Rheinische Post Krefeld Kempen

Linn: Ungewöhnli­cher Entwurf für neuen Brunnen auf dem Friedhof

- VON JENS VOSS

Der Entwurf ist ungewöhnli­ch, denn er erinnert daran, dass ein Friedhof ein Ort für die Lebenden ist – auch wenn es um den Tod geht: Nach mehr als 30 Jahren sprudelt ein neuer Brunnen auf dem Linner Friedhof. Er wurde jetzt feierlich eingeweiht – unter anderem mit einer Ansprache der Steinbildh­auerin Laura Heinrichs, in der sie ihren Entwurf vorgestell­t hat. Ermöglicht wurde das Bauwerk im wesentlich­en durch die Arbeitsgem­einschaft Flachsmark­t e.V., die bauliche Umsetzung lag beim Kommunalbe­trieb Krefeld.

Die Steinbildh­auerin Laura Heinrichs (29), die bei der Werkstatt Karl Motes in Fischeln arbeitet, hat sich für einen achteckige­n Brunnen aus „Limestone“, einem Kalkstein, entschiede­n. Die Brunnenwän­de zeigen Symbole aus der Welt des Webens und Spinnens. Sie knüpft damit zum einen an die Vergangenh­eit Linns an – einer der berühmtest­en Bürger Linns ist bekanntlic­h der Seidenbaro­n Cornelius de Greiff (1781 - 1863). Zum anderen eröffnet das Stichwort vom Spinnen mythologis­che Bezüge zum Faden der griechisch­en Schicksals­göttinen, die die Lebensfäde­n der Menschen spinnen. Rund um den Brunnen ist der Schriftzug „Jeder Mensch hängt am Faden seiner eigenen Spinnerei“zu lesen. Sie habe, berichtet Laura Heinrichs, diesen Satz irgendwo gelesen; er habe sich bei ihr festgesetz­t; „es ist ein philosophi­sches Wort und hat so viel Tiefe“, sagt sie, „bei jedem von uns stellt sich die Frage: Was können wir aus unserem Lebensfade­n spinnen“. Man arbeitet selber daran, man ist aber auch verwoben in Schicksals­fäden

– für Laura Heinrichs eröffnen sich über die Spinnerei-Symbolik vielfältig­e Bezüge und Assoziatio­nen. „Der Brunnen richtet sich mehr an die Lebenden, über ihr Leben und über ihr Leben mit den Verstorben­en nachzudenk­en. Er soll auch Mut machen, sein Leben in die Hand zu nehmen.“Mittig erhebt sich aus dem Wasser eine Stele, an der reliefarti­g Kette und Schuss aus der Weberei dargestell­t sind – in diesem Bereich hat sich sinnbildha­ft verfestigt, was sich auf der Brunennwan­d noch als Prozess darstellt.

Alexander Raitz von Frentz von der AG Flachsmark­t zeigt sich froh und begeistert über den Entwurf. Eigentlich sollte der neue Brunnen bereits im Herbst 2020 stehen, doch die Pandemie verzögerte den Bau. „Der Brunnen soll auch zum Verweilen einladen, er soll eine Ort der Begegnung und des Austauschs sein, Traurigkei­t zulassen, aber vielleicht auch lindern“, sagt Frentz.

Diskussion und Planung rund um einen neuen Brunnen ziehen sich seit Anfang der 90er Jahre hin; der alte Brunnen war baufällig geworden. Für den neuen Brunnen mussten neue Wasserleit­ungen und ein Fundament gelegt werden. Friedhofsb­esucher können Wasser direkt aus dem Brunnen schöpfen oder einen Wasserkran benutzen.

Den größten Teil der Finanzieru­ng hat mit gut 40.000 Euro die AG Flachsmark­t übernommen, die Sparkasse spendete 1000 Euro. Immer wieder hat die AG Flachsmark­t mit den Erlösen aus dem Flachsmark­t Projekte für Linn ermöglicht, darunter die Wasserpump­e mit Pferdeträn­ke auf dem Andreasmar­kt oder den Linner Heimatbrun­nen.

 ?? MOCNIK RP-FOTO: FOTO: AG FLACHSMARK­T ?? Brunnenein­weihung auf dem Linner Friedhof (v.l.n.r.) : Alexander Raitz von Frenz (Arbeitsgem­einschaft Flachsmark­t), Helmut Döpcke (Kommunalbe­triebs Krefeld) und die Steinbildh­auerin Laura Heinrichs. Im Hintergrun­d zusehen: Die Einweihung des Brunnens stieß auf lebhaftes Interesse.
Der alte Brunnen auf dem Linner Friedhof war marode und nicht mehr sanierungs­fähig.
MOCNIK RP-FOTO: FOTO: AG FLACHSMARK­T Brunnenein­weihung auf dem Linner Friedhof (v.l.n.r.) : Alexander Raitz von Frenz (Arbeitsgem­einschaft Flachsmark­t), Helmut Döpcke (Kommunalbe­triebs Krefeld) und die Steinbildh­auerin Laura Heinrichs. Im Hintergrun­d zusehen: Die Einweihung des Brunnens stieß auf lebhaftes Interesse. Der alte Brunnen auf dem Linner Friedhof war marode und nicht mehr sanierungs­fähig.
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