Rheinische Post Krefeld Kempen
Aline Rotter-Focken trägt Olympiafackel
Große Ehre für die Goldmedaillen-Gewinnerin im Ringen bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio: Die 32-Jährige wurde vom Deutschen Olympischen Sportbund als Fackelträgerin für die Weltspiele 2024 in Paris ausgewählt.
KREFELD/BUKAREST Aline Rotter-Focken hat in diesen Tagen viel zu tun. Die Olympiasiegerin, die bei den 2021 ausgetragenen Olympischen Spielen 2020 in Tokio die Goldmedaille im Ringen gewonnen hat, ist derweil in Bukarest. Dort, in der Mehrzweckhalle Sala Polivalenta, werden zurzeit die Europameisterschaften im Ringen ausgetragen, und die 32-Jährige arbeitet dort als Kommentatorin für den RingerWeltverband United World Wrestling, der die Kämpfe via Livestream im Internet überträgt. Und dort erreichte sie nun auch die offizielle Bestätigung eines Kindheitstraumes: Sie wird die Olympische Fackel der Weltspiele in Paris 2024 tragen — zumindest eine Etappe lang.
„Davon habe ich schon als Kind geträumt, diese Fackel tragen zu dürfen“, erzählt die gebürtige Hülserin. „Alles rund um Olympia trage ich nach wie vor in meinem Herzen. Jetzt noch einmal ein Teil davon sein zu dürfen, das ist eine große Ehre für mich.“Allerdings: Die Ehre wird nur gut 20 Minuten lang andauern. Startpunkt ihres Streckenabschnittes ist in Weil am Rhein, von dort aus geht es über die Grenze nach Frankreich zum Place Abbatucci im Örtchen Huningue. Das sind etwa 600 Meter Wegstrecke, so heißt es seitens der Veranstalter, und begleitet wird sie dabei von drei Fahrzeugen der Organisation sowie gleich zehn aus der Sicherheitsabteilung. An wen sie die Fackel dann übergeben wird und von wem sie sie erhält, das weiß Aline Rotter-Focken noch nicht. „Aber das bekomme ich schon hin“, erzählt sie und lacht.
Erstmals bei den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin eingesetzt, sind die modernen Fackeln der Olympischen Sommer- und Winterspiele so konzipiert, dass sie den Auswirkungen von Wind und Regen widerstehen, während sie die Olympische Flamme tragen. Sie weisen einzigartige Designs auf, die für das Ausrichterland und den Geist der Spiele stehen. Die aktuelle Fackel ist 70 Zentimeter hoch, wiegt anderthalb Kilo, ist aus ArcelorMittal XCarb Stahl und wird mit dem Brennstoff Biopropan betrieben.
Am 16. April 2024 wird die Flamme in Olympia entzündet werden und dann von Athen in Griechenland an
Bord der Ultime Banque Populaire XI nach Marseille gelangen. Dabei geht es über den Atlantik, den Indischen und Pazifischen Ozean, überquert werden die fünf Überseegebiete Guadeloupe, Französisch-Guayana, Martinique, Französisch-Polynesien und Réunion. Von Marseille folgt eine 68-tägige Reise durch Frankreich, auf der 65 französische Territorien durchquert und einen Zwischenstopps bei einigen der historischen und schönsten Orte des Gastgeberlandes einlegen - unter anderem die mittelalterliche Festung von Carcassonne (Okzitanien), das Schloss Versailles und die Schlösser der Loire.
Insgesamt sind es weltweit 11.000 Personen (davon 1000 für die Paralympischen Spiele), die die Fackel tragen werden. Die Fackelträger*innen der Olympischen und Paralympischen Spiele werden die Bedeutung der Vielfalt in der Gesellschaft repräsentieren: Männer und Frauen, Menschen aus verschiedenen Nationen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Personen aus der breiten Öffentlichkeit und Menschen mit Behinderungen werden alle gemeinsam teilnehmen, um eine integrativere Gesellschaft zu fördern, heißt es dazu seitens des IOCs.
„Bei mir kam die Nominierung über den Deutschen Olympischen Sportbund“, erzählt Rotter-Focken. Der DOSB sei von den Organisatoren angefragt worden, und dort fiel die Wahl des nationalen Komittees auf die Krefelderin, die mit ihrem Mann Jan Rotter in Triberg im Schwarzwald
wohnt — also in relativer Nähe. Sie steht damit in einer Reihe von Persönlichkeiten wie Box-Legende Muhammad Ali (Atlanta 1996), Ex-Fußballstar Michel Platini (Albertville 1992), Kronprinz Haakon von Norwegen (1994 in Lillehammer) oder Eishockey-Legende Wayne Gretzky (Vancouver 2010), die ebenfalls Fackelträger waren.
Bis es soweit ist, wird es noch eine Weile dauern. Ihr Fackel-Termin ist im Juni, und auch vorher ist die 32-Jährige gut beschäftigt. Das Geld für ihre Brötchen verdient sie als Leistungssportreferentin im Deutschen Ringerbund, außerdem ist sie Botschafterin für das deutsche Sportabzeichen. Und ihr Mann Jan baut momentan in ihrer neuen Heimat einen Ringerverein auf, ähnlich wie ihr Vater Georg dies auch bei ihrem Heimatverein, dem KSV Germania Krefeld, einst machte. Momentan ist sie bei den Europameisterschaften in Bukarest, aber freut sich schon darauf, bald wieder zurück in den Schwarzwald zu fahren. „Ich war noch nie so lange am Stück von meinem Sohn getrennt und habe deshalb auch den frühest möglichen Flug zurück gebucht“, sagt Aline Rotter-Focken. Der kleine Ilian Georg, der im Mai zwei Jahre alt wird, ist daheim geblieben, und Oma und Opa Focken passen derzeit auf ihn auf.
Und auch nach Krefeld hat sie nach wie vor Kontakte. „Das Generalsekretariat des Ringerbundes ist ja in Dortmund, und wenn ich dort bin, verbinde ich das meistens mit einem Besuch in Krefeld für ein paar Tage“, erzählt sie.