Rheinische Post Krefeld Kempen

Der WDR muss klar entscheide­n

- VON DOROTHEE KRINGS

Nun will sich der WDR im Umgang mit Moderatori­n Nemi El-Hassan anscheinen­d auf eine salomonisc­he Entscheidu­ng zurückzieh­en. Nach Antisemiti­smus-Vorwürfen gegen die Ärztin und Journalist­in soll die 28-Jährige zwar nicht die Wissenscha­ftssendung „Quarks“moderieren, aber wohl weiter für die Sendung arbeiten.

Einer Journalist­in kurz vor dem Sprung auf die große Bühne diese Möglichkei­t wieder zu entziehen, ist eine schwerwieg­ende Entscheidu­ng. Verständli­ch, dass der WDR damit ringt. Sein Umgang mit El-Hassan ist bisher aber vor allem eines: unentschlo­ssen. Und das macht die Sache nur schlimmer – für alle Beteiligte­n. Denn entweder ist der WDR zu dem Schluss gekommen, dass El-Hassan sich nicht wirklich von israelfein­dlichen Positionen distanzier­t hat, wie Likes aus der jüngeren Vergangenh­eit in den digitalen Netzwerken nahelegen. Dann ist sie als Moderatori­n genauso wenig tragbar wie als Mitarbeite­rin in der Redaktion. Denn „hinter der Kamera“würde sie ja keine Kabel tragen, sondern Inhalte produziere­n. Oder man hat in Gesprächen mit ihr festgestel­lt, dass sie den Staat Israel zwar wegen seines Handelns gegenüber den Palästinen­sern kritisiert, aber keine Positionen unterstütz­t, die Hass auf Israel schüren.

Es geht bei der Debatte also um die Frage, wo die Grenzen zwischen vertretbar­er Kritik an Israel und Antisemiti­smus verlaufen. Dabei dürfen nicht nur Presseerkl­ärungen und Interviewa­ussagen eine Rolle spielen, sondern auch die indirekte Kommunikat­ion über Likes in den digitalen Netzwerken. Denn gerade von jungen Leuten wird diese Art von Meinungsäu­ßerung stark wahrgenomm­en. Der WDR muss eine klare Entscheidu­ng treffen und den Weg dorthin transparen­t machen. Auf die Frage „Antisemiti­smus ja oder nein?“gibt es keine salomonisc­he Antwort.

BERICHT ANTISEMITI­SMUS DARF IM WDR KEINEN . . ., KULTUR

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