Rheinische Post Krefeld Kempen
Mit David Wagner durch Berlin flanieren
Alle zehn Jahre veröffentlicht der Schriftsteller David Wagner einen Band mit kleinen Texten über Berlin. „In Berlin“erschien 2001, „Welche Farbe hat Berlin“2011, und nun ist „Verlaufen in Berlin“da. Wagner flaniert und schaut, und er nimmt seine Leserschaft an die Hand. Man vertraut sich ihm gerne an, denn er blickt auf Orte, die man sonst womöglich übersehen würde. Am früheren Kaiser's-Supermarkt, der plötzlich ein Edeka wurde und bald danach gar nicht mehr existierte, erlebt man das Fortschreiten der Zeit. Am Rosenthaler Platz fügen sich Beobachtungen zu einem Erlösungsspiel. Und manchmal fährt man per S-Bahn in den angemieteten Garten vor den Toren der Stadt. Ruhe findet man dort indes auch nicht, die Kinder hämmern immerzu oder toben, und: „Offenes Feuer war und ist verboten, Waldbrandgefahr.“Man bekommt Lust aufs Gehen und Hinsehen.
David Wagner:
von „Montero“inszenierte er sich mit Babybauch, bis er verkündete, dass er sein erstes Album zur Welt gebracht habe. Lil Nas X spielt damit auf das Cover des kurz zuvor veröffentlichten Albums „Certified Lover Boy“von Drake an, dessen Cover mit Emojis schwangerer Frauen geschmückt war. Und das ist das Prinzip dieses Universalkünstlers: Grenzen einreißen, alles zum Fließen und verschwimmen lassen.
„Montero“ist eine Wundertüte an Stilen. Die erste Hälfte steckt voller Hits, der Titeltrack etwa oder das von Kanye West mitproduzierte „Industry Baby“. Die zweite Hälfte ist introspektiver, Lil Nas X singt über schwierige Familienverhältnisse, Selbstzweifel, und Elton John spielt dazu Klavier.
„Montero“ist im Grunde eine Zeitschrift, sie erzählt Geschichten aus der Gegenwart.
Philipp Holstein