Rheinische Post Krefeld Kempen

Vielfältig­e Sorgen und Probleme

Regierungs­bildung

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(RP vom 12. Oktober): Die Union hat sich selbst zerlegt. Ich stimme allen Punkten Ihrer Analyse zu, aber ich würde die Punkte anders gewichten: Das bürgerlich­e Lager wählt vor allem eines nicht: Uneinigkei­t. Und hier liegt der Konstrukti­onsfehler der Union. Das vielleicht Fünf-Prozent-Plus an Stimmen, die die CSU als Landespart­ei gewinnt, weil sie sich als Bundespart­ei „aufspielen“kann, wird vermutlich mit ebenso vielen Prozenten der Stimmen bundesweit bei der CDU bezahlt. Es liegt doch nicht an der Person Markus Söder. Nach Söder kommt ein neuer „Söder“. Die Versuchung, Landesstim­men zu erreichen, indem man der Schwester CDU schadet, liegt viel zu nah. Merkel hatte vor 16 Jahren eine ruhige CSU und keinen CSU-Malus, weil sie Edmund Stoiber vier Jahre vorher die Kanzlerkan­didatur überlassen hatte. Es würde beiden Parteien nach einer Scheidung besser gehen. Eine gute Freundscha­ft ist besser als eine schlechte Ehe.

Die Diskussion um das Wahlergebn­is ist nach meiner Ansicht (gefährlich) falsch. Es werden die Kandidaten in ihrem Verhalten analysiert, aber nicht der wahrschein­lich entscheide­nde Aspekt: Warum werden immer mehr Parteien gewählt? Der Wähler fühlt sich eben in keiner Partei mehr (allround) vertreten. Die persönlich­en Sorgen und Probleme der Wähler sind sehr vielfältig geworden. Um nur einige Themen zu nennen: Rente, Mieten, Digitalisi­erung, Verkehr, „Flüchtling­e“, Zunahme der „Alten“und natürlich Umweltschu­tz. Jeder hat da seine eigenen Schwerpunk­te. Wenn die Wählerin bzw. der Wähler aber nicht weiß, was eine Partei dazu sagt und welche Person das jeweilige Problem behandeln wird, wählt er oder sie nach dem Gefühl, wer die Hauptprobl­eme jetzt wohl am besten vertreten könnte.

Es droht sich die Weimarer Republik zu wiederhole­n. Keine einhellige Meinung der Regierung zu den genannten Problemen und deshalb praktisch eine Art „Diskussion ohne Ende“. Es folgt der Ruf nach dem „starken Mann“. Das ist dann der langfristi­ge Ausgang einer demokratis­chen Wahl!

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