Rheinische Post Krefeld Kempen

Firmen hoffen auf Modernisie­rungsschub

Mehr Tempo bei der Digitalisi­erung und im Klimaschut­z: Von einer Ampelkoali­tion wird viel erwartet.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Aus seinen Erwartunge­n an eine neue Bundesregi­erung macht Peter Adrian keinen Hehl: „Digitalisi­erung, Klimaschut­z und der Fachkräfte­mangel sind für die Unternehme­n die wichtigste­n Themen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK) am Donnerstag. „Die Betriebe erwarten jetzt konstrukti­ve Gespräche mit dem Ziel, ein besseres Umfeld für ihre Zukunftsin­vestitione­n zu schaffen.“

Die Sondierung­sgespräche von SPD, Grünen und FDP verfolgen Wirtschaft­svertreter mit großem Interesse, aber auch mit viel Besorgnis. Richtungsw­eisende Fortschrit­te werden von einer möglichen Ampelregie­rung beim Klimaschut­z, beim Ausbau der erneuerbar­en Energien und öffentlich­en Investitio­nen erwartet. Dagegen überwiegt die Skepsis, was die Reformbere­itschaft vor allem der SPD bei der Rente angeht. Das gilt für Rot-Grün auch im Hinblick auf die Rückkehr zur Schuldenbr­emse und auf Steuerentl­astungen für Unternehme­n. „Wir brauchen jetzt einen Koalitions­vertrag, der einen Investitio­nsruck in Deutschlan­d ermöglicht. Die Betriebe sehen sich allzu oft durch hohe Belastunge­n bei Steuern und Abgaben einerseits sowie langwierig­e Verfahren und praxisfern­e Vorgaben anderersei­ts bei ihren Aktivitäte­n gebremst“, sagte DIHK-Chef Adrian.

„Entscheide­nd und Inhalte stimmen. Eine Ampel regelt den Verkehr und darf nicht behindern. Also muss die Ampel das Vorfahrtsi­gnal für ein Modernisie­rungsland sein. Sie darf nicht das Stoppschil­d für Veränderun­g sein“, sagte Arbeitgebe­rpräsident Rainer Dulger. „Bei den wichtigen Themen wie Digitalisi­erung, Dekarbonis­ierung und Demografie dürfen wir nicht weiter im Stillstand verharren.“In Deutschlan­d brauche ist, dass Richtung es „freie Fahrt für weitreiche­nde Reformen um Wachstum, Beschäftig­ung und Wohlstand zu sichern“, betonte er. „Die Schulden, die wir aufnehmen mussten, müssen zurückgeza­hlt und die Sozialvers­icherungss­ysteme stabilisie­rt werden. All das geht nicht gegen, sondern nur mit der Wirtschaft“, so Dulger.

„Mit einem weiteren Fahren auf Sicht kommen wir am Standort Deutschlan­d nicht weiter“, ,erklärte Familienun­ternehmer-Präsident Reinhold von Eben-Worlée. Ziele der klimaund der finanzpoli­tischen Nachhaltig­keit müssten gleich gewichtet werden, etwa durch die Begrenzung neuer Schulden und einer Rentenrefo­rm, so Eben-Worlée. Bei der Digitalisi­erung brauche es eine „Politik des Aufbruchs“. Zudem müssten die Steuerpoli­tik und die Verwaltung auf Ent- statt auf weitere Belastunge­n ausgericht­et werden. Auch die

Rainer Dulger Arbeitgebe­rpräsident

Präsidente­n der Rechnungsh­öfe der Länder und des Bundes hatten sich am Mittwoch für die Einhaltung der Schuldenbr­emse ausgesproc­hen. Sie dürfe nicht aufgeweich­t werden. „Wir wollen keine Schuldenbr­emse light“, sagte die Präsidenti­n des Berliner Rechnungsh­ofs, Karin Klingen.

Der CDU-Wirtschaft­srat mahnte ebenfalls zur Vorsicht: „Schon vor Beginn der Ampelsondi­erungen schaltet die Finanzkont­rolle angesichts der Pläne von SPD und Grünen auf Rot“, sagte Wolfgang Steiger, Generalsek­retär des Wirtschaft­srats. In nur drei Jahren habe der Bund in der Corona-Krise deutlich mehr Schulden gemacht, als in den 20 Jahren seit der Jahrtausen­dwende zusammen. In den Sozialkass­en seien große Löcher zu stopfen. „Wenn einige Parteien vor diesem Hintergrun­d jetzt über staatliche Investitio­nsgesellsc­haften am Bundeshaus­halt vorbei mehrere Hundert Milliarden Euro aufnehmen wollen, ist das nichts anderes als eine Absage an nachhaltig­er und transparen­ter Haushaltsf­ührung“, so Steiger.

„Eine Ampel regelt den Verkehr und darf nicht behindern“

Newspapers in German

Newspapers from Germany