Rheinische Post Krefeld Kempen
Stadt unterliegt in Leipzig vor Gericht
Die Klage der Stadt Krefeld gegen den Weiterbau der 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung durch Benrad und Tackheide vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig blieb erfolglos. Netzbetreiber Amprion kann nun mit neun Jahren Verspätung den Bau der Freileitung fertigstellen.
Nach gut neun Jahren hat der Netzbetreiber Amprion am Donnerstag grünes Licht für den Bau seiner 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitung durch Benrad und Tackheide in Krefeld erhalten. Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat eine Klage der Stadt Krefeld gegen einen so genannten ergänzenden Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung gestern abgewiesen.
Der angegriffene Beschluss, so ein Gerichtssprecher aus Leipzig, genehmige Bau und Betrieb einer 380-kV-Höchstspannungsfreileitung zwischen den Punkten Fellerhöfe und St. Tönis. Für die etwa 7,3 Kilometer lange Leitung sollten 23 Masten mit einer Höhe zwischen 57,6 Meter und 71,5 Meter neu errichtet werden. Auf ihrem nördlichen Teilstück solle die Leitung östlich einer Bestandsleitung in der Nähe der Wohnbebauung verlaufen. Die Stadt Krefeld sei Eigentümerin mehrerer zum Wohnen genutzter Grundstücke in diesem Bereich, die für Schutzstreifen in Anspruch genommen werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte einen ersten Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2012 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353), weil keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden war. Die Behörde holte diese Prüfung in einem ergänzenden Verfahren nach, das sie im Juni 2019 mit einem Planergänzungsbeschluss abschloss (wir berichteten).
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Klage der Stadt Krefeld sei erfolglos geblieben, so der Gerichtssprecher gestern. Beachtliche Verfahrensfehler habe das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt. Dass in der Bekanntmachung der öffentlichen Auslegung der Unterlagen die Angabe einer Internet-Adresse gefehlt habe, bleibe rechtlich folgenlos. Im ergänzenden Verfahren habe kein Erörterungstermin durchgeführt werden müssen. Die Abwägungsentscheidung verletze die Stadt Krefeld nicht in eigenen Rechten. Die Planung habe sich gegen eine Führung der Leitung westlich der Bestandstrasse entscheiden dürfen. Denn die planfestgestellte Trasse sei durch eine frühere Leitung vorbelastet gewesen, könne in einem engeren Verbund mit einer Bestandstrasse geführt werden und bedürfe keiner technisch aufwändigen Leitungskreuzung. „Diesen Gesichtspunkten durfte die Behörde gegenüber den Belangen der Stadt Krefeld als Grundeigentümerin den Vorrang einräumen. Weiterer Ermittlungen bedurfte es insoweit nicht“, so das Bundesverwaltungsgericht. Zur Geltendmachung von Belangen der Wohnbevölkerung sei die Stadt Krefeld nicht berufen gewesen, heißt es weiter (BVerwG 4 A 9.19 - Urteil vom 7. Oktober 2021).
Laut Auffassung der Krefelder Politik und Verwaltung ist die Stromleitung zu nahe an der Wohnbebauung. Das finden auch die Bürgervereine in Tackheide und Benrad. 2013 fehlte vor allem eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Im zweiten Anlauf wurden die Versäumnisse nachgebessert.
Der aktuelle Stand der Bauarbeiten ist wie folgt: Der mittlere Abschnitt im Bereich der Querung der Anrather Straße sei beseilt worden,
aber im südlichen und im nördlichen Leitungsabschnitt sei keine Beseilung vorhanden. Im nördlichen Abschnitt seien drei Masten noch nicht errichtet worden. Bislang sei keine Einbindung in das Stromnetz erfolgt, informierte die Stadt unlängst.
„Der nun gültige Ergänzungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf stellt im Kern fest, dass die Erkenntnisse aus dem ergänzenden Verfahren einschließlich der nachgeholten Umweltverträglichkeitsprüfung das bisherige Abwägungsergebnis und somit den im Jahr 2012 getroffenen Planfeststellungsbeschluss bestätigen“, schrieb Amprion vor Monaten. Nun kann schon in der kommenden Woche weiter gebaut werden. Ab Mitte Oktober werde Amprion die letzten drei Masten errichten und die fehlenden Abschnitte beseilen.
„Wir waren sehr zuversichtlich, dass die Klage in allen Punkten abgewiesen wird und wir die wichtige Stromverbindung zeitnah fertigstellen können“, sagte Projektsprecherin Anne Frentrup. Das Bundesverwaltungsgericht hätte den Antrag aus Krefeld im vorausgegangenen Eilverfahren bereits abgelehnt – mit der Begründung, dass die Klage im Hauptsacheverfahren voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben werde. „Wir freuen uns, dass nun Klarheit herrscht und hoffen, dass wir auf dieser Basis gut mit den betroffenen Städten zusammenarbeiten und den Dialog konstruktiv fortführen werden“, erklärte Anne Frentrup.
„Wir freuen, uns, dass das Gericht unsere Auffassung bestätigt und unseren Planfeststellungsbeschluss für rechtmäßig erklärt hat“, sagte Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher.