Rheinische Post Krefeld Kempen
„Dauerhafte gemeinsame EU-Anleihen auf den Tisch“
Die Ampel leuchtet, Söder hat Jamaika quasi beerdigt: Steht Scholz mit einem Fuß im Kanzleramt? TRITTIN Wir sondieren jetzt, ob wir mit SPD und FDP in Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer Regierung eintreten können, die Deutschland auf einen belastbaren Pfad zum 1,5-GradKlimaschutzziel bringen kann. Nicht mehr und nicht weniger. Wir sprechen ergebnisoffen.
Ändert Laschets möglicher Rückzug etwas an den Chancen für Jamaika? TRITTIN Wir haben die Entscheidung mit Blick auf den Zustand der Union und vor allem in der Sache getroffen. An beidem ändert sich ja nichts.
Bedeutet das zwingend einen früheren Kohleausstieg als 2038?
TRITTIN Wenn man allein die Ziele des von der jetzigen großen Koalition beschlossenen Klimaschutzgesetzes ernstnimmt, dann würden wir diese Ziele mit einem Kohleausstieg erst 2038 nur mit massiven Einschränkungen bei Industrie und Bürgern erreichen. Das kann man nicht wollen. Es muss schneller gehen. Wie schnell, auch darüber werden wir mit SPD und FDP sprechen. Wir haben in früheren Koalitionsverhandlungen oft gehört, was nicht geht. Jetzt möchten wir hören, was geht.
Die Grünen wollen viel Klimaschutz, viel Umverteilung, viele Investitionen.
Wie wollen Sie das bezahlen?
TRITTIN Alle drei beteiligten Parteien sind der Auffassung, dass die Investitionsfähigkeit Deutschlands in Infrastruktur und Digitalisierung gestärkt werden muss. Wie diese Ausgaben gegenfinanziert werden, darüber gibt es bekanntermaßen unterschiedliche Auffassungen. Ob die zu überbrücken sind, werden wir sehen. Ich nehme erfreut zur Kenntnis, dass alle drei Parteien, die an den Sondierungen beteiligt sind, im Wahlkampf Entlastungen gerade für Familien mit Kindern und Geringverdiener versprochen haben. Wenn man sich darin einig ist, wird man sich darüber unterhalten, wie das bezahlt werden kann, und gleichzeitig die Investitionsfähigkeit zu erhalten.
Wie würde sich eine Ampel-Regierung in der Außen- und Sicherheitspolitik aufstellen?
TRITTIN Wir werden uns auf ein außenpolitisches Programm des Aufbruchs verständigen müssen – wir brauchen eine aktive Energieaußenpolitik, Initiativen zur Begrenzung von Rüstungsexporten. Ich sehe bei allen drei Parteien ein klares Bekenntnis zum Multilateralismus, zur transatlantischen Freundschaft und zur Stärkung der EU. Über die Frage, wie man dieses Europa besser zusammenhält, wird es sicher schwierige Gespräche geben. Da kommt dann sicher die Frage dauerhafter gemeinsamer europäischer Anleihen auf den Tisch.