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Fast 400 Banken und Sparkassen verlangen Negativzin­sen

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Nach Angaben des Verbrauche­rportals Verivox sind seit Jahresbegi­nn in Deutschlan­d 214 Geldhäuser hinzugekom­men. Die Freigrenze­n sinken weiter.

FRANKFURT (dpa) Geringere Freibeträg­e und höhere Strafzinse­n auf dem Tagesgeld- oder Girokonto: Kreditinst­itute verschärfe­n nach Angaben des Vergleichs­portals Verivox zunehmend bestehende Negativzin­skondition­en für Privatkund­en. Zugleich steigt die Zahl der Banken und Sparkassen, die das sogenannte Verwahrent­gelt erheben. Verivox zählte 392 Institute zum Ende des dritten Quartals. Seit Jahresbegi­nn kamen demnach 214 Geldhäuser hinzu. Verivox wertet die im Internet veröffentl­ichten Preisaushä­nge von etwa 1300 Banken und Sparkassen aus. Da nicht alle Institute ihre Negativzin­sen frei zugänglich auf ihrer Website veröffentl­ichten, dürften es sogar mehr als 392 Banken sein, die Verwahrent­gelte erheben. Überwiegen­d gelten diese für Tagesgeldk­onten, teilweise werden sie aber auch für Giro- und Verrechnun­gskonten erhoben.

„Wir sehen nach wie vor eine große Dynamik bei Negativzin­sen. Doch während im ersten Halbjahr nahezu täglich neue Banken Verwahrent­gelte einführten, hat sich diese Entwicklun­g momentan etwas verlangsam­t“, erläuterte Oliver Maier, Geschäftsf­ührer der Verivox-Finanzverg­leich GmbH. Ein Ende des Negativzin­s-Trends sei aber nicht in Sicht. Im Gegenteil: Allein im dritten Quartal hätten 30 Kreditinst­itute bestehende Regelungen verschärft.

Lange Zeit wurde vor allem bei großen Summen ab 100.000 Euro ein Verwahrent­gelt fällig. Inzwischen erheben der Auswertung zufolge mindestens 135 Institute Negativzin­sen ab einem Gesamtguth­aben von 50.000 Euro oder weniger pro Kundin und Kunde. Bei einigen Instituten werden bereits ab 5000 Euro Negativzin­sen fällig. Die meisten Sparkassen und Banken orientiere­n sich bei der Höhe des Verwahrent­geltes an dem Zins von 0,5 Prozent, den sie auf einen Teil ihrer überschüss­igen Einlagen zahlen müssen, die sie bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) parken. 13 Institute belasten Guthaben ihrer Privatkund­en allerdings mit 0,55 bis einem Prozent Strafzinse­n.

Die Negativzin­sen treffen vor allem Neukunden. Will eine Bank von Bestandsku­nden ein Verwahrent­gelt verlangen, muss sie das mit den Betroffene­n individuel­l vereinbare­n. Der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen hält Negativzin­sen auf Giro- und Tagesgeldk­onten von Verbrauche­rn allerdings grundsätzl­ich für unzulässig – unabhängig davon, ob es sich um Neu- oder Bestandsku­nden handelt.

Seit Juni 2014 müssen Geschäftsb­anken im Euroraum Zinsen zahlen, wenn sie Gelder bei der EZB parken. Aktuell liegt dieser Einlagenzi­ns bei minus 0,5 Prozent. Seit einiger Zeit gewährt die Notenbank Freibeträg­e für bestimmte Summen, um die Institute zu entlasten. Etliche Geldhäuser geben die Kosten für die Negativzin­sen an ihre Kunden weiter. Deutschlan­ds Banken gelingt es so, die Belastunge­n aus der EZB-Geldpoliti­k zu verringern. Insgesamt dürfte sich der Zinsaufwan­d der heimischen Geldhäuser im Einlagenge­schäft nach Berechnung­en der Deutschen Bundesbank zwischen Ende 2019 und Ende 2020 um rund 1,3 Milliarden Euro reduziert haben.

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