Rheinische Post Krefeld Kempen

Jetzt impfen nur noch die Ärzte

- VON GEORG WINTERS

Seit gestern sind alle 53 bisherigen Zentren in NRW geschlosse­n. Jetzt verlagert sich die Kampagne auf Haus- und Betriebsär­zte – es sei denn, eine neue Corona-Welle würde die Rückkehr zur zentralen Lösung erforderli­ch machen.

DÜSSELDORF Mehr als zwei Drittel der Bürger in Nordrhein-Westfalen sind mittlerwei­le zweimal gegen Covid-19 geimpft worden. Rund 70 Prozent haben zumindest eine Erstimpfun­g bekommen. Viele haben ihre Spritze in einem der 53 Impfzentre­n erhalten, die ab Februar eröffnet wurden. Am Donnerstag haben nach einem guten halbem Jahr die letzten von ihnen wieder geschlosse­n, einige hatten in den Tagen und Wochen zuvor schon den Betrieb eingestell­t. Aber Sorgen um die eigene Impfung muss sich nach Angaben von Frank Bergmann, Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Nordrhein (KVNO), niemand machen. „Das werden die Praxen sehr gut schaffen“, sagte Bergmann in Düsseldorf.

Die Begründung: Ein Großteil der Bevölkerun­g sei geimpft, und außerdem sei die Nachfrage nach einem Piks bei Weitem nicht mehr so stark wie in der Hochzeit der Impfungen im Frühsommer dieses Jahres. Dass die Impfbereit­schaft deutlich zurückgega­ngen ist, hat Bergmann aber noch einmal zu einem Appell veranlasst. „Vielleicht lassen sich jene, die sich bisher nicht zu einer Impfung entschließ­en konnten, durch die Zahlen ja doch noch überzeugen.“

Gemeint sind damit die statistisc­hen Informatio­nen darüber, wie groß die Gefahren für Geimpfte und wie groß sie für Ungeimpfte sind. Danach mussten bei den Ungeimpfte­n bundesweit zwischen dem 23. August und dem 18. September pro 100.000 Einwohner 76,4 Menschen über 60 Jahre mit einer Corona-Infektion ins Krankenhau­s eingeliefe­rt werden; bei den Geimpften waren es nur vier. Vergleichb­ar sind die Unterschie­de auch bei Jüngeren: Zwischen 18 und 59 Jahren waren es 31 Ungeimpfte und 1,3 Geimpfte. Und selbst bei den Zwölf- bis 17-Jährigen, bei denen die sogenannte Hospitalis­ierungsrat­e ohnehin gering ist, ist die Differenz gravierend: 5,6 (Ungeimpfte) zu 0,4.

Also: impfen lassen. Aber nicht mehr in den Zentren, sondern nur noch bei den niedergela­ssenen Ärzten und den Betriebsär­zten. Die Anzahl impfender Praxen sei zuletzt wieder leicht gestiegen und liege bei knapp 3400 in Nordrhein, erklärt die

KVNO. Neben ihnen sollen verstärkt mobile Impfteams in Städten und Gemeinden unterwegs sein.

Allerdings ist ein erneuter Einsatz von Impfzentre­n nicht ausgeschlo­ssen, wenn die Entwicklun­g der Pandemie das notwendig machen sollte. „Das ist vom Einzelfall abhängig und von der Frage, wie schnell dann flächendec­kend geimpft werden müsste“, so Bergmann. Ein Neustart der Zentren wäre aus seiner Sicht zügig möglich: „Beim ersten Mal war das in einem Turbo-Zeitraum binnen weniger Wochen möglich“so der KV-Chef. Einige Kommunen im Lande wollen mit Blick auf eine mögliche neue Welle die Impfzentre­n vorhalten. In Solingen beispielsw­eise wird für eine mögliche vorübergeh­ende Nutzung ein Standort für ein Mini-Impfzentru­m gesucht; in Mönchengla­dbach gibt es ein ähnliches Vorhaben, in Wesel ist der Mietvertra­g für die Räumlichke­iten, in denen bislang das Impfzentru­m untergebra­cht war, verlängert worden.

Aber die Wiedereröf­fnung der Zentren ist nur für den Notfall gedacht. Ansonsten impfen jetzt nur noch die Ärzte. Daran ändert weder die bevorstehe­nde Grippeschu­tzimpfung etwas noch die Tatsache, dass mittlerwei­le auch Auffrischu­ngsimpfung­en angelaufen sind. Für Letztere hat die ständige Impfkommis­sion eine Empfehlung für Menschen mit einer Immunschwä­che gegeben. Das sind beispielsw­eise jene, die mit HIV infiziert sind, eine Chemothera­pie machen oder sie gerade hinter sich haben. In der vergangene­n Woche war laut KV Nordrhein jede fünfte der 100.000 Impfungen eine Auffrischu­ng. Im Bochumer Impfzentru­m hat ein 100-Jähriger mit dem

Booster die letzte Impfung erhalten, nachdem er im Februar dieses Jahres als Erster geimpft worden war.

Zu der Frage, in welchem zeitlichen Abstand die Auffrischu­ng des Schutzes gegen Covid-19 und die diesjährig­e Grippeschu­tzimpfung erfolgen sollten, gibt es offensicht­lich keine einhellige Meinung. Zunächst hatte es geheißen, dass zwischen beiden Impfungen zwei Wochen liegen sollten. Der Hausärztev­erband Nordrhein hatte aber jüngst erklärt, dass Studien zufolge beide Impfungen an einem Tag kein Problem für die Impflinge seien. In der Hinsicht sei „die Interpreta­tion zurückhalt­end“, so Bergmann am Donnerstag. Die Einhaltung eines Zwei-Wochen-Zeitraums sei kein Problem, weil es keinen Zeitdruck gebe. „Der Impfschutz ist ja nicht komplett weg“, so der KV-Nordrhein-Chef.

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