Rheinische Post Krefeld Kempen
Politik will Tiere in Plänen berücksichtigen
Die Haltung von drei Hühnern in einem Wohngebiet in Kempen beschäftigt nun auch die Politik. Nach dem dort geltenden Bebauungsplan sind Gehege für Kleintiere nicht erlaubt. Das sei nicht mehr zeitgemäß.
KEMPEN Die neunjährige Emmie aus Kempen hofft weiterhin darauf, ihre drei Hühner Trixi, Susi und Emma behalten zu dürfen. Für die Hennen stellte ihre Mutter Tanja Lange im Garten des Eigenheims im Wohngebiet An der Kreuzkapelle einen kleinen Stall auf. Doch nach dem dort geltenden Bebauungsplan sind Anlagen für die Kleintierhaltung nicht zulässig. Auf die Spur des Hühnerstalls gebracht wurde die Stadtverwaltung durch Lärmbeschwerden aus der Nachbarschaft, die Stadt verlangt nun den Abbau des Stalls. Die Mutter hat sich einen Anwalt genommen, zieht in Erwägung, vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf den Klageweg zu beschreiten.
In den vergangenen Tagen habe sie aus der Nachbarschaft sehr viel Zuspruch erfahren, berichtete Tanja Lange am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion. „Viele Menschen haben uns gesagt, sie verstehen nicht, was man gegen drei Hühner haben kann. Es tut ihnen sehr leid.“Auch Tochter Emmie habe in der Schule viel Unterstützung durch Klassenkameraden und Lehrer erfahren, „die Kinder haben ihr angeboten, mit ihr zu gehen und Unterschriften zu sammeln“. Natürlich hoffe Emmie inständig, die Tiere behalten zu dürfen, sagt Tanja Lange, „es sind so viele Tränen geflossen im letzten Jahr.“Unterdessen beschäftigt das Thema nun auch die Politik. Zum einen treibt so manchen Stadtverordneten die Frage um, „wie man jetzt mit der Situation im Gebiet An der Kreuzkapelle umgeht“, sagt etwa Michael Rumphorst von den Grünen, stellvertretender Vorsitzender im Planungsausschuss des Stadtrats. Zum anderen geht es um die Zukunft: Geht es an die Planung für neue Wohngebiete in der Stadt, will die Politik ein Auge auf die Zulässigkeit der Kleintierhaltung haben. Als es um den Bebauungsplan für das Gebiet An der Kreuzkapelle ging, habe man sich an die Baunutzungsverordnung gehalten, erinnert sich Rumphorst, „wir hatten als Politik damals gar keine andere Möglichkeit.“Doch die Verordnung sei inzwischen überarbeitet worden, der Passus nicht mehr enthalten, „deshalb gibt es auch kein Argument, so etwas in neuen Planungen festzuschreiben“, meint Rumphorst. Schließlich sei die Haltung von Kleintieren für Kinder in vielerlei Hinsicht wichtig, fügt Rumphorst an und versichert: „Für die Zukunft lernen wir daraus, so viel ist klar.“
Das sieht auch CDU-Fraktionschef Jochen Herbst so. Wie Rumphorst schätzt auch er den Umgang mit Tieren als pädagogisch wertvoll ein. Mit Blick auf die Hühner komme der Aspekt der Selbstversorgung hinzu. „Es kann nicht sein, dass Tiere in Wohngebieten durch solche Festsetzungen verboten werden“, sagt Herbst, „das ist nicht mehr zeitgemäß.“Ihm tue es sehr leid, dass die kleine Emmie möglicherweise ihre Hühner werde abgeben müssen. Die Bebauungsplanentwürfe für neue Wohngebiete wolle man sich künftig sehr genau ansehen, erklärt Herbst, „das hat uns jetzt wachgerüttelt.“Auch in der SPD ist das Verbot von Gehegen für Kleintiere derzeit ein Thema, „man kann es auch übertreiben“, fasst SPD-Fraktionsvorsitzender Stefan Kiwitz zusammen. Bürger hätten sich deshalb auch schon an ihn gewandt, berichtet Kiwitz, und er wolle das Thema in die Fraktion mitnehmen, überlegen, ob es Möglichkeiten gebe, den bestehenden Bebauungsplan zu ändern. Die Stadtverwaltung nimmt er in Schutz: Natürlich habe sie der Sache nachgehen müssen, als es Beschwerden gegeben habe. Doch das Ganze sei sehr bedauerlich. Für ihn ist für die künftige Bebauungsplanung klar: „Wir werden das Thema mitnehmen müssen.“So sieht es auch FDP-Fraktionsvorsitzender Bernhard Lommetz: Man müsse definieren, was Kleintierhaltung sei, und dies entsprechend in künftigen Plänen beschreiben. Ob man einen bestehenden Plan ändern kann? „Das ist rechtlich sicherlich sehr schwierig“, meint Georg Alsdorf von den Freien Wählern Kempen. Auch er spricht sich dafür aus, im Zuge künftiger Planungen zu prüfen, inwiefern die Kleintierhaltung im Wohngebiet ermöglicht werden kann, „insbesondere dann, wenn die Tiere keinen Lärm machen.“