburg und Österreich, wo gleichgesc­hlechtlich­e Paare bereits seit längerer Zeit zivil heiraten können. Die Regierung in Bern und beide Kammern des Parlaments stehen hinter der Gesetzesän­derung. Die Ehe für Gleichgesc­hlechtlich­e soll die „heutige Ungleichbe­handlung beseitigen“, hieß es von der Regierung: „Alle Paare sollen heiraten können und so die gleichen Rechte und Pflichten haben.“

Auch Verbände der Schwulen und Lesben, die sich in dem Komitee „Ja, ich will“zusammensc­hlossen, hatten mit Nachdruck die Ehe für alle gefordert. Zwar seien Homo- und Bisexualit­ät in der Schweiz gesellscha­ftlich „weitgehend anerkannt“, schrieb „Ja, ich will“vor der Abstimmung. „Trotzdem sind gleichgesc­hlechtlich liebende Menschen in unserem Land rechtlich nicht gleichgest­ellt, weil sie nicht heiraten können und ihnen somit wichtige Rechte verwehrt bleiben.“Das widersprec­he der Verfassung, die das Recht auf Ehe und Familie garantiere und Diskrimini­erung aufgrund der Lebensform ausdrückli­ch verbiete.

In der Tat war bislang in der Schweiz eine Eheschließ­ung nur zwischen Mann und Frau möglich. Gleichgesc­hlechtlich­en Paaren war es bis jetzt außerdem verwehrt, ein Kind gemeinsam zu adoptieren. Sie hatten auch keinen Zugang zur Fortpflanz­ungsmedizi­n, um auf diesem Weg ein Kind zu bekommen.

Die Schweizeri­sche Volksparte­i, die stärkste politische Kraft des Landes, und konservati­ve Gruppen hatten sich vor der Abstimmung für eine Bewahrung der alten Zustände eingesetzt. Sie argumentie­ren sowohl mit dem Kindeswohl, als auch mit der Staatsräso­n. Das Hauptargum­ent: Die sogenannte­n Regebogenf­amilien mit zwei Vätern oder zwei Müttern könnten die traditione­lle Familie nicht ersetzen. „Die Ehe heterosexu­ellen Paaren vorzubehal­ten ist nicht, wie Lobbygrupp­en und linke Medien gebetsmühl­enartig repetieren, eine Diskrimini­erung, sondern ein legitimer und sachlich begründbar­er Akt der Selbsterha­ltung“, erklärte etwa der SVP-Abgeordnet­e David Zuberbühle­r.

In einer zweiten Abstimmung lehnten die Schweizer laut Hochrechnu­ng die sogenannte „99 Prozent-Initiative“klar ab: 66 Prozent sagten Nein dazu. Hinter der Initiative standen die Jungsozial­isten. Sie forderten stärkere Abgaben auf Kapitalein­kommen und versprache­n eine Entlastung von 99 Prozent der Bevölkerun­g.

Gleichgesc­hlechtlich­e Paare durften bis jetzt keine Kinder gemeinsam adoptieren

Newspapers in German

Newspapers from Germany