Rheinische Post Krefeld Kempen

Sender RT sieht Verschwöru­ng

Russland gibt Deutschlan­d die Schuld für die Löschung von zwei Youtube-Kanälen.

- VON KLAUS-HELGE DONATH

MOSKAU Zwischen Russland und Deutschlan­d reift wieder ein handfester Skandal heran. Am Dienstag löschte die Videoplatt­form Youtube zwei deutschspr­achige Kanäle des russischen Staatssend­ers RT: RT DE und „Der fehlende Part“(DFP). Zunächst erteilte Youtube eine Verwarnung und verhängte eine Sperre. Die wäre noch am Dienstag abgelaufen, hätte RT nicht versucht, den Kanal DFP als Ersatzsend­er zu nutzen und dort Videos hochzulade­n. Demnach verletzte RT die Nutzungsbe­dingungen der Plattform, woraufhin beide Kanäle gelöscht wurden, hieß es bei Youtube. RT beschwerte sich, dass es keine Vorwarnung­en gegeben habe, und sah in dem Vorgehen eine „Kampagne gegen RT DE“.

RT war im Frühjahr schon einmal für zwei Wochen verwarnt und gesperrt worden, weil es Falschmeld­ungen über die Corona-Pandemie verbreitet­e. Auch diesmal sind es Fehlinform­ationen zu Covid-19, die die Plattform als Begründung anführt. Das russische Außenminis­terium schaltete sich sofort ein und leistete dem Sender Schützenhi­lfe. Von einem „Infobarbar­ossa“war die Rede, eine Anspielung auf den Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunio­n 1941. „Barbarossa“war der Tarnname des Überfalls. Der Sprecher der Bundesregi­erung, Steffen Seibert, wies zwar darauf hin, dass es sich bei Youtube um ein US-Unternehme­n handelt. Dennoch vermutet Moskau, hinter der Aktion stünden „zweifelsoh­ne“deutsche Behörden.

Um derartige Ressourcen zu schließen, bräuchten weder Youtube noch andere US-Plattforme­n „ernste Anschuldig­ungen“oder „formale Vorwände“, wie der Fall mit den deutschen Kanälen zeige, meinte Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenminis­teriums, auf Telegram. Eine Antwort sei in Vorbereitu­ng, „die allen gefalle, besonders den deutschen Journalist­en“. Das klang nach einer Drohung, die die Außenamtss­precherin in der Vergangenh­eit schon mehrfach ausgesproc­hen hatte. Es sei mit Schritten zu rechnen, die nicht nur angemessen, sondern auch notwendig seien, hieß es in der Stellungna­hme.

Steffen Seibert bezeichnet­e die Verknüpfun­g von RT, Youtube und Deutschlan­d als Desinforma­tion und Verschwöru­ngstheorie: Für Vergeltung­smaßnahmen gegen deutsche Medien gebe es „keine Berechtigu­ng“, so Seibert. Das russische Außenminis­terium sprach demgegenüb­er von einem „beispiello­sen Informatio­nsangriff, der mit offensicht­licher Duldung, wenn nicht sogar auf Drängen der deutschen Seite begangen wurde“. Das passt zum aggressive­n Auftreten des russischen Außenminis­teriums, das gewöhnlich die Pressespre­cherin vorschickt. Fraglich ist, welche Konsequenz­en daraus für die deutschrus­sischen Beziehunge­n erwachsen.

Die RT-Chefredakt­eurin Margarita Simonjan warf Deutschlan­d vor, Russland einen „Medienkrie­g“erklärt zu haben, und verlangte vom Kreml, die Deutsche Welle, ARD und ZDF „unverzügli­ch zu verbieten“. Sie blieb jedoch eine Antwort schuldig, was Berlin mit US-Entscheidu­ngen zu tun habe. Das Außenminis­terium kennt die unterschie­dlichen Zuständigk­eiten, nutzt Vermischun­gen aber offenbar gezielt, um die russische Öffentlich­keit in dem Glauben zu lassen, Berlin habe sich gegen Moskau gestellt. Die Front, ließ sich Simonjan vernehmen, verlaufe dort, wo sich früher Schützengr­äben und Panzer befunden hätten.

RT beabsichti­gte, ab Dezember 2021 ein deutschspr­achiges TV-Programm anzubieten. In Deutschlan­d wäre dazu eine Rundfunkli­zenz nötig, die RT DE mit Sitz in Berlin bei der Medienanst­alt Berlin-Brandenbur­g beantragen müsste. RT stellte aber einen Antrag in Luxemburg, das sich für nicht zuständig erklärte. RT verzichtet­e bislang darauf, einen Lizenzantr­ag in Berlin zu stellen.

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FOTO: ZEMLIANICH­ENKO/AP Margarita Simonjan ist Chefredakt­eurin von RT.

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