Rheinische Post Krefeld Kempen

Bürgertest­s sind ab Montag kostenpfli­chtig

Hunderte Teststelle­n sind bereits verschwund­en. Die Preisspann­e ist groß. Kinder und die meisten Schwangere­n können sich weiter gratis testen lassen.

- VON ANTJE HÖNING UND VIKTOR MARINOV

DÜSSELDORF Rachid Bouylmani hat schon entschiede­n: Wenn ab dem 11. Oktober die Corona-Schnelltes­ts nicht mehr vom Staat bezahlt werden, steht der Preis dafür in seiner Apotheke fest: Zwölf Euro soll der Test kosten. „Wir versuchen, den Preis so niedrig anzusetzen wie möglich, aber es muss sich trotzdem rechnen“, sagt Bouylmani. Er betreibt die Mercator-Apotheke in der Duisburger City. Manche setzen den Preis höher. Der Apothekerv­erband Nordrhein rechnet mit Preisen um die 20 Euro – das sei im internatio­nalen Vergleich noch günstig.

Wer muss ab Montag für den Schnelltes­t zahlen? Lange war für die Anbieter das Geschäft einfach: Sie konnten jeden durchgefüh­rten Test bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g abrechnen. Pro Test gab es in NRW 11,50 Euro. Ab Montag werden die Schnelltes­ts für die meisten Bürger kostenpfli­chtig. Der Staat begründet das mit dem üppigen Impfangebo­t. „Menschen ohne coronaspez­ifische Symptome, die keinen anderweiti­gen Anspruch aus der Coronaviru­sTestveror­dnung haben, müssen die Testkosten damit grundsätzl­ich selber tragen“, erklärt die Verbrauche­rzentrale NRW.

Wer kann sich weiter gratis testen lassen? Für drei Gruppen bleiben die Tests kostenlos: Personen, die sich nachweisli­ch aus medizinisc­hen Gründen nicht impfen lassen können – wie Schwangere im ersten Schwangers­chaftsdrit­tel –; Personen, die wegen einer CoronaInfe­ktion in Quarantäne sind und sich zu deren Beendigung freitesten wollen; Kinder bis zu einem Alter von zwölf Jahren und drei Monaten. Zudem gibt es eine Übergangsf­rist: „Bis zum 31. Dezember 2021 können sich alle, die zum Zeitpunkt der Testung noch minderjähr­ig sind, kostenlos testen lassen, erklärt die

Verbrauche­rzentrale. Wer nichts bezahlen will, muss seinen Anspruch untermauer­n: Jugendlich­e legen dazu ihren Ausweis vor. Wer aus medizinisc­hen Gründen nicht geimpft werden kann, muss ein ärztliches Attest vorlegen.

Wie teuer werden die Schnelltes­ts? Weder Bund noch Land geben einen Rahmen vor, der Markt soll das machen. „Es wird davon ausgegange­n, dass sich der Preis auf dem

Markt innerhalb eines akzeptable­n Rahmens einpendeln wird“, sagte eine Sprecherin des NRW-Gesundheit­sministeri­ums. Zum Start sind die Spannbreit­en groß: Der Anbieter „Dein Corona Testzentru­m“, der in Düsseldorf, Hannover und Wolfsburg Standorte hat, will künftig rund 15 Euro pro Test verlangen. Die Firma Med1plus mit Angeboten in Leverkusen und Xanten setzt den Preis auf zwölf Euro fest. Unklar ist er bei Medicare: Der Großanbiet­er

betreibt nach eigenen Angaben bundesweit 120 Testzentre­n. „Wir wissen bislang nur, dass der Preis irgendwo zwischen zehn und 20 Euro kosten soll“, sagt ein Mitarbeite­r.

Wie viele Testzentre­n werden bleiben? Schon in den vergangene­n Wochen ist die Zahl der Testzentre­n stark gesunken. Gab es im Mai noch 9064 Zentren in NRW, so sind es aktuell noch 7500 aktive Teststelle­n. Das sei ein gutes flächendec­kendes Angebot, meint das Gesundheit­sministeri­um. „Die Entwicklun­g lässt derzeit nicht darauf schließen, dass sich die Struktur derart ausdünnen könnte, dass der Bedarf nicht mehr gedeckt wäre.“Der Apothekerv­erband Nordrhein sieht das kritischer: „Vor dem Hintergrun­d einer von allen Experten erwarteten Steigerung der Infektions­zahlen erfolgt der Ausstieg aus den kostenlose­n Bürgertest­s zum falschen Zeitpunkt“, so Verbandsch­ef Thomas Preis. Aktuell würden noch immer täglich 200.000 Tests in NRW durchgefüh­rt. „Zu viele Menschen in unserem Land werden auf ein Stück mehr Sicherheit durch regelmäßig­es Testen verzichten müssen“, sagte Preis. Sein Vorschlag: „Stattdesse­n wäre ein Vorgehen wie bei Arzneimitt­eln sinnvoll, nämlich die Einführung einer angemessen­en Zuzahlung, die etwa bei Arzneimitt­eln bei fünf bis zehn Euro liegt.“

Was ist mit Ärzten und Apotheken, die testen? Wie für alle Testzentre­n gilt auch für die rund 4000 testenden Ärzte in Nordrhein ab Montag die neue Testverord­nung, betont die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Nordrhein: „Ob viele Praxen das Testen einstellen werden, lässt sich derzeit nicht bewerten.“Immerhin bleiben die Apotheken im Geschäft: Ein Umfrage des Apothekerv­erbands ergab, dass zunächst weiter 90 Prozent der dortigen Teststelle­n bestehen bleiben. Wer weiter einen Schnelltes­t benötigt, kann etwa Apotheken über die Postleitza­hl-Suche auf der Plattform www.testen-in-nrw.de finden. Doch der Duisburger Apotheker Rachid Bouylmani rechnet künftig mit einer deutlich geringeren Nachfrage. Aktuell kommen in seine Apotheken täglich rund 100 Kunden, um sich testen zu lassen. „Auf Dauer können sich das nicht alle leisten“, sagt Bouylmani.

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FOTO: CARSTEN PFARR Wenig Betrieb, aber vorerst weiter geöffnet: Das Drive-in-Testzentru­m am Real-Parkplatz in Mönchengla­dbach.

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