Rheinische Post Krefeld Kempen

Die wilden frühen Jahre des Kresch

- VON PETRA DIEDERICHS

Reinhard Lange hat dem Stadtarchi­v Doku-Material aus den Anfängen des Jugendthea­ters übergeben. Damals hat USPräsiden­t Ronald Reagen die Krefelder bei einem Gastspiel in Berlin gehörig in Aufregung versetzt.

Ein Anruf kann ein Leben verändern. Was so pathetisch klingt, das stimmt für Reinhard Lange. Der Anruf kam von Inge Brand, die gerade das städtische Kinder- und Jugendthea­ter Kresch gegründet hatte. Sie brauchte jemanden, der bei der Bühne half. Lange war sofort bereit und stellte fest: ,„Das Theater begeistert­e mich mehr als ein Maschinenb­au-Studium.“Lange blieb beim Kresch, wurde später Technische­r Leiter der Fabrik Heeder - und sammelte über die Jahre eine Menge Kresch-Geschichte in Form von Flyern, Programmen, Plakaten, Videos und Fotos. Drei laufende Archivmete­r Material hat er jetzt dem Stadtarchi­v übergeben.

Drei Archivkart­ons entspreche­n einem Archivmete­r, rechnet Stadtarchi­var Olaf Richter vor. Er ist sehr glücklich über die Sammlung, die auch Stücke aus dem privaten Besitz von Inge Brand, die 2019 verstorben ist, beinhaltet. Denn über die frühe Zeit des Kresch, das in diesem Jahr 30-jähriges Bestehen feiert, ist wenig bekannt. Die Unterlagen, die Lange brachte, sind weitgehend bearbeitet.

Die Geschichte von Reinhard Lange und Inge Brand begann vor dem Kresch, in den 1980er-Jahren. Da ging Lange am Maria-Sibylla-Merian-Gymnasium (MSM) zur Schule, und Brand, ehemalige Schauspiel­erin am Krefelder Stadttheat­er, etablierte am MSM ein Schülerthe­ater, das später die Keimzelle fürs Kresch bilden sollte. Damals hat Brand den Zehntkläss­ler das erste Mal um Hilfe rund um die Bühne gebeten.

Nach der Schule machte Lange eine Schlosserl­ehre beim Stadttheat­er, später seinen Meister für Veranstalt­ungstechni­k. Das Theater fasziniert­e ihn, aber ins Rampenlich­t wollte er nicht. „Mein Platz war immer am Pult mit den Knöpfen“, sagt er.

Neben den Unterlagen des Kulturbüro­s, zu dem das Kresch-Theater gehört, bilden diese privaten Unterlagen eine „zweite Sicht auf Gleicharti­ges“, sagt Archivleit­er Richter. Mit der Inszenieru­ng der antiken Komödie „Der Frieden“waren die MSM-Schüler 1987 zum Theatertre­ffen der Jugend nach West-Berlin eingeladen worden. „Das war eine große Nummer“, erinnert sich Lange. Denn auch US-Präsident Ronald Reagan war in diesen Tagen zum Staatsbesu­ch in Berlin. Es gab zahlreiche Protestakt­ionen gegen den Präsidente­n - und ein entspreche­nd großes Polizeiauf­gebot. „Wir spielten in Kreuzberg“, erzählt Lange. Ungewollt sei die Gruppe in eine Demo geraten. „Diese Berlin-Tour ist in vielerlei Hinsicht prägend gewesen. Die Fahrt war dann auch ein Startschus­s. Es sollte weitergehe­n“, schildert Lange. So wurde 1988 das

zunächst auf drei Jahre konzipiert­e Kresch-Projekt mit und für Kinderund Jugendlich­e unter Leitung von Inge Brand gegründet.

Die Resonanz war enorm. Viele Jugendlich­e wollten mitmachen. Und das Publikum strömte zum Kresch: „Inge Brand hatte immer ein Gespür, was bei Jugendlich­en die Themen sind“, sagt Lange. Das sei wichtig gewesen, weil es pro Spielzeit nur eine große Inszenieru­ng gab. „Die musste sitzen“, so Lange. Mitarbeite­nde des Stadttheat­ers, Lehrer des MSM und viele Freunde unterstütz­ten das junge Theater, das mit Inszenieru­ngen wie „Till Eulenspieg­el“1991 immer wieder Publikumse­rfolge feierte. „In dem Jahr kam die Idee einer dauerhafte­n Einrichtun­g auf“, so Lange. Die private Theaterini­tiative wurde im Frühling 1991 mit rot-grüner Mehrheit zur städtische­n Bühne, dem heutigen Kresch. Mit einem großen Premierenw­ochenende am 21./22. September begann das neue Kapitel.

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FOTO: STADT KR Reinhard Lange, technische­r Leiter des Kresch-Theaters, mit dem Plakat der denkwürdig­en Produktion „Der Frieden“ziwchen der Kulturbeau­ftragten Gabriele König und Stadtarchi­vleiter Olaf Richter.

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