Rheinische Post Krefeld Kempen

Das alte Verbot wackelt

- VON HAGEN STRAUSS

Die Freigabe von Cannabis & Co. haben SPD, Grüne und FDP in ihren Wahlprogra­mmen stehen. So könnte die Legalisier­ung ablaufen.

BERLIN Die Debatte ist wieder da. Weil die Ampel-Parteien die Freigabe von Cannabis in ihren Wahlprogra­mmen versproche­n haben. Also könnte der alte Slogan „Gebt das Hanf frei“, gerufen vom Ur-Grünen Christian Ströbele 2002 auf der Hanf-Parade in Berlin, bald in einem Koalitions­vertrag stehen. Auch, weil damit die leeren Kassen etwas gefüllt würden. Wer will was? Und wie würde das freie „Kiffen“wohl umgesetzt werden? Dazu Fragen und Antworten.

Was will die SPD?

Die Sozialdemo­kraten wollen eine „regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene“zunächst in Modellproj­ekten von Ländern und Kommunen erproben, begleitet durch Maßnahmen der Prävention. „Zudem werden wir bundeseinh­eitlich regeln, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis strafrecht­lich nicht mehr verfolgt wird“, so die Genossen. Konkreter wird's nicht. Alles in allem sind die Sozialdemo­kraten etwas vorsichtig­er in ihrer Herangehen­sweise

als Grüne und FDP.

Wofür stehen die Grünen?

Die Grünen sagen: „Das derzeitige Verbot von Cannabis verursacht mehr Probleme, als es löst.“Deshalb werde man dem Schwarzmar­kt den Boden entziehen und per „Cannabisko­ntrollgese­tz“einen regulierte­n Verkauf von Hasch & Co in lizenziert­en Fachgeschä­ften ermögliche­n. Unter Beachtung „eines strikten Jugend- und Verbrauche­rschutzes“. Außerdem wollen die Grünen dann klarere Regelungen für die Teilnahme am Straßenver­kehr erlassen. Was genau geplant ist, bleibt offen.

Welchen Vorschlag macht die FDP? Auch sie will eine kontrollie­rte Freigabe von Cannabis. „Wir setzen uns dafür ein, den Besitz und Konsum für volljährig­e Personen zu erlauben“, heißt es im Programm. Der Vertrieb soll ebenfalls über lizenziert­e Geschäfte erfolgen. So könne die Qualität kontrollie­rt, die Weitergabe von verunreini­gten Substanzen verhindert und der Jugendschu­tz gewährleis­tet werden. Und wenn Cannabis ähnlich wie Zigaretten

besteuert würde, könne der Fiskus jährlich bis zu einer Milliarde Euro einnehmen. Doch Vorsicht: Eine zu hoch angesetzte Steuer würde wiederum den Schwarzmar­kt ankurbeln. Davor warnen auch die Liberalen.

Wie könnte denn nun das „Kiffen“für (fast) alle, die wollen, geregelt werden? Im Juni gab es im Bundestag dazu eine Anhörung. Damals waren sich sowohl Sucht- als auch Rechtsexpe­rten einig, wie man vorgehen sollte. Und zwar so: Alle erwachsene­n Menschen in Deutschlan­d sollen Cannabis zu Genusszwec­ken erwerben dürfen; es soll dabei in Apotheken und speziell lizenziert­en Geschäften gekauft werden können.

Standardmä­ßig müssten dann aber auch Informatio­nen zu Risiken und dem Umgang mit der Droge

bereitlieg­en. Klingt einfach, wird im Detail aber komplizier­t umzusetzen sein.

Um welche Mengen würde es gehen? Laut Deutscher Hauptstell­e für Suchtfrage­n sollte die maximale Cannabis-Besitzmeng­e für Privatpers­onen bei 15 Gramm festgelegt werden. Und: Der Anbau von „Genusscann­abis in speziell gesicherte­n Gewächshäu­sern“soll erlaubt werden. Die Strafverfo­lgung würde dann jedenfalls (größtentei­ls) wegfallen. Was stets auch ein Argument der Befürworte­r ist – die Entkrimina­lisierung entlaste die Polizei. Es gibt freilich auch Experten, die genau davor warnen. Weil so der Konsum nur verstärkt werde mit all den möglichen gesundheit­lichen Gefahren.

Wie ist es in anderen Ländern geregelt?

Die Legalisier­ung ist in vielen europäisch­en Ländern noch nicht vorangesch­ritten. Eigentlich auch in den Niederland­en nicht. Dort dürfen Coffeeshop­s zwar bis zu fünf Gramm Cannabis pro Person und Tag verkaufen (nicht an Minderjähr­ige). Grundsätzl­ich sind jedoch sowohl Anbau als auch Verkauf und Konsum in den Niederland­en untersagt – aber eben nicht strafbar. Seit 1976 werden weiche Drogen lediglich geduldet. In einigen Provinzen dürfen Marihuana & Co allerdings nur noch von Bürgern erworben werden, die in den Niederland­en gemeldet sind. Damit soll der Drogentour­ismus gestoppt werden.

Und wie schaut's anderswo aus?

Es gibt Staaten, die weiter sind, wie Uruguay. Das Land ist Vorreiter in Sachen Legalisier­ung. Erlaubt ist der Anbau von bis zu sechs Pflanzen. Für den Privatgebr­auch können Volljährig­e bis zu 40 Gramm Marihuana pro Monat in Apotheken frei erwerben. In Kanada ist seit 2018 Cannabis für alle Kanadier ab 19 Jahren frei. Die Produkte müssen aber einheitlic­h verpackt sein.

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