Rheinische Post Krefeld Kempen

Wut über Rehabiliti­erung der Kölner Bischöfe

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Beim Synodalen Weg wurde außerhalb der Tagesordnu­ng übers Erzbistum diskutiert. Kardinal Woelki meldete sich nicht zu Wort.

FRANKFURT Das Programm der zweiten Synodalver­sammlung zu Reformen der katholisch­en Kirche ist übervoll. Doch zur Tagesordnu­ng wollten die Synodalen zum Auftakt jetzt in Frankfurt nicht einfach übergehen. Denn zu tiefgreife­nd sind die jüngsten Ereignisse im Erzbistum Köln gewesen – mit der Rehabiliti­erung von Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof Stefan Heße sowie den Weihbischö­fen Dominikus Schwaderla­pp und Ansgar Puff.

Alle Rücktritts­angebote wurden von Papst Franziskus abgelehnt und damit die hohen Würdenträg­er,

die bei der Aufarbeitu­ng von Missbrauch­sfällen Fehler begangen hatten, rehabiliti­ert. „Das ist nicht nur für die Betroffene­n sexualisie­rter Gewalt nicht mehr nachvollzi­ehbar“, so Bischof Georg Bätzing, Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz (DBK). Fassungslo­sigkeit, Ratlosigke­it, Wut und Enttäuschu­ng herrschten bis in die Gemeinden hinein. Und der Verbleib im Amt mache es unmöglich, Verantwort­ung zu übernehmen.

„Die Zeit für Bitten und fürs Betteln der Betroffene­n ist elf Jahre nach Bekanntwer­den des Missbrauch­sskandals vorbei“, sagte Johannes Norpoth, Sprecher des

Betroffene­nbeirats der DBK. Die katholisch­e Kirche sei katastroph­al mit offenkundi­gen Fehlern von Bischöfen umgegangen, so der Bochumer Theologe Thomas Söding. Das liegt nach seinen Worten an einem „absolut abgehobene­n Verfahren“– im Verhältnis von Bischöfen und Papst.

Wo bleiben da überhaupt die Gemeinden?, fragte Söding. Daran knüpfte Kardinal Reinhard Marx an, der im Sommer seinen Rücktritt angeboten hatte und gleichfall­s von Franziskus rehabiliti­ert worden war: „Ich habe auch Fehler gemacht. Habe ich die Opfer gesehen? Ab 2010 mehr. Aber vorher? Ich trage auch institutio­nelle Verantwort­ung.“

Das bischöflic­he Amt sei sehr beschädigt, erklärte Bischof Gebhard Fürst. Und: „Die Strukturen der Kirche halten das, was sie verspreche­n, nicht, nämlich das Heil der Menschen zu fördern.“

Vor jeder Reform liegt ein Berg, den es zu überwinden gilt. Und das sind jene fast 200 Seiten an Handlungs-, Grund- und Orientieru­ngstexten, die zu Themen wie Macht und Gewaltente­ilung, Sexualmora­l sowie priesterli­che Existenz diskutiert werden. „Wir schreiben Träume auf, die wahr werden sollen“, so Bischof Bätzing.

Die Texte haben es in ihren Entwürfen in sich, besonders der zu

Macht und Gewaltente­ilung. Denn damit wird die Stellung ausgerechn­et jener hinterfrag­t, die den Synodalen Weg vor zwei Jahren anregten. Es wird also auch um die Bischöfe gehen. Werden sie künftig rechenscha­ftspflicht­ig gegenüber den Gläubigen? Sollen sie weiter von Rom ernannt oder vom Kirchenvol­k vor Ort gewählt werden? Werden ihre Amtszeiten begrenzt? Dürfen sie gar abgewählt werden?

Eine einfache Mehrheit ist in der Synodalver­sammlung nötig, um eine weitere Überarbeit­ung der Forumstext­e zuzulassen. Und am Ende ist eine Zweidritte­lmehrheit der Bischöfe nötig, um die Reformen verbindlic­h zu machen. Das aber auch nur in den Diözesen der Bischöfe, die das zulassen. Die Vielgestal­tigkeit der katholisch­en Kirche wird oft beschworen; dieses Verfahren birgt aber auch die Gefahr eines Flickentep­pichs in Deutschlan­d. Bischof Bätzing deutete zumindest an, dass eine große Mehrheit auch der Bischöfe hinter den Entwürfen stehe.

Wird es so etwas wie einen neuen Geist von Frankfurt geben, wie ihn ZdK-Präsident Thomas Sternberg beschwor? Viele hoffen es, manche glauben es, andere befürchten es. Nicht zu Wort meldete sich Kardinal Woelki, der auch zur Synodalver­sammlung gekommen war.

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