Rheinische Post Krefeld Kempen
Ärzte: Über Drittimpfung informieren
Im Kreis Viersen haben die Auffrischungsimpfungen für Menschen begonnen, deren zweite Coronaschutzimpfung mindestens sechs Monate zurückliegt. Das Angebot richtet sich nicht nur an Ältere. Was Patienten wissen müssen.
KREIS VIERSEN Einige tausend Menschen im Kreis Viersen haben inzwischen eine dritte Impfung gegen das Coronavirus erhalten: Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) bekamen bislang 4139 Personen die Auffrischungsimpfung. Unter ihnen sind Menschen jeden Alters, auch das geht aus der Statistik der KVNO hervor. So sind beispielsweise 78 Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren darunter. Denn die Auffrischungsimpfung wird nicht nur für ältere Menschen empfohlen, sondern auch für Jüngere, etwa wenn sie bestimmte Vorerkrankungen haben. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wer soll eine Auffrischungsimpfung bekommen? Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat empfohlen, Menschen mit geschwächtem Immunsystem etwa sechs Monate nach der Covid-19-Grundimmunisierung eine zusätzliche Impfung mit einem mRNA-Impfstoff anzubieten – das sind die Impfstoffe der Hersteller Biontech-Pfizer sowie Moderna. Dabei beruft sich die Stiko auf Studienergebnisse, die zeigen, dass Immunschwache oftmals schlechter auf die Corona-Impfung ansprechen. Damit ist bei ihnen das Risiko für einen schweren oder lebensbedrohlichen Krankheitsverlauf höher. Für weitere Bevölkerungsgruppen gibt es noch keine Stiko-Empfehlung, sie will dazu in den kommenden Wochen eine Entscheidung treffen. Doch auch ohne Stiko-Empfehlung können sich weitere Bevölkerungsgruppen ein drittes Mal impfen lassen: Die Auffrischungsimpfungen sind nach der geltenden Corona-Impfverordnung und den Beschlüssen der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) schon möglich. Die GMK hatte die sogenannte Booster-Impfung nach frühestens sechs Monaten für Bewohner und Personal in Pflegeheimen und anderen Betreuungseinrichtungen für vulnerable Gruppen empfohlen – also etwa in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder Demenz-WGs – sowie für Über-60-Jährige und für Personen, die bereits mit Vektorimpfstoffen ( Johnson & Johnson oder Astrazeneca) vollständig geimpft wurden oder nach einer Genesung einen Vektor-Impfstoff erhielten.
Wie werden die Bewohner in Pflegeeinrichtungen geimpft? In der Regel über ihren Hausarzt, berichtet Arndt Berson, Vorsitzender der Kreisstelle Viersen der KVNO und Leiter der Impfkampagne im Kreis Viersen. Allerdings sei der Aufwand für die Hausarztpraxen hoch, die je nach Anzahl der in einem Pflegeheim betreuten Bewohner die entsprechende Anzahl an Impfdosen dorthin transportieren müssten. So lassen sich aus einem Vial sechs Impfdosen gewinnen – der Hausarzt, der also nur drei Dosen für seine Patienten
im Heim braucht, muss überlegen, an wen er die übrigen drei Dosen verimpfen kann. Denkbar sind nach Absprache Impfungen durch eine Praxis, wie sie Berson und Kollegen nun in Kempen im St.-PeterStift und im Von-Broichhausen-Stift ab Mitte dieser Woche planen. Auch andere Hausarztpraxen im Kreis Viersen planten jetzt Impfungen in Pflegeheimen.
Erhalten auch Pflegekräfte die Auffrischungsimpfung? Ob Pflegepersonal bei Impfaktionen in Einrichtungen mitgeimpft wird, liege im Ermessen des impfenden Arztes, erklärt Berson. Man müsse das Risiko für jeden individuell abwägen, „aber ich bin dafür, dass Pflegende geimpft werden, denn sie sind damals ja auch gleichzeitig mit den Senioren geimpft worden.“Was die GMK unter „vulnerabel“verstehe, sei nicht weiter ausgeführt, so Berson,
„deshalb müssen wir sehen, wie wir generell mit den Drittimpfungen umgehen.“Auch Mitarbeiter in Arztpraxen könnten eine dritte Impfung erhalten.
Warum ist die Zahl der Auffrischungsimpfungen bislang so niedrig? Der Druck sei inzwischen ein anderer, meint Berson. Denn formal gelte jeder, der die zweite Impfung bekommen habe, als vollständig geimpft. Auch im Impfzentrum habe sich gezeigt, dass die Nachfrage nach Drittimpfungen eher gering sei, „in einer Woche waren es 65, das ist erschreckend wenig“, sagt der Kempener Mediziner. Für einen vollständig geimpften Konzertbesucher etwa sei das Risiko, sich anzustecken, relativ gering, so Berson. Gleichwohl wisse man nicht, wie lange der Impfschutz anhalte. Die Stiko werde ihre Empfehlungen anhand von Studien laufend aktualisieren. Er appelliert deshalb an Patienten, mit ihrem Arzt Rücksprache zu halten, ob eine Auffrischungsimpfung für sie sinnvoll sei. Berson: „Wir haben genügend Impfstoff da.“