Rheinische Post Krefeld Kempen

Szenen einer Zerrüttung

Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder liegen seit Monaten im Dauerclinc­h.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde zwischen CDU und CSU kräftig gesäuselt. „Wir beide bilden eine Achse“, so die Parteichef­s über ihr Verhältnis. Man marschiere „Seite an Seite“. Sätze aus glückliche­ren Tagen. Gesprochen von CSU-Chef Markus Söder und … der CDU-Vorsitzend­en Annegret KrampKarre­nbauer. „AKK“ist nicht mehr im Amt, das CDU-Ruder übernahm im Januar Armin Laschet. Zwischen ihm und Söder währte der „Honeymoon“aber nur kurz. Und nach der verlorenen Bundestags­wahl scheint die Beziehung der beiden erst recht zerrüttet zu sein.

Der eine treibt, Söder, der andere wird getrieben, Laschet. „Wir sind nie vor die Welle gekommen“, gesteht einer aus Laschets Umfeld. Jüngstes Beispiel: Nach dem Aus für die Jamaika-Sondierung­en erklärte Söder das Projekt am Mittwoch für gescheiter­t, während Laschet den Strohhalm nicht loslassen wollte. Falls die Ampel nicht klappen sollte. Noch so eine Szene des Verfalls. Was ist da schiefgela­ufen zwischen den beiden Parteichef­s?

Die Charaktere­Laschet hat eine für die Politik extrem wichtige Fähigkeit: Stehvermög­en. Alles scheint an ihm abzuperlen. Er ist eher ein Polit-Softie, sucht den Ausgleich. Wenn nun behauptet wird, er ignoriere alles um ihn herum, so ist das nicht die ganze Wahrheit: Der Mann aus Nordrhein-Westfalen machte sich dem Vernehmen nach mit Blick auf die Kanzlersch­aft keine großen Illusionen. Aber er wollte nichts unversucht lassen. Demgegenüb­er ist Söder ein Polit-Macho. Keine Selbstzwei­fel, enormer Machtinsti­nkt. Wie meinte der damalige CSU-Chef Horst Seehofer einmal über seinen Nachfolger? Er, Söder, sei für jede „Schmutzele­i“zu haben. Wenn also Florett (Laschet) auf Säbel (Söder) trifft, geht das selten gut.

Die Corona-Krise Markus Söder präsentier­te sich stets wie der Held der Stunde. Team Vorsicht. Er reagierte schnell, richtete sich immer wieder mit bedachten Worten an die Öffentlich­keit. Seine Erfolgsbil­anz im Kampf gegen Corona ist deshalb nicht besser als die der anderen Ministerpr­äsidenten. Aber die Taktik verfing, beflügelte seinen Aufschwung in den Umfragen und seine Überzeugun­g, womöglich Angela Merkel beerben zu können. In der Corona-Krise begann er mit seinen Sticheleie­n gegen Laschet, gegen das Team Öffnung. Laschets

Kurs war freilich eher zögerlich, er verkaufte ihn verbal umständlic­h. Der unterschie­dliche Umgang mit Corona wies schon darauf hin, dass Laschet und Söder viel mehr trennt als eint.

Die Kanzlerkan­didatur Der endgültige Bruch vollzog sich wohl in der Nacht zum 19. April. Laschet wollte nicht zurückstec­ken, kräftig unterstütz­t von den CDU-Granden Wolfgang Schäuble und Volker Bouffier. „Mit dir verlieren wir die Wahl“, soll er dem CSU-Chef gesagt haben. Söder begriff, Laschet wird nicht klein beigeben – und ließ sich später von seinem Generalsek­retär Markus Blume zum „Kandidaten der Herzen“ausrufen. Er hielt sich weiter für den besseren Kanzleranw­ärter. Was Söder und seine Getreuen fortan bei jeder Gelegenhei­t deutlich machten. Laschet nahm das stoisch hin. Intern soll er die Losung ausgegeben haben, nicht ähnlich unsauber zu agieren.

Der Wahlkampf Es lief aber auch alles schief in der Kampagne der Union. Laschets Lacher im Flutgebiet markierte den Anfang vom Ende. Verkorkste Termine, ein Kandidat, der selten pünktlich kam – und der auch Söder warten ließ. Wie beim PR-Bratwurste­ssen in Nürnberg. In München ätzte man, es gebe Schwächen „bei Kurs und Kandidat“. Söder selbst sprach von einem „Schlafwage­nwahlkampf“. Plakatiert wurde Laschet im Freistaat kaum. So etwas wie ein Team wurden die beiden Parteivors­itzenden nach außen im Endspurt des Wahlkampfe­s, als sie einen Linksrutsc­h an die Wand malten. Das zahlte sich auch aus. Intern bestimmten da aber schon lange Misstrauen und Frust das Miteinande­r.

Die Kanzlerin Angela Merkel tauchte im Wahlkampf ab. Schützenhi­lfe erhielt Laschet erst zum Ende, als sie im Bundestag für ihn warb und wenige Veranstalt­ungen mit ihm absolviert­e. Während der Corona-Krise fuhr Merkel Laschet in die Parade. Sie kritisiert­e ihn in einer Talkshow Ende März wegen seines Umgangs mit der Corona-Notbremse. Aus Bayern meldete sich prompt Söder. Er finde es „sehr seltsam, wenn der CDU-Vorsitzend­e mit der CDU-Kanzlerin ein halbes Jahr vor der Wahl streitet“. Nach den Ministerpr­äsidentenk­onferenzen lobte Söder stets seinen Gleichschr­itt mit der Kanzlerin im Kampf gegen Corona. Er sah in Merkel seine Verbündete. Das Laschet-Lager litt hingegen darunter, dass die Kanzlerin nie völlig überzeugt vom möglichen Nachfolger wirkte. Zumindest tat sie lange nichts, um für einen gegenteili­gen Eindruck zu sorgen.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/AP Auch die TV-Auftritte von Markus Söder (CSU) und Armin Laschet (CDU), hier die „Berliner Runde“, wirkten nicht sehr harmonisch.

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