Rheinische Post Krefeld Kempen
Der WDR muss klar entscheiden
Nun will sich der WDR im Umgang mit Moderatorin Nemi El-Hassan anscheinend auf eine salomonische Entscheidung zurückziehen. Nach Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Ärztin und Journalistin soll die 28-Jährige zwar nicht die Wissenschaftssendung „Quarks“moderieren, aber wohl weiter für die Sendung arbeiten.
Einer Journalistin kurz vor dem Sprung auf die große Bühne diese Möglichkeit wieder zu entziehen, ist eine schwerwiegende Entscheidung. Verständlich, dass der WDR damit ringt. Sein Umgang mit El-Hassan ist bisher aber vor allem eines: unentschlossen. Und das macht die Sache nur schlimmer – für alle Beteiligten. Denn entweder ist der WDR zu dem Schluss gekommen, dass El-Hassan sich nicht wirklich von israelfeindlichen Positionen distanziert hat, wie Likes aus der jüngeren Vergangenheit in den digitalen Netzwerken nahelegen. Dann ist sie als Moderatorin genauso wenig tragbar wie als Mitarbeiterin in der Redaktion. Denn „hinter der Kamera“würde sie ja keine Kabel tragen, sondern Inhalte produzieren. Oder man hat in Gesprächen mit ihr festgestellt, dass sie den Staat Israel zwar wegen seines Handelns gegenüber den Palästinensern kritisiert, aber keine Positionen unterstützt, die Hass auf Israel schüren.
Es geht bei der Debatte also um die Frage, wo die Grenzen zwischen vertretbarer Kritik an Israel und Antisemitismus verlaufen. Dabei dürfen nicht nur Presseerklärungen und Interviewaussagen eine Rolle spielen, sondern auch die indirekte Kommunikation über Likes in den digitalen Netzwerken. Denn gerade von jungen Leuten wird diese Art von Meinungsäußerung stark wahrgenommen. Der WDR muss eine klare Entscheidung treffen und den Weg dorthin transparent machen. Auf die Frage „Antisemitismus ja oder nein?“gibt es keine salomonische Antwort.
BERICHT ANTISEMITISMUS DARF IM WDR KEINEN . . ., KULTUR