Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Jugenstil verändert Borussia
Trainer Adi Hütter hat den Auftrag, die neue Generation Borussia zu bauen. Er hat den Willen, auf den Nachwuchs zu setzen.
Luca Netz hat den Lohn für seine bisherige Saison bei Borussia bekommen. Vier Einsätze in der Bundesliga stehen in seiner Statistik, 200 weitgehend gute Minuten insgesamt, und ein Assist. Nun gehört er erstmals zum U21-Aufgebot des DFB. Der neue U21-Trainer Antonio di Salvo hatte sich vorab bei Borussias Trainer Adi Hütter nach dem Gladbacher Vier-Millionen-EuroZugang von Hertha BSC erkundigt. Hütter dürfte nur lobende Worte gefunden haben. „Luca hat sich die erstmalige Nominierung auf Grund seiner gezeigten Leistungen absolut verdient“, findet Hütter.
Neben Netz wurde Jordan Beyer wieder eingeladen zur U21. Beyer hat drei Pflichtspiele von sieben gemacht in dieser Saison und zeigte sich, mal abgesehen von dem Bock im Spiel bei Union Berlin, stabil. „Auch Jordan hat es in den vergangenen Wochen sehr ordentlich gemacht“, sagte Hütter.
Beyer ist 21 und ein Eigengewächs, das macht die Personalie spannend. Der Defensivmann wollte sich erneut ausleihen lassen, Werder Bremen war interessiert. Doch als sich Stefan Lainer verletzte, sagte Max Eberl die Leihe ab. „Wir brauchen Jordan“, stellte er klar. Und Hütter untermauert das mit Einsätzen. Beyer soll aufgebaut werden als ständiger Abwehrmann der Zukunft.
Was Hütter demonstriert: den nötigen Willen zum Jugendstil. Neben Netz stand am Samstag in Joe Scally gegen Dortmund im Topspiel ein weiterer 18-Jähriger auf dem Feld. Der ist aber schon ein vergleichsweise routinierter Teenager, denn der US-Amerikaner hat in dieser Saison noch keine Pflichtspielminute verpasst. Seine ersten 73 Minuten absolvierte Manu Koné beim Sieg gegen den BVB, auch er spielte stark.
Insgesamt ist der Altersschnitt des Gladbacher Teams, das vergangene Saison noch zu den Ältesten der Liga zählte, deutlich gesunken. Gegen Arminia Bielefeld spielte die mit 25,8 Jahren jüngste Mannschaft bisher, in Augsburg und gegen Dortmund war Gladbachs Mannschaft im Schnitt 26 Jahre alt. In den vergangenen Jahren kam frisches Blut vor allem von außen, nun soll der Umbruch auch von innen vorangetrieben werden, in dem Talente gezielt und nachhaltig für Borussias Eigenbedarf gefördert werden. Womöglich gehen im Winter oder nach der laufenden Saison gestandene Führungskräfte, andere müssen in diese Rollen hineinwachsen. Je schneller, desto besser. Diese Erneuerung ist ein Auftrag Hütters: Er soll die nächste Generation Borussia bauen.
Hütter hat das Vertrauen, auf den Nachwuchs zu setzen. Auch darum ist er, wie es Manager Max Eberl sagte, der passendste Trainer für Borussia. „Der Weg, junge Spieler zu holen und auf sie zu setzen, ist der Weg, den wir gehen wollen. Dieser Weg hat uns in den vergangenen 13 Jahren, seitdem ich hier Sportdirektor bin, erfolgreich gemacht und er ist für uns auch alternativlos“, sagt Eberl. „Entsprechend ist es immer schön, wenn wir Talente finden, die sich schnell ihre ersten Sporen verdienen.“
Die jungen Borussen geben Impulse, setzen Zeichen und sind extrem selbstbewusst. „Die Jungs sind schon so cool. Sie wissen genau, was sie können und nicht können. Wichtig ist, dass die Jungs bei sich und demütig bleiben, da haben wir aber keinen Kandidaten, der gefährdet ist“, sagt Nationalspieler Florian Neuhaus, mit 24 im Altersmittelfeld in Gladbach und zuletzt ein „Opfer“des gelebten Jugendstils, denn seinen Job im zentralen Mittelfeld bekam der vier Jahre jüngere Koné.
Klar ist: Junge Spieler im Kader sind gut, aber junge Spieler, die auch auf dem Platz stehen, sind viel besser. Natürlich haben die Ausfälle oder Leistungslöcher der Etablierten die Tür aufgemacht für die „Fohlen“, doch sie haben die Chance auch konsequent genutzt. „Sie präsentieren sich erfrischend und mutig. Insgesamt heizen sie den Konkurrenzkampf an, das macht uns als Mannschaft stärker“, beschreibt Hütter die Effekte der Verjugendlichung.
Allerdings müssen sich auch die Jungspunde ihre Einsätze immer wieder verdienen. Hütter stellt nicht nach Namen oder Verdiensten auf, aber auch Jugendlichkeit ist keine Garantie. Es geht dem Trainer um Qualität und den Mix, der Erfolg bringt: Wie zuletzt gegen den BVB, als er Tony Jantschke brachte, um Netz Sicherheit zu geben. „Die Jungs werden nicht frei von Formund Entwicklungsschwankungen sein. Aber Adi Hütter scheut sich nicht, den jungen Leuten auch in den wichtigen Spielen Einsatzzeiten zu geben – und das ist auch gut so“, sagt Eberl.