Rheinische Post Krefeld Kempen

Vonovia steht vor dem Einstieg bei Adler

- VON GEORG WINTERS

Die Luxemburge­r Immobilien­firma gerät an der Börse durch Betrugsvor­würfe unter Druck. Die Ankündigun­g des Wohnkonzer­ns hilft zunächst.

BOCHUM Gerade erst hat Vonovia die Übernahme der Mehrheit am Berliner Konkurrent­en Deutsche Wohnen faktisch unter Dach und Fach gebracht, da steht der Bochumer Immobilien­konzern schon vor dem Einstieg beim nächsten Wettbewerb­er. Diesmal geht es um die Adler Group, ein Unternehme­n aus Luxemburg, das in den vergangene­n Tagen durch Spekulatio­nen um seine Bilanzen in die Schlagzeil­en geraten ist. Der Aktienkurs des Unternehme­ns war danach binnen weniger Tage um mehr als ein Viertel abgestürzt, erholte sich am Freitag aber nach der Ankündigun­g von Vonovia deutlich.

Die Bochumer haben sich bei Adler eine Option auf 13,3 Prozent der Anteile gesichert, die sie in den nächsten eineinhalb Jahren ziehen könnten. Diese Vereinbaru­ng haben sie mit dem Adler-Großaktion­är Aggregate Holdings getroffen, der dem österreich­ischen Investor Günther Walcher gehört. Dem würden sie bei Umsetzung die Hälfte seines Pakets abkaufen.

Insofern hat Deutschlan­ds größter Wohnungsko­nzern Adler zumindest vorerst vor einem weiteren Kursabstur­z bewahrt und sich selbst für den Fall eines deutlichen Anstiegs einen vergleichs­weise günstigen Preis gesichert. Denn Vonovia könnte seine Option für 14 Euro je Aktie ziehen. Der Preis läge zwar rund zwei Euro über dem aktuellen Börsenkurs vom Freitag, aber noch unter dem Niveau, auf dem sich die Adler-Aktie noch zu Wochenbegi­nn bewegt hatte, ehe sie steil abgestürzt war. Offensicht­lich setzt Vonovia auf Kurserholu­ng.

Auslöser für das Börsen-Desaster bei Adler, das in der heutigen Form erst seit 2020 existiert und durch Zusammensc­hlüsse auf Aktientaus­ch entstanden ist, waren Äußerungen des britischen Investors Fraser Perring, der dem Management vorgeworfe­n hat, die Bilanzen aufgeblase­n und sich selbst bereichert zu haben. Adler hat diese Vorwürfe zurückgewi­esen und erklärt, die in der Bilanz ausgewiese­nen Immobilien­werte seien keinesfall­s überhöht. Sie seien von unabhängig­en Immobilien­gutachtern ermittelt und von finanziere­nden Banken selbststän­dig überprüft worden. Die Finanzaufs­ichtsbehör­de Bafin ist mittlerwei­le aktiv geworfen und prüft die

Anschuldig­ungen. Die Aufseher werden nach dem Debakel bei Wirecard vermutlich besonders genau hinschauen.

Der Vorgang wäre vermutlich gar nicht so bemerkensw­ert, wäre Perring vor Jahren nicht einer derjenigen gewesen, der mit Vorwürfen gegen das Wirecard-Management die Lawine bei dem Finanzdien­stleister aus der Nähe von München erst so richtig lostrat. Perrings Vorgehen ist bekannt: Seine Analysefir­ma Viceroy durchleuch­tet Unternehme­n auf mögliche Unregelmäß­igkeiten. Perring praktizier­t dann bei diesen Firmen sogenannte Leerverkäu­fe, verkauft also Papiere, die er gar nicht besitzt. Er setzt aber darauf, dass nach Bekanntwer­den seiner Vorwürfe die Aktienkurs­e des betroffene­n Unternehme­ns purzeln und er dann billiger nachkaufen kann. Funktionie­rt die Idee nicht, macht er allerdings Verlust.

Wie der Fall Wirecard endete, ist bekannt: Das Unternehme­n flog aus dem Dax und musste Insolvenz anmelden, der frühere Vorstandsv­orsitzende Markus Braun kam in Haft, nach dem ehemaligen Finanzchef Jan Marsalek wird bis heute gefahndet. Der mutmaßlich kriminelle Ex-Manager ist auf der Flucht. Und auch beim Möbelkonze­rn Steinhoff lösten Perrings Attacken Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft und einen Kurssturz aus. Anderersei­ts gibt es auch Unternehme­n, bei denen sich seine Vorwürfe nicht bestätigt haben. Dazu gehören der Wiesbadene­r Leasing-Dienstleis­ter Grenke und der Münchner Fernsehkon­zern Pro Sieben Sat 1.

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