Rheinische Post Krefeld Kempen

Vereine müssen „Bayer“streichen

- VON HEINRICH LÖHR

Ab dem 1. Januar 2025 dürfen die Sportverei­ne Bayer nicht mehr im Namen tragen und das Logo nutzen. Wie die Vereine jetzt darauf reagieren und was in den nächsten Monaten alles auf sie zukommt.

KREFELD Wer zu den älteren Semestern gehört, die in Krefeld oder speziell Uerdingen wohnen, erinnert sich: Bei einem Großteil der Sportverei­ne war es selbstvers­tändlich, dass sie Bayer im Namen trugen. „Guck mal, das Turnenzeic­hen“, sagte 1995 mein damals dreijährig­er Sohn, als er irgendwo das Bayerkreuz erblickte. Mit seiner Mutter ging er in eine entspreche­nde Mutter-Kind-Turngruppe des SC Bayer.

Spätestens zum Jahresende müssen jetzt der Name Bayer und auch das markante Bayerkreuz aus den Vereinsnam­en und Logos getilgt werden – teilweise nach weit über 60 Jahren. Ein Angriff auf Identitäte­n, der auch das Ende sämtlicher finanziell­er Zuwendunge­n bedeutet. Eine Entwicklun­g, die 1994 mit dem Rückzug der Bayer AG aus dem Profifußba­ll ihren Anfang nahm.

Betroffen ist auch der am Hökendyk beheimatet­e Reitervere­in Bayer Uerdingen. Allerdings in etwas anderer Form, denn er bekam schon seit zehn Jahren keine finanziell­en Zuwendunge­n mehr von der Bayer AG. „Da wir aber trotzdem mit diesem Namen bekannt sind, haben wir uns entschiede­n, diesen gleichwohl beizubehal­ten und auch das Logo mit dem Bayerkreuz weiterzufü­hren“, sagt der Vorsitzend­e Dirk Händeler. Als stilvoll wurde empfunden, dass die zum Jahresende ausgesproc­hene Kündigung des Vertrages zur Nutzung des Logos persönlich erfolgte. „Auch wenn es insgesamt absehbar war, stellt es gleichwohl eine Zäsur für den 1959 gegründete­n Verein dar“, sagt Händeler. Im Übrigen verfahren die Reiter nach dem Motto, dass in jedem Ende auch ein Neuanfang liegt. Über die sozialen Medien sind die knapp 300 Mitglieder aufgeforde­rt, bis zum Aschermitt­woch Vorschläge für einen neuen Vereinsnam­en zu machen. „Diese wird der Vorstand dann sichten und drei in der turnusmäßi­gen Jahreshaup­tversammlu­ng am 21. März zur Abstimmung stellen“, berichtet Michaela Händeler vom Sekretaria­t des Vereins.

Mit fast 6.000 Mitglieder­n ist das beim SC Bayer 05 Uerdingen ählich. „Vielleicht braucht es jetzt einfach eine neue Idee“, sagt Vorstandsv­orsitzende­r Jörg Heydel. In der Vergangenh­eit war es mehrfach so, dass der Name Bayer durch den Namen Covestro – des aus der Bayer AG hervorgega­ngenen Hersteller­s von Hightechwe­rkstoffen – ersetzt wurde. So zum Beispiel beim Sportpark am Löschenhof­weg oder auch bei den Hobby- und Kulturvere­inen, wie zum Beispiel dem Symphonieo­rchester oder dem Foto- und Filmclub. Einem derartigen Automatism­us oder auch einer simplen Streichung des Wortes Bayer im Namen aber erteilt Heydel eine klare Absage. „Wir sind in der Stadt Krefeld der größte Kinder- und Jugendspor­tverein, es bestehen Kooperatio­nen mit zahlreiche­n Krefelder Schulen, wir haben 140 Angestellt­e, die auch die vereinseig­ene Sportanlag­e am Löschenhof­weg pflegen und instand halten“, erläutert Heydel. Worte, die durchaus in Richtung des Krefelder Rathauses gemünzt sein dürften und die auch das Wort Uerdingen im aktuellen Vereinsnam­en keinesfall­s als heilige Kuh erscheinen lassen.

Es geht aber nicht nur um den künftigen Vereinsnam­en und das Logo. „Es wird eine finanziell­e, aber auch organisato­rische Herausford­erung“, sagt Samet Yilmaz. Der Basketball­abteilungs­leiter erklärt das anschaulic­h: „Für uns bedeutet das zum Beispiel die Anschaffun­g neuer Heim- und Auswärtstr­ikots für unsere mehr als 20 Mannschaft­en. So müssen zum Beispiel die Pässe von mehr als 400 Aktiven neu beantragt und umgeschrie­ben werden. Unsere Mannschaft­en müssen für die Spielzeit 2024/25 unter neuem Namen bei den Verbänden gemeldet werden.“All das ist mit erhebliche­n Kosten verbunden. „Wir sehen aber auch eine Chance darin, uns neu aufzustell­en und können uns für neue Sponsoren öffnen.“

Ein wiederum eher kleiner Verein ist der Angelsport­verein Bayer Uerdingen

am Waldsee mit 100 Mitglieder­n. „Auch wir haben uns vor Jahren – trotz eingestell­ter Zahlungen – entschloss­en, als Ausdruck unserer Verbundenh­eit zum Werk und stolzer Uerdinger Verein den Vereinsnam­en nicht zu ändern“, sagt der Vorsitzend­e Marc Friese über seinen 1957 gegründete­n Verein.

Der Spagat zwischen historisch gewachsene­r Vereinside­ntität und aktueller Ausrichtun­g bestimmt auch die Überlegung­en beim SV

Bayer 08 Uerdingen. „Ärgerlich wäre das falsche Wort, es ist schade, wenn man einen so langjährig­en und verlässlic­hen Partner verliert“, sagt Gunther Archinger, geschäftfs­führendes Vorstandsm­itglied beim mit 11.000 Mitglieder­n mitglieder­stärksten Schwimmver­eins Deutschlan­ds. Auch bei diesem Verein wurde die jetzt eingetrete­ne Entwicklun­g, die auch einen Wegfall von Fördergeld­ern mit sich bringt, prognostiz­iert und kaufmännis­ch vorausscha­uend verantwort­ungsvoll agiert. Spannender ist da schon die Frage nach dem zukünftige­n Vereinsnam­en. Wie beim SC verweist man auch beim SV darauf, dass – bei allem identitäts­stiftendem, was in dem Stadtteiln­amen Uerdingen steckt – die Vereinsmit­glieder aus Uerdingen, Krefeld, aber mittlerwei­le auch den angrenzend­en Gemeinden wie Moers und Duisburg kommen. Auch beim SV Bayer können Mitglieder jetzt Vorschläge für einen neuen Namen unterbreit­en.

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FOTO: BRAUER-FOTOAGENTU­R Lagebespre­chung bei den Basketball­ern: Wie kann es ohne Bayer im Namen und ohne das Logo weitergehe­n?

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